Den Aufsatz kommentieren Sozialistische Linke und Umgruppierung heutevon Alex Callinicos
Der Jahrtausendwechsel wurde als Übergang der Welt in eine Epoche der kapitalistischen Prosperität und des Friedens gefeiert. Tatsächlich waren die darauf folgenden Jahre durch die Entwicklung einer globalen wirtschaftlichen Rezession und die schwerste internationale Krise seit dem Ende des Kalten Krieges geprägt. Das Gegengewicht zu diesen düsteren Ereignissen bildete die seit den Protesten in Seattle im November 1999 aufkommende weltweite Bewegung gegen den globalen Kapitalismus und zunehmend auch gegen den Kriegskurs des US-Imperialismus. In diesem Kontext findet eine bedeutende Wiederbelebung der sog. radikalen Linken in Europa statt – der Parteien links von der Hauptströmung der Sozialdemokratie. Zu den wichtigsten Entwicklungen gehören der Erfolg der trotzkistischen Kandidaten beim ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen im April 2002, der Linksruck der Partei der kommunistischen Neugründung (PRC – Partito della Rifondazione Comunista) in Italien sowie die Tatsache, dass New Labour in Großbritannien von der Socialist Alliance und der Scottish Socialist Party (SSP) bei den Wahlen herausgefordert wird. Dieser Prozess ist keineswegs auf Europa beschränkt. Lateinamerika, das zu den größten Opfern des neoliberalen Washingtoner Konsenses gehört, erlebte die Wiedergeburt der Linken als Resultat einer Reihe spektakulärer Kämpfe – vor allem der Rebellion in Argentinien im Dezember 2001. Die in London ansässige internationale Wirtschaftszeitung Financial Times hat diese Entwicklungen in einer Reihe zunehmend düsterer Artikel mit Sorge registriert. Einer dieser Artikel zitierte eine Bemerkung Michael Shifters vom Inter-American Dialogue, die weitgehend auf den ganzen Kontinent anwendbar ist: »Die Menschen gehen auf die Straße, wie wir dies lange nicht mehr erlebt haben … In Peru tauchen wieder linke Bewegungen aus den 60er und 70er Jahren auf, die längst für tot gehalten wurden.«(1) Am Vorabend des Erdrutschsiegs von Lula, dem Führer der Arbeiterpartei (PT), bei den brasilianischen Präsidentschaftswahlen berichtete die Financial Times, dass diese Entwicklungen für die republikanische Rechte in Washington »gleichbedeutend sind mit der Ausdehnung einer neuen ›Achse des Bösen‹, zu der bereits Fidel Castros Kuba und Hugo Chávez' bolivarianische Revolution in Venezuela gehören«.(2) Tatsächlich war Lulas Sieg ein eher zweischneidiges Ereignis. Er spiegelte die Stärke der Massenbewegungen in Brasilien wider, vor allem des Gewerkschaftsverbands CUT und der Bewegung der Landlosen (MST), die an vorderster Front der globalen Opposition gegen den Neoliberalismus standen, besonders mittels der Weltsozialforen, die in Porto Alegre stattfanden. Doch der Wahl von Lula folgte der Rechtsruck der PT, indem sie zunehmend eine neoliberale Politik vertrat, um die Finanzmärkte zu besänftigen – ein Muster, das wir aus der Geschichte der europäischen Sozialdemokratie nur zu gut kennen. Wenngleich ich mich im Folgenden auf den Umgruppierungsprozess in Europa konzentrieren werde, kann meine Analyse auch für die Entwicklungen auf anderen Kontinenten von Belang sein.
Europas neue LinkeDie radikale Linke in Europa ist eine heterogene Ansammlung. Sie umfasst einige der wichtigsten Formationen der revolutionären Linken – hauptsächlich die Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) in Frankreich und die Socialist Workers Party (SWP) in Großbritannien, die Aushängeschilder von zwei bedeutenderen internationalen trotzkistischen Tendenzen, der IV.Internationale bzw. der International Socialist Tendency (IST).(3) Die PRC hat dagegen ihre Wurzeln in den stalinistischen und linkssozialdemokratischen Traditionen, wenngleich Revolutionäre (darunter die Anhänger der IV.Internationale und der IST) in ihr organisiert sind. Schließlich umfasst die radikale Linke verschiedene Bündnisse – die Socialist Alliance in England und Wales, die Rot-Grüne Allianz in Dänemark, der Linksblock in Portugal – sowie eine Partei, die SSP, die auch Revolutionäre und Reformisten in ihren Reihen vereinen. Diese verschiedenen Formationen sind nun durch die zweimal im Jahr stattfindenden Konferenzen der Europäischen Antikapitalistischen Linken (EAL) formal unter einem Dach vereint. Die Existenz dieses und anderer Netzwerke, die die radikale Linke verbinden, ist Indiz für einen derzeit stattfindenden dramatischen Prozess der Neuformierung. Die Teilnahme bspw. der SWP an einem von der PRC einberufenen Treffen in Rom im September 2002, an dem hauptsächlich die wichtigsten überlebenden europäischen Kommunistischen Parteien teilnahmen, wäre fünf Jahre zuvor unvorstellbar gewesen. Dieser Prozess spiegelt sich auch in den Diskussionen wider, die sich unter verschiedenen revolutionären Tendenzen entwickelten, vor allem der IV.Internationale und der IST, deren Vertreter sich ebenfalls im September 2002 in Paris trafen. Auch ein solches Treffen wäre einige Jahre zuvor unvorstellbar gewesen. Es ist jedoch wichtig zu begreifen, dass die Entwicklung der formell organisierten radikalen Linken in Europa nur die Spitze des Eisbergs ist. Der gegenwärtig ablaufende Prozess der Radikalisierung ist weit umfassender. Seit den späten 90er Jahren ist in Europa eine Reihe antikapitalistischer Netzwerke entstanden – z.B. Attac, die französische Kampagne für die Tobinsteuer, die seit ihrer Gründung 1998 ihre inhaltliche und geografische Reichweite deutlich ausgedehnt hat; die Bewegung der italienischen Sozialforen, die sich nach den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua im Juli 2001 entwickelten; Globalise Resistance in Großbritannien und Irland; die Kampagne Genua 2001 in Griechenland.(4) Diese und zahlreiche weitere Koalitionen von Aktiven sind nun am Europäischen Sozialforum beteiligt, das sich zum ersten Mal im November 2002 in Florenz versammelt hat. Viele beteiligen sich auch am Weltsozialforum. Sie überschneiden sich mit den Massenmobilisierungen, die es im vergangenen Jahr in Europa gegeben hat: gegen Antigewerkschaftsgesetze in Italien und Spanien, gegen den Nazi Le Pen in Frankreich und vor allem gegen die Kriege in Afghanistan und im Irak. Die Stop the War Coalition (SWC) ist zum Brennpunkt der vielleicht größten Friedensbewegung im Nachkriegs-Großbritannien geworden, die überdies eine radikale antiimperialistische Schärfe aufwies, die sie mit der breiteren Infragestellung des globalen Kapitalismus verbindet.
Partei und BewegungDie Entwicklung dieser Bewegungen bestimmt die heutige Aufgabe der radikalen Linken. Können sie eine wirksame Beziehung zu diesen Bewegungen aufbauen – sich zum Teil der Bewegungen machen, an ihrem Aufbau arbeiten und auch einen politischen Kampf führen, um sie zu beeinflussen? Dies ist der entscheidende Test, den wir heute bestehen müssen. Die Interventionen bei Wahlen, die von den verschiedenen Formationen gemacht werden, auf nationaler Ebene wie auch potenziell im europäischen Maßstab, sollten nach diesem Kriterium beurteilt werden und nicht als Ziel an sich. Zum Beispiel war die von Olivier Besancenot und der LCR so überaus effektvoll durchgeführte Präsidentschaftskampagne erfolgreich, weil Olivier das antikapitalistische Bewusstsein, besonders breiter Teile der französischen Jugend, zum Ausdruck brachte und weil sie der LCR einen Platz als entscheidenden Faktor beim Aufbau eines politischen Trägers für dieses Bewusstsein zuwies. Wahlkampagnen sind nicht die privilegierte Form politischer Intervention (wie es manchmal den Anschein hat), sondern einfach ein Mittel, durch das die radikale Linke der Radikalisierung eine Form verleihen kann. Definitionsgemäß stellt sich die radikale Linke die Aufgabe, politische Parteien aufzubauen – eine kontroverse Position, die von vielen zurückgewiesen wird, die von den reformistischen und autonomistischen Strömungen innerhalb der antikapitalistischen Bewegung beeinflusst sind. Unserer Auffassung nach zwingt uns ein angemessenes Verständnis der leninistischen Tradition, die oft präsentierte Entscheidung zwischen Partei und Bewegung als falsches Dilemma zurückzuweisen. Revolutionäre sollten bestrebt sein, sowohl Partei wie Bewegung aufzubauen. Weit davon entfernt, die Bewegung zu schwächen, kann eine effektive sozialistische Partei die Bewegung stärker, dynamischer und kohärenter machen. Die SWP bspw. ist eine führende Kraft der SWC gewesen. Dies hat jedoch die Anziehungskraft der Koalition nicht eingeschränkt. Im Gegenteil haben wir Versuchen widerstanden, die Koalition dadurch zu verengen, dass sie bspw. auf eine formale Kritik des Imperialismus oder eine Verurteilung des radikalen Islam verpflichtet wird. Indem wir erfolgreich argumentierten, dass die Koalition sich ausschließlich auf die Opposition gegen Bushs Kriegskurs und die daraus folgenden rassistischen Attacken und die Bedrohungen der Bürgerrechte konzentrieren sollte, halfen wir auf diese Weise, sie als so wenig ausgrenzend wie möglich zu bewahren, und legten so die Basis für die Massenbewegung, die sie geworden ist. Diese Einschätzung des Verhältnisses zwischen Partei und Bewegung ergibt sich aus der umfassenderen revolutionär-marxistischen Tradition. Diese Tradition ist jedoch kein Satz zeitloser Texte, sondern vielmehr ein historischer Prozess, durch den aufeinanderfolgende Generationen von Revolutionären den Marxismus entwickelten, indem sie sich an den konkreten Kämpfen ihrer Zeit beteiligten. Um zu bestimmen, welche Art von Parteien wir aufbauen sollten und mit wem, reicht es nicht aus, Lenin und Trotzki zu lesen (so wichtig dies auch ist). Wir müssen sorgfältig die historische Situation untersuchen, die die gegenwärtige neue Gelegenheit für die radikale Linke hervorgebracht hat. »Die Partei aufbauen«, das ist heute nach Seattle und Genua und nach dem 11.September nicht mehr dasselbe wie in den 70er und 80er Jahren, ganz zu schweigen von der Ära der II.Internationale oder nach der russischen Revolution oder während der Hoch-Zeit des Stalinismus. Die Art der Parteien, die wir jetzt aufbauen sollten, hängt entscheidend von den historischen Umständen ab, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind. Die aktuell stattfindende Wiederbelebung und Neuformierung der Linken hat zwei Hauptursachen und stößt auf eine wesentliche Herausforderung.(5) Die Ursachen sind der Zusammenbruch des Stalinismus und die Entwicklung der antikapitalistischen Bewegung; die Herausforderung ist die neue Ära imperialistischer Kriege. Der Sturz der stalinistischen Regime in Ost- und Mitteleuropa und der Zerfall der Sowjetunion hatten anfänglich eine negative Auswirkung auf die Linke im internationalen Maßstab, da viele noch – und sei es vielleicht nur unbewusst – Hoffnung auf die Existenz dessen hegten, was eine Systemalternative zum westlichen Marktkapitalismus zu sein schien. Längerfristig jedoch hat das Ende des (nicht mehr) »real existierenden Sozialismus« dazu gedient, ideologisch reinen Tisch zu machen, und die Aktivisten und Intellektuellen ermutigt, sich dem Kapitalismus entgegenzustellen, ohne das Gefühl zu haben, ihre Politik bezüglich der stalinistischen Monstrosität positionieren zu müssen. Dieses Gefühl, dass man in eine neue Ära eingetreten ist, wurde durch die Entwicklung einer internationalen Bewegung gegen den globalen Kapitalismus deutlich verstärkt – ein Prozess, der durch die großen Proteste in Seattle, Genua und Barcelona sowie durch die Versammlungen des Weltsozialforums in Porto Alegre geprägt war. Nachdem man vor einem Jahrzehnt das »Ende der Geschichte« proklamiert hatte, wird der Kapitalismus nun wieder praktisch herausgefordert und ideologisch in Frage gestellt. Die offenkundigen Schwächen der antikapitalistischen Bewegung – vor allem ihre ideologische Inkohärenz und ihr unklares Verhältnis zur organisierten Arbeiterklasse – ändern nichts an ihrer ungeheueren Bedeutung für die Erneuerung der Linken im internationalen Maßstab.(6) Die Herausforderung, vor der die Bewegung steht, ist offensichtlich. Die Ära nach dem Kalten Krieg hat sich als neue Epoche imperialistischer Kriege erwiesen, in der die USA nicht in erster Linie mit ihren wichtigsten ökonomischen und geopolitischen Rivalen wie Deutschland, Japan, Russland und China konfrontiert sind, sondern mit zweitrangigen kapitalistischen Diktaturen, wobei sie bestrebt sind, ihre globale Hegemonie zu bewahren und auszudehnen. Der Kriegskurs der Bush-Administration, der sich gegenwärtig auf den Irak konzentriert, hat diesen Prozess in eine neue und gefährliche Phase geführt.(7) Die antikapitalistische Bewegung kann sich entsprechend nur entwickeln, wenn sie ihren Schwerpunkt erweitert und eine Antikriegs- und eine antiimperialistische Bewegung wird. Wo sie diese Aufgabe übernommen hat wie in Italien und Großbritannien, war das Resultat eine Vertiefung und Ausweitung der Bewegung (tatsächlich haben in Großbritannien die Antikriegsmobilisierungen eine bis dato eher diffuse antikapitalistische Stimmung in eine wirkliche Bewegung verwandelt). Wo antikapitalistische Netzwerke den Widerstand gegen Bushs Kriegskurs nicht zu ihrer zentralen Aktivität gemacht haben wie in Frankreich, kam die Bewegung zum Stillstand. Ich werde unten auf einige Konsequenzen dieses Unterschieds zurückkommen.
Ist der Reformismus am Ende?Diese Analyse der Quellen der Wiederbelebung der Linken wurde jüngst von Murray Smith in Frage gestellt, einem führenden Intellektuellen des International Socialist Movement (ISM), der dominierenden Plattform innerhalb der SSP. Smith schreibt: »Der Ausgangspunkt für jede Betrachtung in der revolutionären Linken über Umgruppierung ist der umfassendere Prozess der Neuzusammensetzung der Arbeiterbewegung. Den Ausgangspunkt bilden die qualitativen Veränderungen in den traditionellen Arbeiterparteien, wodurch sich Möglichkeiten für neue Arbeiterparteien auf der Grundlage sozialistischer, klassenkämpferischer Politik eröffnen. Dabei sind diese Veränderungen selbst ein Produkt der Entwicklung des Kapitalismus seit den 70er Jahren. Die Bedingungen für Umgruppierungen und neue Parteien keimen seit 10 oder 15 Jahren. Die Frage ist nur, wann es die verschiedenen politischen Kräfte begriffen haben. Scottish Militant Labour fing an, dies Mitte der 90er Jahre zu begreifen, weshalb sie 1996 die Initiative zur Bildung der Scottish Socialist Alliance und 1998 zur SSP ergriffen. Die SWP hat dies damals überhaupt nicht begriffen und begreift es auch jetzt nicht vollständig.«(8) Was genau hat die SWP nicht vollständig begriffen? Die Antwort gibt Smith mit einem beiläufigem Verweis auf die »Verbürgerlichung der Sozialdemokratie«, die er versäumt, näher auszuführen. Dies wäre tatsächlich eine große Veränderung, wenn die sozialdemokratischen Parteien ihre Verbindungen mit der Arbeiterbewegung gekappt hätten und zu offen bürgerlichen Formationen geworden wären. Das Problem besteht hier weniger in einem Mangel an »Verständnis« auf Seiten der SWP als in einer bedeutenden politischen Meinungsverschiedenheit. Doch selbst wenn es wahr wäre, dass Organisationen wie die britische Labour Party, ihr australisches Pendant, die deutsche SPD und die französische PS »verbürgerlicht« sind, so würde diese Entwicklung nicht ausreichen, die internationale Wiederbelebung der Linken im oben beschriebenen Sinn zu erklären. Um damit anzufangen, den Raum zu füllen, den die Sozialdemokratie hinterlassen hat, ist mehr erforderlich als das Hissen eines neuen politischen Banners – oder gar die Aufstellung parlamentarischer Kandidaten. Es hängt auch von der Entwicklung neuer Kämpfe und Bewegungen ab, die beginnen, wachsenden Schichten der Arbeitenden und der Jugend ein konkretes Verständnis ihrer Fähigkeit zum Widerstand und zum Kampf für eine Alternative zu verleihen. So waren der Ausgangspunkt für die Entwicklung der »Linken links von der Linken« in Frankreich die Streiks im öffentlichen Sektor im November/Dezember 1995.(9) Seattle, Genua und Argentinien haben diese Rolle auf breiterer internationaler Front gespielt. In einer bedeutenden Hinsicht jedoch hat Smith Recht. Es ist zweifellos wahr, dass der Niedergang der traditionellen Arbeiterparteien einen Raum links von ihnen geschaffen hat, den die radikale Linke zu füllen beginnt. Aber dies ist ein Prozess, der sich in einer weit längeren Zeitspanne entfaltet hat als die 10 oder 15 Jahre, auf die Smith sich bezieht. Er ist ein Produkt zweier Ereignisse – 1956 und 1968 – und eines langfristigeren Prozesses, des Niedergangs des klassischen Reformismus. 1956 – die von Chruschtschows Geheimrede, in der Stalin verurteilt wurde, und durch die sowjetische Unterdrückung der ungarischen Revolution heraufbeschworene internationale Krise – repräsentierte den ersten Riss in der bis dahin gemeinsam von den sozialdemokratischen und Kommunistischen Parteien ausgeübten Vorherrschaft über die Arbeiterbewegung. Der Historiker Eric Hobsbawm, der bis zu ihrem Zusammenbruch Anfang der 90er Jahre ein loyales Mitglied der Kommunistischen Partei Großbritanniens blieb, nannte 1956 jüngst ein »traumatisches Jahr« und ein »großes Erdbeben« in der Geschichte der »kommunistischen Bewegung«.(10) Dadurch dass die KPs sowohl ihre Legitimität als auch ihre Aktivisten verloren, konnten die ersten Formationen und Publikationen der Neuen Linken entstehen, die versuchten eine Alternative zum Stalinismus wie zur Sozialdemokratie zu entwickeln.(11) 1968 – und allgemeiner der Aufschwung des Klassenkampfs und der politischen Radikalisierung in den fortgeschritteneren kapitalistischen Ländern Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre – schuf ein weit größeres Publikum unter den Arbeitenden und der Jugend für die Organisationen der radikalen Linken, die mit unterschiedlichem Erfolg und unter diversem ideologischen Einfluss bestrebt waren, ihre jeweilige Version einer leninistischen revolutionären Partei aufzubauen. Der Niedergang dieser Bewegungen in den späten 70er Jahren zählt zu den Ursprüngen der Krise der Linken – einer Krise, die durch die von Reagan und Thatcher in den 80er Jahren eingeleitete und unter dem Banner des Neoliberalismus in den 90er Jahren verallgemeinerte kapitalistische Offensive deutlich verschärft wurde. Aus dieser Krise fangen wir nun an wieder herauszukommen. Einige Organisationen, die aus den Kämpfen der 60er und 70er Jahre hervorgegangen waren, in Europa insbesondere die LCR und die SWP, blieben bedeutende Kräfte in der radikalen Linken. Die intellektuellen Traditionen und historischen Erfahrungen, die sie verkörpern, können einen bedeutenden Beitrag zur weiteren Entwicklung dieser Linken leisten.(12) Durch das Auf und Ab des Klassenkampfs während der letzten Generation hindurch zieht sich der Niedergang des klassischen Reformismus, wenngleich dies kein kontinuierlicher Trend war, sondern eher ein komplexer Prozess, der eine Vielfalt miteinander agierender Kräfte beinhaltet. Zwei sind dabei besonders hervorzuheben. Erstens erlebten die reformistischen Massenparteien, Sozialdemokraten wie KPs (einer der Züge der Periode nach 1956 war die mehr oder weniger komplette Verwandlung der stalinistischen Parteien in gewöhnliche reformistische Formationen), einen bedeutenden Rückgang ihrer proletarischen Basis. Die dichten, allumfassenden Arbeiterparteien der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts – die SPD wurde sowohl vor dem Ersten Weltkrieg als auch in der Weimarer Republik der 20er Jahre weitgehend als »Staat im Staate« betrachtet – können sich nicht mehr auf die kontinuierliche Beteiligung und politische Ergebenheit breiterer Schichten proletarischer Aktivisten stützen.(13) Dies ist ein ungleicher Prozess – deutlicher in Großbritannien und Frankreich (wo die PS nie auf die organische Beteiligung einer bedeutenden Anzahl von Handarbeitern zählen konnte) als in Deutschland und generell langsamer in den KPs –, aber es handelt sich unleugbar um ein verallgemeinertes Phänomen. Die Erosion der reformistischen Parteien an der Basis hat verschiedene Ursachen, die umfassendere soziale Prozesse widerspiegeln. Einerseits hat die Bürokratisierung der Parlaments- und Kommunalpolitik diese Parteien zunehmend vom Alltagsleben der Arbeiterklasse entfernt; gleichzeitig stützt sich die moderne Wahlmaschinerie weit weniger auf die Routinetätigkeit und gelegentliche Mobilisierung lokaler Aktivisten als in der Vergangenheit, während ungeheuer kostspielige Medienkampagnen mittlerweile den Schwerpunkt des Wahlkampfs bilden. Andererseits haben die Entwicklung von Basisaktivitäten in den Gewerkschaften und Gemeinden und andere Formen von Selbsttätigkeit die Mittel geschaffen, um Forderungen aufzustellen und sie durchzusetzen, ohne dass man dabei in erster Linie davon abhängig ist, parlamentarische Repräsentanten zu wählen oder Druck auf sie auszuüben. Diese Art des »Do-it-yourself«-Reformismus hat mitgeholfen, die Verbindung der Arbeitenden zu »ihren« Parteien zu lösen. Diese Loslösung wurde durch den zweiten wesentlichen Faktor beim Niedergang des Reformismus verstärkt, nämlich durch den kleiner gewordenen Spielraum für Reformen. Die vergangenen dreißig Jahre kapitalistischer Krise und neoliberaler Umstrukturierung haben Welle auf Welle von Angriffen auf die während des langen Booms der 50er und 60er Jahre oder noch früher errungenen Reformen ausgelöst. Gefangen zwischen dem Druck von oben und dem von unten, von den Bossen und von ihrer proletarischen Basis, haben die sozialdemokratischen Parteien im Amt sich dem Kapital unterworfen und ihre zunehmend moderaten Reformprogramme im Namen von Haushaltseinsparungen und Wettbewerb aufgegeben. Dies war das Schicksal der britischen Labour-Regierungen in den 60er und 70er Jahren und der langen und zunehmend zynischen und korrupten Präsidentschaft Mitterrands in Frankreich zwischen 1981 und 1994. Die jüngeren Kohorten sozialdemokratischer Regierungen in Europa, die in den späten 90er Jahren durch eine Welle der Rebellion gegen die Erfahrung des Thatcherismus in Großbritannien und seine Verallgemeinerung mittels der Europäischen Währungsunion auf dem Kontinent ins Amt gekommen sind, repräsentieren ein weiteres Stadium dieses Prozesses, bei dem der Begriff »Reform« vollständig seiner Bedeutung beraubt wurde und nun gewöhnlich für noch mehr neoliberale Maßnahmen verwendet wird. Welcher Schaden dies für die Sozialdemokraten selbst bedeutet, zeigte sich bei den französischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von April 2002, als die traditionellen Stimmen für die PS und die mit ihr verbündete KP zu einem großen Teil nach links zu den trotzkistischen Kandidaten und nach rechts zum Faschisten Le Pen flossen, was dem von Skandalen diskreditierten Gaullisten Chirac ermöglichte, mit dem Bonus einer breiten parlamentarischen Mehrheit sein Amt zu behalten. Die Sozialdemokratie ist unleugbar im Niedergang begriffen. Dies ist jedoch nicht dasselbe wie ihre »Verbürgerlichung«. Lenin charakterisierte die Labour Party und ihresgleichen als bürgerliche Arbeiterparteien. Sie sind, in anderen Worten, Parteien, die den Widerstand der Arbeitenden gegen den Kapitalismus zum Ausdruck bringen und versuchen, diesen Widerstand im Rahmen des Systems zu halten. Diese widersprüchliche Funktion hängt ab von der Rolle der Gewerkschaftsbürokratie, die als Bindeglied zwischen der parlamentarischen Führung der sozialdemokratischen Partei und der organisierten Arbeiterklasse fungiert. Die Bürokratie selbst belegt eine zweideutige Position, indem sie als eine besondere soziale Schicht operiert, deren Interessen von ihrer Fähigkeit abhängen, Kompromisse zwischen Kapital und Arbeit zu erkämpfen und somit zu verhindern, dass sich die Kämpfe der Arbeitenden zu einem Kampf gegen das System entwickeln. Vereinfacht gesagt, ist die Sozialdemokratie der politische Ausdruck der Gewerkschaftsbürokratie. Dieses Verhältnis liefert einen Puffer, der die parlamentarische Führung vor dem Druck der Basis abschirmt, und setzt ihrer Manövrierfreiheit in der bürgerlichen politischen Arena gleichzeitig Grenzen.(14) Vor dem Hintergrund der marxistischen Analyse des Reformismus und der Gewerkschaftsbürokratie bedeutet die Behauptung, dass die Sozialdemokratie verbürgerlicht ist, dass sie sich von der Verankerung in der organisierten Arbeiterklasse, die ihr die Verbindung mit der Gewerkschaftsbürokratie eingebracht hat, gelöst hat. Dies ist zweifellos das eifrig angestrebte Resultat des rechten Flügels der aktuellen sozialdemokratischen Führungen, der vor allem von Tony Blair und anderen Ideologen des Dritten Weges, deren Modell Bill Clintons »New Democrat« lieferte, repräsentiert wird. Doch selbst Blair ist es nicht gelungen, dieses Ziel zu erreichen. Die Wahlkampagnen von Labour 1997 und 2001 hingen entscheidend von den Finanzen und dem Personal der Gewerkschaften ab. Gegenwärtig versucht eine Parteiführung in Geldnot die angeschlossenen Gewerkschaften dazu zu bewegen, ihre finanzielle Unterstützung für Labour zu verstärken. Auch ist dies kein Prozess in nur einer Richtung. Blairs verzweifelte Bemühungen, George Bush zu überzeugen, dass dieser die UNO als Feigenblatt für den Krieg gegen den Irak benutzt, widerspiegelt das Ausmaß der Opposition gegen den Krieg in der Arbeiterbewegung, was vor allem auf der Labour-Konferenz im Oktober 2002 zum Ausdruck kam, als ein antiimperialistischer Abänderungsantrag 40% der Stimmen, hauptsächlich von angeschlossenen Gewerkschaften, erhielt. Im übrigen Europa hat die Arbeiterbewegung nach 1945 nie solche schweren Niederlagen erlitten wie in Großbritannien unter Thatcher. Angesichts im Allgemeinen nicht so eingeschüchterter Gewerkschaften haben die Sozialdemokraten auf dem Kontinent bei all ihren Fehlschlägen im Amt manövriert, um ihre Basis zu halten. Lionel Jospin in Frankreich kultivierte sorgfältig eine sozialistische Rhetorik, die mit seiner neoliberalen Politik dramatisch im Widerspruch stand. Es ist denkbar, dass seine Entscheidung, diese Heuchelei aufzugeben und sich offener auf das Terrain bürgerlicher Politik zu begeben, ihm die Demütigung beim ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen im April 2002 eingebracht hat. Noch eindeutiger ist das Beispiel des ultraopportunistischen Gerhard Schröder, der mit der robustesten Arbeiterbewegung und mit der am nachhaltigsten proletarischen reformistischen Partei in Europa konfrontiert ist. Schröder hat zusammen mit Blair ein klassisches Dokument des Dritten Weges unterzeichnet, aber bankrotte Firmen gerettet; er hat deutsche Firmen gegenüber Finanzspekulationen angelsäschsischen Stils geöffnet, aber der von den Unternehmern geforderten »Flexibilität« auf dem Arbeitsmarkt nur zögerlich entsprochen; er hat sich 1999 bereitwillig an der Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO beteiligt, aber 2002 auf der Grundlage der Gegnerschaft zum Krieg im Irak seine Wiederwahl knapp erreicht. Die Verbindungen zwischen der Sozialdemokratie und der organisierten Arbeiterklasse haben sich während der vergangenen Generation eindeutig gelockert, aber sie sind nicht zerbrochen. Die Lockerung ist bedeutsam: Einerseits vergrößert sie den Spielraum für Führungsmannschaften, die eng mit den Medien und dem Großkapital verbunden sind; andererseits erweitert sie den Raum für die Entwicklung von Alternativen links von der Sozialdemokratie. Aber die verbleibenden Verbindungen sind auch bedeutsam: jedes alternative Projekt, das auf dem Glauben basiert, dass der Reformismus am Ende ist, wird in ein gefährliches Fahrwasser geraten. Ein Grund, warum dieser Glaube gefährlich ist, liegt in der Tatsache, dass der Reformismus mehr umfasst als die organisierten sozialdemokratischen Parteien. Der Reformismus – im Sinne einer organisierten politischen Bewegung, die eine graduelle Verbesserung des Kapitalismus anstrebt und nicht die revolutionäre Veränderung der Gesellschaft – hat seinen Ursprung in den materiellen Bedingungen, unter denen die Arbeiterklasse im Kapitalismus lebt, und besonders in der Weise, in der diese Bedingungen (insbesondere die von der kapitalistischen Ökonomie hervorgerufene Fragmentierung und Passivität) die Arbeitenden dazu bringen, selbst wenn sie sich in einem Kampf befinden, an ihrer Fähigkeit zu zweifeln, die Kontrolle über die Gesellschaft zu übernehmen. Dieser Mangel an Selbstvertrauen kann nur durch lang andauernde Klassenkämpfe und das aktive Eingreiffen organisierter Revolutionäre durchbrochen werden. Die Niederlage des Reformismus vollzieht sich nicht automatisch. Darüber hinaus kann reformistisches Bewusstsein auch dort vorhanden sein, wo es keine sozialdemokratische Partei gibt. Dies gilt seit langem für die USA, wo eine Art »Bastard-Sozialdemokratie« innerhalb der Gewerkschaften geholfen hat, viele Arbeiter an eine unbestreitbar vollkommen bürgerliche Partei, die Demokratische Partei, zu binden. Versionen des Reformismus können sich auch innerhalb militanter Massenbewegungen entwickeln. Dies ist eindeutig innerhalb der antikapitalistischen Bewegung in Europa der Fall, wo Attac in Frankreich als zunehmend deutlich konturierter rechter Flügel entstanden ist, der die durch den Neoliberalismus hervorgerufenen Übel durch die Stärkung des Nationalstaats und die Reform der Europäischen Union loszuwerden bestrebt ist und sich dabei den Bemühungen, die Bewegung gegen Bushs Kriegskurs zu mobilisieren, widersetzt. Dies sollte niemanden überraschen, der seinen Lenin nicht vergessen hat: Wenn schon die Arbeiterklasse nicht spontan zu revolutionärem Bewusstsein strebt, warum sollten dies losere und amorphere soziale Bewegungen tun?
Modelle der UmgruppierungDie Hartnäckigkeit des Reformismus in organisierter wie nichtorganisierter Form hat zwei bedeutende politische Konsequenzen. Erstens folgt daraus, dass eine bedeutende strategische Aufgabe der radikalen Linken darin besteht, die proletarische Basis der sozialdemokratischen Parteien zu gewinnen. Das von der Kommunistischen Internationale in ihren frühen Jahren geschmiedete entscheidende Werkzeug – die Einheitsfronttaktik – behält ihre historische Bedeutung, wenngleich Einheitsfronten heute oft neue Formen annehmen. Die Erfahrung der gemeinsamen Praxis im Kampf für Forderungen und durch organisatorische Formen, an denen sich verschiedene politische Kräfte beteiligen können, ist wesentlich, wenn diejenigen, die gegenwärtig von der Sozialdemokratie beeinflusst sind, für ein revolutionäres Programm gewonnen werden sollen.(15) Zweitens bleibt auch die klassische Unterscheidung zwischen Reform und Revolution – wie sie Luxemburg und Lenin in der Ära der II. und III.Internationale gemacht haben – von entscheidender Bedeutung. Wenn historische Prozesse nicht automatisch die Sozialdemokratie überwinden, wird eine politische Intervention und Auseinandersetzung erforderlich sein, um den Einfluss des Reformismus sowohl in der organisierten Arbeiterklasse als auch in der antikapitalistischen und Antikriegsbewegung zu schwächen. Eine Partei, die bestrebt ist, den Arbeitenden einen Ausweg aus der Sackgasse der Sozialdemokratie zu weisen, kann dies nur tun, wenn ihr Programm und ihre Praxis auf einer revolutionären Kritik des Reformismus basiert. Diese Überlegungen bieten einen Rahmen, in dem man die Frage der Umgruppierung angehen kann. Derzeit gibt es international drei Konzeptionen auf der Linken. Das erste Konzept wird von Rifondazione Comunista in Italien verfochten und spiegelt die politisch unklare Entwicklung der PRC wider. Die Führung der PRC scheint zu versuchen, die wichtigsten überlebenden Kommunistischen Parteien in Europa, die führenden Organisationen der revolutionären Linken sowie die parteilosen Elemente innerhalb der antikapitalistischen Bewegung zusammen zu bringen. Es gibt zwei Schwierigkeiten bei diesem Herangehen. Zu allererst ist die PRC eine Ausnahme unter den europäischen KPs, da sie sich in den letzten Jahren deutlich nach links bewegt hat. Die Sackgasse der Französischen Kommunistischen Partei (PCF) ist dramatischer Ausdruck einer anderen Entwicklung. Sie beteiligte sich an Jospins Koalition der »pluralen Linken«; ihre Minister dienten in einer Regierung, die daheim eine neoliberale Politik durchsetzte und international dabei half, 1999 in Jugoslawien und 2001 in Afghanistan Krieg zu führen. Durch die bei den Wahlen 2002 erlittene drastische Bestrafung (die sie härter traf als die anderen Bestandteile der »pluralen Linken«) in die Opposition gezwungen, versucht die PCF nun ihre linke Glaubwürdigkeit durch ihre Opposition gegen den Irakkrieg wiederzuerlangen. Trotzdem deutet diese unappetitliche Geschichte darauf hin, dass, wenngleich wir unsere Netze weit auswerfen, wenn wir die »radikale Linke« definieren, die Überlebenden des historischen Stalinismus im Ganzen keine nützlichen Partner sind. Die PRC ist deshalb ein besonderer Fall unter den europäischen KPs. Ihr entschiedener Linksruck seit der Zeit, als sie 1998 die erste Mitte-Links-Koalition des Olivenbaums zu Fall brachte, war eine äußerst begrüßenswerte Entwicklung. Trotzdem gibt es problematische Elemente bei ihrem Herangehen an den Parteiaufbau. In theoretischer Hinsicht ist die PRC extrem eklektisch, was den dramatischen Niedergang der marxistischen Kultur in Italien seit dem Zusammenbruch der revolutionären Linken Ende der 70er Jahre widerspiegelt. Insbesondere hat sie große Brocken jenes autonomistischen Marxismus unkritisch geschluckt, wie ihn für die gegenwärtige Ära Michael Hardt und Toni Negri mit ihrem berühmten Buch Empire ausdrücken. Es liegt etwas Paradoxes in einer Arbeitermassenpartei, die eine linke Theorie an Bord holt, die sowohl gegenüber der organisierten Arbeiterbewegung wie gegenüber dem Parteiaufbau feindselig eingestellt ist.(16) Darüber hinaus hat die PRC aus ihrer Vergangenheit ein Parteikonzept bewahrt, das die Partei mit der Bewegung gleichsetzt – ein Konzept, das sowohl dem Stalinismus als auch der Sozialdemokratie eigen ist und das im radikalen Gegensatz zu Lenins Herangehen steht, bei dem deutlich zwischen Partei und Klasse unterschieden wird und die Partei als der selbstbewusste Teil der Arbeiterklasse konzipiert ist, der sich organisiert, um die Mehrheit zu gewinnen.(17) Folglich neigt die PRC dazu, der politischen Heterogenität der antikapitalistischen Bewegung nicht entgegenzutreten, und erkennt daher nicht die Bedeutung des Aufbaus von Einheitsfronten unter den verschiedenen Strömungen sowie des ideologischen Kampfes für ein revolutionär-marxistisches Herangehen innerhalb der Bewegung. Das zweite Umgruppierungskonzept wird vom ISM und seinen internationalen Verbündeten verfochten. Dabei wird die SSP als Modell für den heutigen Parteiaufbau präsentiert. In der insbesondere von Murray Smith verteidigten Version ist die SSP eine breite oder »strategisch nicht begrenzte« Partei in dem Sinne, dass die Frage von Reform und Revolution offen gelassen wird. Die Rechtfertigung für dieses Herangehen ist das angebliche Verschwinden des Reformismus – die oben kritisierte Idee der »Verbürgerlichung der Sozialdemokratie«.(18) Smith macht viel Aufhebens von der Vorstellung, dass die SWP, indem sie dieses Modell kritisiert, die SSP des Zentrismus beschuldigt, eine wesentliche Invektive im Wörterbuch der revolutionären Polemik: »Wir sollten eine Partei konkret definieren, durch die Rolle, die sie in Bezug auf die grundlegenden Klassen der Gesellschaft und in Bezug auf den Staat spielt. Eine zentristische Partei ist eine Partei, die zwischen Reformismus und revolutionärer Politik hin und her schwankt. Tut dies die SSP? Die Realität sieht so aus, dass die SSP Propaganda und Agitation in der Arbeiterklasse durchführt und dabei alle Fragen aufgreift, mit denen die Arbeiterklasse auf nationaler und internationaler Ebene konfrontiert ist, und eine sozialistische Alternative präsentiert. Zweifellos weist die Partei Schwächen auf, aber es gibt keine Anzeichen von Schwankungen oder der Unterordnung unter andere politische Kräfte.«(19) Tatsächlich betrachtet die SWP die SSP nicht als zentristische Partei. Ihre Anhänger organisieren sich loyal in der SSP als Mitglieder der Socialist Worker Platform. Die SSP hat zweifellos nicht geschwankt, wenn sie mit einem bedeutenderen Test konfrontiert war, wie es vor allem Bushs Kriegskurs war. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass sie eine Partei ist, die von ernsthaften Revolutionären geführt wird. Doch der SSP-Führung die Ehre zu erweisen, die ihr gebührt, ist nicht dasselbe wie zu akzeptieren, dass sie nun den Stein der Weisen für den Parteiaufbau gefunden hätte. Bereits die kurze Geschichte der SSP hat ein Schlaglicht auf einige Schwierigkeiten geworfen, die mit dem Modell der »strategischen Nichtbegrenzung« verbunden sind. Zwei ragen besonders hervor. Erstens führt der Glaube, dass der Reformismus tot sei, zum Gegenteil von Opportunismus, zu einer sektiererischen Haltung gegenüber der Labour Party. Angesichts der Prämissen des ISM ist dies vollkommen logisch: Wenn Labour nur irgendeine bürgerliche Partei ist, warum sollte man sie anders behandeln als die übrigen bürgerlichen Parteien, die Tories, die schottischen Nationalisten und die Liberaldemokraten? Aber Labour ist anders, da sie dank ihrer Linken und dank der Gewerkschaftsführer noch immer über die Loyalität der Masse der organisierten Arbeiter verfügt. Das Versäumnis, dies zu begreifen, führt zu verpassten Gelegenheiten beim Aufbau von Einheitsfronten, die fähig sind, in die Kernanhängerschaft von Labour einzudringen. Die SSP hat eine Reihe besonders dummer Angriffe gegen George Galloway lanciert, einen schottischen Labour-MP, der einer der standhaftesten Führer des antiimperialistischen Flügels der Antikriegsbewegung in Großbritannien war. Das Problem mit einem triumphalistischen Konzept der SSP besteht darin, dass es eine unnötige Isolierung innerhalb der organisierten Arbeiterklasse in Schottland hervorrufen kann. Zweitens kann eine Unterschätzung des Reformismus paradoxerweise zu dem Versuch führen, den gesamten Raum zu füllen, den er angeblich hinterlassen hat. Die SSP-Führung scheint zu glauben, dass der Tod der Sozialdemokratie bedeutet, dass die Agitation für elementare ökonomische Forderungen automatisch eine radikalisierende Dynamik aufweist. Dies kann zu einem engstirnigen Ökonomismus führen, der bspw. in der Tendenz einiger Mitglieder der Führung zum Ausdruck kommt, die Wahlagitation für von der Partei zur Priorität erhobene ökonomische Forderungen (z.B. freie Schulspeisung) dem Aufbau der Antikriegsbewegung entgegenzusetzen. Selbstverständlich sind ökonomische Forderungen von Bedeutung, aber im gegenwärtigen Klima in Europa wäre es ein schrecklicher Fehler zu versuchen, sie künstlich von der umfassenderen politischen Agitation zu trennen. In Großbritannien bspw. ist eine echte »klassenkämpferische Linke« in der Gewerkschaftsbürokratie entstanden, die bereit ist, sowohl dem Krieg im Irak auf prinzipieller Basis entgegenzutreten als auch Blairs neoliberale Wirtschaftspolitik in Frage zu stellen (wenngleich einige von ihnen, z.B. Andy Gilchrist von der Gewerkschaft der Feuerwehrleute, weiterhin entschieden an Labour festhalten). Es wäre traurig, würden Revolutionäre hinter linken Reformisten zurückbleiben und Ökonomie und Politik trennen. All dies bedeutet keineswegs, dass es unter bestimmten Umständen nicht angebracht wäre, eine Partei nach dem Modell der »strategischen Nichtbegrenzung« aufzubauen, die eine Stellungnahme zu Reform und Revolution vermeidet. Falls z.B. ein bedeutender Teil der linken Gewerkschaftsbürokratie mit einer bedeutenden Anhängerschaft an der Basis mit Labour bricht und eine neue Partei zu gründen versucht, vielleicht auf einem relativ expliziten reformistischen Programm, muss jede ernsthafte revolutionäre Organisation in Betracht ziehen, von Beginn bei einer solchen Partei dabei zu sein. Aber die Erwägung eines solchen Szenarios unterstreicht, dass Parteien vom Typ der SSP nicht als allgemeines Modell behandelt werden können, sondern nur als ein mögliches Vehikel für den längerfristigen Prozess des Aufbaus einer revolutionären Massenpartei. Und sicher ist es in der aktuellen Situation, die in England und Wales überwiegt, richtig die Socialist Alliance aufzubauen – die einige Kennzeichen einer Partei wie auch einer Einheitsfront aufweist –, und zwar auf einem Programm, das sozialistisch ist, aber hinter der Revolution zurückbleibt: Die Alliance künstlich zu einer revolutionären Partei zu deklarieren würde sie von wesentlichen Teilen des linken Flügels der Arbeiterbewegung abschneiden, die gerade erst anfangen mit Labour zu brechen.(20) Doch in solchen breiten Koalitionen ist es wesentlich für Revolutionäre, ihre unabhängige Organisation zu bewahren, um den Aufbau der Koalition mit dem Ziel zu verbinden, das dieser Arbeit ihre Bedeutung verleiht – dem Aufbau einer revolutionären Massenpartei.(21) Das dritte Konzept von Umgruppierung – das der revolutionären Umgruppierung – wird von der SWP verteidigt. Sein Ziel ist es, all jene zusammenzubringen, die sich mit der revolutionär-marxistischen Tradition identifizieren, wie sie von Marx und Engels, Lenin und den Bolschewiki, Trotzki und der Linken Opposition entwickelt und verteidigt wurde, und die heute die Bewegung auf nichtsektiererischer Grundlage aufbauen wollen. Um zu verdeutlichen, was dieses Konzept von Umgruppierung bedeutet, betrachten wir die dazugehörigen Elemente. Zu allererst muss deutlich gesagt werden, dass keine sinnvolle Umgruppierung stattfinden kann, wenn eine Strömung darauf besteht, dass ihre Interpretation der Tradition Grundlage der Umgruppierung sein muss. Das bedeutet nicht, dass z.B. die SWP aufhört, die wichtigen Aspekte ihres theoretischen Erbes zu verteidigen – z.B. die von Tony Cliff entwickelte Interpretation des Stalinismus als bürokratischer Staatskapitalismus. Aber es gibt andere Interpretationen des revolutionären Marxismus, über die wir nicht einfach hinweggehen können, nur weil sie von unserer eigenen, bspw. bei der Frage des Stalinismus, abweichen. Zum Beispiel verteidigt Daniel Bensaïd in seinem Buch Marx l'intempestif ein Konzept des Marxismus, das radikal nichtdeterministisch ist und die Geschichte begreift als ein Eingreifen verschiedener Zeiten, in der die Revolution kein unvermeidliches Resultat, sondern eine Unterbrechung bürgerlicher Normalität ist, eine drastische Intervention in eine Welt, die der Kapitalismus zur Katastrophe führt. Wie Bensaïd bemerkt, ist dies eine anfechtbare Lesart der revolutionär-marxistischen Tradition, die, so könnte man hinzufügen, in keiner Weise die Analyse der UdSSR als eines degenerierten Arbeiterstaats impliziert, die lange die offizielle Position der IV.Internationale war, zu deren Führung Bensaïd gehört. Anders ausgedrückt gibt es mehr als einen Weg, die revolutionär-marxistische Tradition fortzusetzen. Aber der Marxismus, bemerkt auch Bensaïd, ist »die Theorie einer Praxis, die offen ist für verschiedene Lesarten. Allerdings nicht für alle Lesarten: Nicht alles ist im Namen freier Interpretation zulässig; nicht alles ist gültig.«(22) Der revolutionäre Marxismus hat sich als Antwort auf eine Reihe großer Krisen in der Arbeiterbewegung entwickelt, darunter insbesondere den Zusammenbruch der drei Internationalen, der jeweils eine Reihe von Entscheidungen bot: zwischen Marx und Bakunin, Lenin und Kautsky, Trotzki und Stalin. Wahrscheinlich ist heute keine Version des revolutionären Marxismus von irgendeinem Nutzen, die nicht in gewisser Hinsicht Trotzkis Kritik des Stalinismus in sich aufgenommen hat – nicht nur die soziale Interpretation des Stalin-Regimes, die es als ein materielles Phänomen und nicht nur als ideologische Abweichung behandelt, sondern auch die Theorie der permanenten Revolution und die Kritik der Volksfrontpolitik, wesentliche Instrumente, die, wenn sie aufgegriffen worden wären, hätten helfen können, eine Reihe verheerender Niederlagen zu vermeiden, als die Bewegung der Chimäre einer »national-demokratischen Revolution« nachjagte: China 1925–27, Spanien 1936–39, Irak 1958–62, Indonesien 1965/66, Iran 1978/79. Eine Analyse des Triumphs des Neoliberalismus im Südafrika nach dem Ende der Apartheid – was natürlich keine welthistorische Niederlage war, aber nach den großen Arbeiterkämpfen der 80er Jahre eine verschwendete Gelegenheit – würde zeigen, dass ihre Wurzeln auch in den Bemühungen der Führung des ANC und der südafrikanischen KP lagen, den Kampf für nationale Befreiung vom Kampf für den Sozialismus zu trennen.(23) Die Theorie der permanenten Revolution ist natürlich nicht das Eigentum irgendeiner besonderen Strömung, wenngleich es verschiedene Lesarten von ihr gibt. Wesentlich für eine dauerhafte Umgruppierung ist nicht bloß eine gemeinsame Bindung an die revolutionäre Tradition, deren Teil diese Theorie ist, sondern ein nichtsektiererisches Herangehen an den Aufbau einer antikapitalistischen Bewegung. Man sollte nicht vergessen, dass es einflussreiche sektiererische Versionen des Trotzkismus gibt, denen trotz ihrer sonstigen Divergenzen die Neigung gemeinsam ist, mit den Differenzen gegenüber dem Rest der Bewegung zu beginnen. Diese Haltung findet man bei Gruppen, die aus der orthodoxen Tradition des Trotzkismus stammen – z.B. bei der Hauptmasse der extremen Linken in Argentinien –, und leider auch bei mindestens einer Organisation aus der IS-Tradition – der International Socialist Organization in den USA.(24) Eine Gemeinsamkeit zwischen der IST und der IV.Internationale ist ihr Engagement beim Aufbau der Bewegung gegen den globalen Kapitalismus, wenngleich es bedeutende Differenzen zwischen ihnen bezüglich der genauen Bilanz zwischen Einheitsfrontarbeit und Parteiaufbau innerhalb der breiteren Bewegung bestehen. Die Genossen der IV.Internationale sind im Ganzen deutlich vorsichtiger als wir, wenn es darum geht, innerhalb der Bewegung politische Auseinandersetzungen zu fördern – die Differenz ist vielleicht am wichtigsten bezüglich der zentralen Rolle, die der Kriegskurs der USA für die Zukunft des Kampfes gegen die kapitalistische Globalisierung unserer Auffassung nach hat. Diese Meinungsverschiedenheit beinhaltet unseres Erachtens ein falsches Verständnis der Natur von Einheitsfronten. In unserer Sicht gibt es keinen Widerspruch zwischen dem Aufbau auf der breitesten und umfassendsten Basis und der Beteiligung an einem solidarischen Streit mit anderen Kräften in der Bewegung. Ersteres ist im Gegenteil die Voraussetzung für letzteres. Der Test eines nichtsektiererischen Herangehens besteht darin, dass die Revolutionäre nicht bei dem anfangen, was sie von anderen unterscheidet, sondern bei dem, was mit den anderen gemein haben, und eine dynamische Strategie für den Aufbau der Bewegung anbieten. Debatten innerhalb der Bewegung sind wahrscheinlich am fruchtbarsten, wenn sie aus den konkreten Fragen darüber hervorgehen, wie der Kampf zu entwickeln ist, anstatt von sektiererischen Besserwissern aus der Luft geholt zu werden. Aber es ist selbstzerstörerisch, Auseinandersetzungen um jeden Preis zu vermeiden. Zur Entwicklung jeder ernsthaften Massenbewegung gehört unvermeidlich ein Prozess der Differenzierung zwischen mehr oder weniger radikalen Kräften. Wir erleben dies heute mit der Festigung eines reformistischen Flügels innerhalb der antikapitalistischen Bewegung um die Führung von Attac in Frankreich. Revolutionäre müssen mit den Kräften rechts von ihnen arbeiten können, ohne vor ihnen zu kapitulieren. Die Zukunft linker Umgruppierung hängt sehr stark davon ab, wie gut die Revolutionäre diese heikle Aufgabe angehen. Wenn sie gleichzeitig lernen, effektiver zusammen zu arbeiten, wird der Lohn beträchtlich sein. So könnte die wachsende Zusammenarbeit zwischen der LCR und der SWP als den führenden europäischen Organisationen in internationalen Strömungen mit bedeutendem Einfluss auf anderen Kontinenten (z.B. in Brasilien im Fall der IV.Internationale und in Südkorea und Teilen Schwarzafrikas im Fall der IST) den Beginn der Entstehung eines machtvollen revolutionären Schwerpunkts innerhalb der Bewegung gegen den globalen Kapitalismus kennzeichnen. Wenn dies stattfindet, so durch einen allmählichen Prozess, zu dem sowohl freimütige politische Diskussion als auch die Ansammlung von Erfahrung bei der praktischen Zusammenarbeit gehören, wodurch gegenseitiges Vertrauen und der Rahmen eines gemeinsamen politischen Verständnisses entstehen können. Der Prozess ist es wert, dass Zeit und Sorgfalt darin investiert werden. Die revolutionären Marxisten haben eine reale Chance, die neue Welle der sich entwickelnden Kämpfe zunehmend zu beeinflussen. Es wäre eine Tragödie, würden wir – durch zu langes Zögern oder durch ungeduldige Versuche, die Ereignisse zu erzwingen – diese Gelegenheit verstreichen lassen.
Alex Callinicos ist Dozent an der Universität York und führendes Mitglied der Socialist Workers Party (SWP). Wir veröffentlichen den Text mit freundlicher Genehmigung des Autors. Zuerst erschienen in: Links. International Journal of Socialist Renewal (Sydney), Nr.23, Januar–April 2003, S.58–73 (Übersetzung: Hans-Günter Mull). Zuerst in Deutschland erschienen in: SOZ Hefte, Sonderheft 2003 (http://www.soz-plus.de)
Anmerkungen(1) R.Lapper, » Latin America Turns Left«, Financial Times, 29.Juli 2002 . (2) R.Lapper, »US Right Scents a New ›Axis of Evil‹«, Financial Times, 23.Oktober 2002 . (3) Leider bleibt Lutte Ouvrière, die andere führende Organisation der radikalen Linken in Europa, in einem zunehmend selbstzerstörerischen sektiererischen Trott stecken. (4) Die Bezeichnung dieser Bewegung als »antikapitalistisch« ist kontrovers, und zwar aus Gründen, die manchmal die reale Unklarheit der Bewegung widerspiegeln, die von Pierre Rousset (LCR) auf den Punkt gebracht wurde, als er auf der Asia-Pacific International Solidarity Conference (Ostern 2002) sagte, dass die Bewegung antikapitalistisch im Sinne der Ablehnung des Systems ist, aber nicht im Sinne des Vorhandenseins einer kohärenten revolutionären Perspektive für eine Alternative. Das Etikett »Antikapitalistische Bewegung« hat den doppelten Vorteil, ihren das System ablehnenden Charakter zu betonen und alberne Argumente darüber zu vermeiden, ob wir für oder gegen die Globalisierung sind, aber es sollte nicht bedeuten, dass dies eine Bewegung ist, die aus revolutionären Marxisten besteht. (5) Was hier kurz ausgeführt wird, wird weiter entwickelt in A.Callinicos, »Regroupment, Realignment, and the Revolutionary Left«, IST International Discussion Bulletin, Nr.1, Juli 2002. Dieses Bulletin enthält eine Reihe weiterer Materialien über die Umgruppierung der extremen Linken. Es ist verfügbar unter http://www.istendency.net/docs.php; viele weitere hier aufgeführte Texte der SWP sind auf derselben Webseite verfügbar oder unter http://www.swp.org.uk. (6) Zur näheren Analyse der antikapitalistischen Bewegung siehe A.Callinicos, An Anti-Capitalist Manifesto, Cambridge 2003. (7) Siehe J.Rees, »Imperialism: Globalization, the State and War«, International Socialism, Nr.93, 2001, und A.Callinicos, »The Grand Strategy of the American Empire«, International Socialism, Nr.97, 2003. (8) M.Smith, »Where is the SWP Going?«, Links, Nr.23, Januar–April 2003, S.53. Scottish Militant Labour lautete der Name, den die schottischen Anhänger der Militant Tendency nach ihrem Bruch mit der Labour Party Anfang der 90er Jahre annahmen. (In England und Wales wurde aus Militant die Socialist Party [SP].) Scottish Militant Labour spaltete sich später in das ISM und in die schottischen Anhänger der von der SP dominierten internationalen Strömung, dem Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI), die in der SSP eine getrennte Plattform bilden. (9) J.Wolfreys, »Class Struggles in France «, International Socialism, Nr.84, 1999. (10) E.J.Hobsbawm, Interesting Times, London 2002, S.205, 210. (11) Zur Entwicklung der Neuen Linken in Großbritannien und den USA nach 1956 siehe D.Widgery, The Left in Britain 1956–68, Harmondsworth 1976, und M.Isserman, If I Had a Hammer…, New York 1987. (12) Zum Aufschwung von 1967–1976 siehe C.Harman, The Fire Last Time, London 1988. Daniel Bensaïd von der LCR hat eine bedeutende kritische Einschätzung von den Erfahrungen beim Aufbau der IV.Internationale, besonders in Frankreich, verfasst: Les Trotskysmes, Paris 2002. (13) Zu diesem Prozess in Großbritannien siehe die frühe Studie von B.Hindess, The Decline of Working-Class Politics, London 1971. (14) Siehe T.Cliff/D.Gluckstein, Marxism and Trade Union Struggle, London 1986, und The Labour Party: A Marxist History, London 1988. (15) A.Callinicos, »Unity in Diversity«, Socialist Review, April 2002. (16) Siehe die Kritik am autonomistischen Marxismus in A.Callinicos, »Antonio Negri in historischer Perspektive. Empire und die Grenzen autonomer Theorie und Praxis«, Sozialistische Hefte, Nr.1, Februar 2002, und in An Anti-Capitalist Manifesto, a.a.O., S.80–83, 93–102, sowie A.Nimtz, »Class Struggle under ›Empire‹: In Defence of Marx and Engels«, International Socialism, Nr.96, 2002. (17) Siehe C.Harman, »Party and Class« (1968), nachgedruckt in T.Cliff et al., Party and Class, London 1997. (18) Siehe zusätzlich zu dem oben zitierten Text von Murray Smith seinen Beitrag »The LCR and the Question of a Workers' Party«, IST International Discussion Bulletin, Nr.1, Juli 2002. (19) »Where is the SWP Going?«, a.a.O., S.54/55. (20) Das Herangehen der SWP an die Socialist Alliance wird ausführlich dargelegt von John Rees in »Anti-Capitalism, Reformism, and Socialism«, International Socialism, Nr.90, 2001. (21) Aus dem Obengenannten sollte deutlich sein, wie sehr sich Smith und andere Führer des ISM irren, wenn sie die Haltung der SWP mit der der Führung des CWI vergleichen, die wie Smith bemerkt, »Panik vor der Öffnung der Organisation in dieser Weise hatte und sich in den Bunker zurückzog« (»Where is the SWP Going?«, a.a.O., S.55/56). Die englische SP, der Kern des CWI, war gegen die Bildung der SSP und verließ die Socialist Alliance im Dezember 2001 nach einer Abstimmungsniederlage auf einer Konferenz. Die SWP hat dagegen ihre Engagement in der Socialist Alliance als Teil ihres Strebens nach einem breiteren Prozess revolutionärer Umgruppierung bewiesen, dessen Ziel es ist, breitere Schichten der Arbeiterklasse vom Reformismus loszulösen. Es ist eine Form des Ultimatismus, all jene, die die SSP als Modell ablehnen, als offene oder versteckte Sektierer abzutun. (22) D.Bensaïd, Marx for Our Times, London 2002, S.2. (23) Zur jüngeren Diskussion dieser Fragen siehe J.Rees, »The Democratic Revolution and the Socialist Revolution«, International Socialism, Nr.83, 1999. (24) A.Callinicos, The Anti-Capitalist Movement and the Revolutionary Left, London 2001.
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