Editorial
Die Fundamente des "Goldenen Zeitalters" (Hobsbawm) des Nachkriegskapitalismus sind unwiederbringlich zerstört, seit die Welt ab 1973 in eine erneute Krise geriet. Diese Krise erfaßte die gesamte Welt – also auch den "real existierenden Sozialismus", wenngleich das ganze Ausmaß der Krise erst nach der Auflösung der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten und dem Wegfall der bipolaren Weltordnung erkennbar wurde. ( Mehr... ) Stefan Janson, Marcus Hawel und Gregor Kritidis, "The Piper at the Gates of Dawn". Situation und Kritik der Partei DIE LINKE [ November 2008 ]
Die Kraft der linken Sozialdemokratie und der Hartz-IV-Bewegung hat zur Bildung einer neuen, im Kern sozialdemokratischen Partei ausgereicht, die im Schwerpunkt die alte etatistische Positionierung der SPD der 1970er Jahre repräsentiert. Aber es ist nicht wie erhofft eine "Neue Linke" entstanden. Programmatisch wird nicht einmal das Niveau des Berliner Programms der SPD von 1990 erreicht, mit dem der Höhepunkt einer rot-grünen Projektierung erreicht war und der anschließend durch die SPD-Rechte in der Defensive der Einheitseuphorie kassiert wurde.
Alex Callinicos, Sozialistische Linke und Umgruppierung heute. [ Februar 2004 ]
Die Hartnäckigkeit des Reformismus in organisierter wie nichtorganisierter Form hat zwei bedeutende politische Konsequenzen. Erstens folgt daraus, dass eine bedeutende strategische Aufgabe der radikalen Linken darin besteht, die proletarische Basis der sozialdemokratischen Parteien zu gewinnen. Zweitens bleibt auch die klassische Unterscheidung zwischen Reform und Revolution – wie sie Luxemburg und Lenin in der Ära der II. und III.Internationale gemacht haben – von entscheidender Bedeutung.
Ursula F. und Bernd P., Das freie Spiel des Rechtes. Der globale Kapitalismus schafft sich ein neues Fundament [ September 2003 ]
Beim Handels- und Wirtschaftsrecht ist die globale Vereinheitlichung wesentlich stärker vorangeschritten als beim Strafrecht. Zudem werden hier nicht nur Beziehungen zwischen Staaten geregelt, sondern auch zwischen privaten Unternehmen. Die wachsende grenzüberschreitende Verrechtlichung wirtschaftlicher Aktivitäten steht dabei keineswegs im Widerspruch zur Liberalisierung des Welthandels. Wie kommt es, daß gerade über internationalisierte juristische Mittel immer mehr nationale Regelungen ausgehebelt werden?
Marcus Hawel, Weltgesellschaft ohne Revolution?. [ November 2002 ]
Neue Analysen brauchen den Durchgang durch Ideologiekritik. Denn das zu analysierende Neue begegnet uns in einer versprachlichten Form, die es nicht so sehr artikuliert als in der Artikulation verhüllt. Zentral geht es heute um die "Globalisierung" des "Freihandels". Diese Ausdrücke artikulieren das Neue um den Preis, daß sie seine Ortlosigkeit oder doch Ortsindifferenz unterstellen.
Marcus Hawel, media independent. Internet als Medium von Gegenöffentlichkeit? [ Februar 2002 ]
Indymedia ist das zentrale Informations- und Diskussionsforum für die Anti-Globalisierungsbewegung. Spätestens mit den Protesten in Prag und Göteborg ist Indymedia in der bürgerlichen Öffentlichkeit mit immer größerer Aufmerksamkeit beachtet worden, und während der Proteste in Genua zum G8-Gipfel vergangenen Jahres befand sich Indymedia in seinem Bekanntheitsgrad auf dem vorläufigen Höhepunkt. Man kann sogar sagen, daß es einen gewissen korrektiven Einfluß auf den liberalen Teil der bürgerlichen Öffentlichkeit durch Indymedia gegeben hat.
Oliver Heins, Freie Software - eine Gegen-Ökonomie?. [ Januar 2002 ]
Freie Software - so die Generalthese des Autors - ist als ein Phänomen von modernen Klassenauseinandersetzungen zu begreifen, die imstande sein könnten, die auf Eigentum zentrierte kapitalistische Ökonomie der Gegenwart sozialistisch zu transformieren. Copyright und Patentrecht stehen dem als Fesseln einer allgemeinen Produktivkraftentwicklung auf qualitativ erweiterter Stufenleiter entgegen, weshalb sich die Klassenkämpfe der Zukunft gegen diese Fesseln richten könnten. Den populärsten Ausdruck freier Software stellt das Betriebssystem Linux dar.
Erik Borg, Steinbruch Gramsci. Hegemonie im internationalen politischen System [ Oktober 2001 ]
Die Kritik der neoliberalen Globalisierung folgt häufig der Vorstellung vom »Sieg des Marktes über den Staat«. Gegen diese Verkürzung wendet sich die Internationale Politische Ökonomie - eine Theorieschule, die an Antonio Gramsci und dessen Hegemoniebegriff anknüpft. Dieser betont den sozialen Konsens als Voraussetzung von Herrschaft. Das gilt auch für die internationale Politik, in der zivilgesellschaftliche Akteure an Bedeutung gewinnen. Die Übertragung der auf den Nationalstaat bezogenen Terminologie Gramscis auf die globale Ebene hat jedoch Probleme, ihre eigenen Ansprüche einzulösen.
Bernd Röttger, New Economy - old theory. Die Regulationstheorie am Ende der Fahnenstange? [ Juli 2001 ]
In vielen Diskussionen über 'Neoliberalismus' und 'Globalisierung' nimmt die Regulationstheorie als Theorie der kapitalistischen Entwicklung eine zentrale Rolle ein. So auch beim führenden deutschen Vertreter der Regulationstheorie, Joachim Hirsch, der das "neue Gesicht des Imperialismus" zu ergründen suchte. Christian Girschner kritisierte daraufhin die Regulationstheorie, weil sie auf eine grundlegende Analyse des Kapitalismus verzichte. Sie könne seine Expansionsdynamik nicht angemessen begründen. Dem gegenüber argumentiert der folgende Beitrag, daß die Regulationstheorie nach einem vielversprechenden Beginn heute nicht mehr in der Lage sei, die sich wandelnden gesellschaftlichen Verhältnisse richtig zu erfassen. Eine mögliche Rettung liege gerade in der Stärkung ihres kapitalismustheoretischen Grundpfeilers.
Christian Girschner, Kapitalismus bis zum Erlöschen der Sonne?. Plädoyer für eine Re-Interpretation der Imperialismustheorie von Rosa Luxemburg [ Juni 2001 ]
Es geht um die Aktualität oder Antiquiertheit der Imperialismustheorie. Allgemein wird sich von jeglicher Imperialismustheorie verabschiedet. Darin sind die Wissenschaftler mit Blindheit geschlagen; ihr Rückgriff auf die (nationalstaatlich orientierte) Regulationstheorie habe den Blick auf die Zusammenhänge des Weltmarktes, den Rosa Luxemburgs Imperialismustheorie aufgedeckt hatte, wieder versperrt. Girschners plädiert für eine Erneuerung der Imperialismustheorie von Rosa Luxemburg.
Joachim Hirsch, Vom Ultra zum Hyper. Das neue Gesicht des Imperialismus [ März 2001 ]
Während die einen heute die "Zivilgesellschaft" preisen, kämpfen andere gegen den "Neoliberalismus". Von Imperialismus und Kapitalismus redet dagegen kaum noch jemand - obwohl sich im Zuge der so genannten "Globalisierung" das Kapitalverhältnis weltweit durchsetzt und internationale Ungleichheiten und Abhängigkeiten rasant zunehmen. Das liegt nicht zuletzt an den Schwächen des Imperialismusbegriffs.
Utz Anhalt, Die Borderlinisierung der Gesellschaft. Zur Entwertung des Menschen [ Januar 2001 ]
Wir leben in einer Zeit, in der schon das Nachdenken über gesellschaftliche Verhältnisse, das Denken selbst als Anachronismus erscheint, als zwecklos, weil nicht kommerziell verwertbar. Die politischen Rahmensetzungen, wie etwa die ökonomische Übertragung der Darwinschen Lehre auf gesellschaftliche Verhältnisse, mit der massiver Sozialabbau gerechtfertigt wird, das Bekenntnis der herrschenden Parteien von Bündnis 90/ Die Grünen bis zur CSU zu einer neoimperialistischen Außenpolitik wie auch die Zerstörung der Institutionen des Sozialstaats bedingen gesellschaftliche Erosionserscheinungen, die bis in die Individuen hineinreichen.
Sven Oliveira Cavalcanti / Marcus Hawel / Oliver Heins, Einladung zum Tanz. Arbeitsprogramm der Sozialistischen Positionen [ Juli 2000 ]
Die gegenwärtige Umwältzung des Produktionsprozesses erfordert die Revision der sozialistischen Theorie. Eine Erweiterung der zentralen Begriffe ist unumgänglich. Die Herausgeber der Sozialistischen Positionen stellen ihr Arbeitsprogramm vor.
Marcus Hawel, Nekropolis. Über das Verschwinden der bürgerlichen Gesellschaft im Spätkapitalismus [ Juli 2000 ]
Das Jahr 1989 leitete das Ende des Realsozialismus ein. Seitdem wird der Marxismus allgemein als ein toter Hund behandelt. Der Schock sitzt tief und lädt zu politischem Konvertitentum ein, selbst bei denen, die zuvor noch im Sowjetimperium keinen Sozialismus hatten entdecken können und Marx vor seinen selbst ernannten Duzfreunden verteidigten. Beides: Konvertitentum und Marx-Sekten sind das Abbild geistiger Blindheit, die 1989 nicht beginnt, sondern lediglich einen ihrer Höhepunkte hat. Das Defizit des theoretischen Nachvollzugs gesellschaftlichen Wandels beginnt viel früher: am Anfang des von vielen Linken sehr hartnäckig bestrittenen Verschwindens der bürgerlichen Gesellschaft.
|