Den Aufsatz kommentieren "Ernsthaftes Bemühen" als "Geheimnis des Erfolges"Anmerkungen zur Medienberichterstattung über den G8-Gipfel in HeiligendammVon Gregor Kritidis (sopos) Ein Armutszeugnis für die bürgerlichen Medien: Die vorgefertigte Meinung überwog gegenüber kritischer Recherche. "Der Mitarbeiter George Busch hat sich stets ernsthaft bemüht" - in einem Arbeitszeugnis wäre dies eine denkbar schlechte Qualifizierung. Genau diese Qualifizierung findet sich jedoch im offiziellen Abschlußdokument von Heiligendamm: Man wolle sich "ernsthaft" bemühen, den CO2-Ausstoß bis 2050 zu halbieren. Mit anderen Worten: Die acht führenden Industrienationen der Welt wollen an ihrem bisherigen politischen Kurs festhalten. Vor dem Hintergrund des offiziellen UN-Klimaberichts bedeutet das, darauf zu hoffen, daß der Eisberg geschmolzen ist, bevor die Titanic ihn erreicht hat. Für einen großen Teil der bürgerlichen Medien - und dabei handelte es sich nicht nur um die Bild-"Zeitung", sondern auch um "seriöse" Blätter wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) - war das kein Grund, die Ergebnisse des Gipfels in Heiligendamm nicht als Erfolg von Kanzlerin Merkel zu feiern. "Das Geheimnis des Erfolges" war ein Kommentar von Matthias Koch in der HAZ betitelt.[1] Worin der Erfolg des Gipfels zu sehen ist, blieb dabei in der Tat ein Geheimnis. Eine derartige Meinungsäußerung war freilich nur vor dem Hintergrund einer weitgehend einseitigen Berichterstattung über den Gipfel plausibel zu machen: Die Aktivitäten der politischen Eliten wurden allenfalls partiell einer Kritik unterzogen, während die Berichterstattung über die Gipfel-Kritiker, die nur marginal selbst zu Wort kamen, weitgehend negativ konnotiert war.[2] Die Ausschreitungen auf der Großdemonstration am 2. Juni bildeten in dieser Hinsicht einen idealen Anlaß, die Legitimation der Gipfel-Gegner grundsätzlich in Zweifel zu ziehen, eine Nähe von Globalisierungs-Kritik und Terrorismus zu suggerieren und die demokratiewidrigen "Sicherheits"-Maßnahmen wie das Demonstrations-Verbot rund um den Zaun oder die Razzien im Vorfeld nachträglich zu legitimieren. Einen tiefen Einblick in die Vorurteils-Strukturen vieler Journalisten gab die von dpa am 2. Juni verbreitete Falschmeldung, ein Redner hätte auf der Kundgebung zu Randale mit dem Worten angestachelt, man müsse "den Krieg in diese Demonstration reintragen. Mit friedlichen Mitteln erreichen wir nichts". Tatsächlich war Walden Bello auf der Kundgebung korrekt übersetzt worden: "Vor zwei Jahren hat es geheißen: Wir sollen den Krieg nicht in die Diskussion mit reinbringen. Wir sollen uns nur auf die Armutsbekämpfung konzentrieren. Aber ich sage: Wir müssen den Krieg hier mit reinbringen. Denn ohne Frieden kann es auch keine Armutsbekämpfung geben".[3] Erst nach drei Tagen wurde die Falschmeldung von dpa korrigiert; inzwischen hatten verschiedenen Zeitungen den Kontext der Rede weiter ausgeschmückt, statt selbst nachzurecherchieren.[4] Dabei wäre es naheliegend gewesen, das Gegenteil zu vermuten: Wer sich auch nur einen oberflächlichen Eindruck über das Protest-Bündnis verschafft hatte, konnte wissen, daß im Vorfeld gewaltfreie Blockaden, nicht ein Bürgerkrieg vorbereitet worden war. Auch sonst überwog die vorgefertigte Meinung gegenüber kritischer Recherche: Autonome Hooligans greifen unprovoziert Polizisten mit Steinen an, so die vorherrschende These, die etwa auch von der "taz" geteilt wurde.[5] Ob die offiziell angegebene Zahl der Verletzten zutreffend ist, wurde erst gar nicht überprüft. Den konkreten Ablauf der Ereignisse konnte man sich nur mit Mühe erschließen, stattdessen wurde die grundlegende These unprovozierter Gewalt seitens autonomer Demonstranten immer wieder mit Bildern und Bericht-Fragmenten illustriert. Es war fast so, als hätten viele Journalisten nichts sehnlicher erwartet als Ausschreitungen. Eine der wenigen erfreulichen Ausnahmen in der Kommentierung kam von Robert Misik, der zutreffend konstatierte, vor dem Hintergrund der Stimmungsmache im Vorfeld sei die "Randale" auf "Normalmaß" geblieben.[6] Die Möglichkeit, daß seitens der Polizei Ausschreitungen provoziert worden seien, wurden gar nicht in Erwägung gezogen - angesichts der staatlichen Versuche, die Proteste gegen den Gipfel zu kriminalisieren, lag diese Möglichkeit jedoch nahe. Es hat genügend Fälle gegeben, wo Polizei-Einheiten ohne besonderen Anlaß auf Demonstranten eingeprügelt haben, Journalisten sind schon - wie vor einigen Jahren in Hamburg - vorsätzlich verletzt worden.[7] Aus einer genauen Lektüre verschiedener Zeitungen ließ sich erschließen, daß das vorherrschende Bild nicht zutreffen konnte: So sprach zwar die Frankfurter Allgemeine Zeitung von einer "Niederlage des Rechtsstaates", berichtete gleichzeitig jedoch über die "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten", deren Aufgabe es gewesen sei, einzelne Gewalttäter auf dem Demonstrationszug herauszugreifen.[8] Wer schon einmal auf einer Demonstration gegen einen Nazi-Aufmarsch gewesen ist, weiß, wie solche polizeilichen Maßnahmen gegen tatsächliche oder vermeintliche Straftäter wirken: Eskalierend. Anstatt jedoch zu prüfen, ob von der Polizei überhaupt in toto eine Deeskalations-Strategie betrieben wurde, wurde diese per se unterstellt und darüber hinaus für eine Begünstigung von Ausschreitungen verantwortlich gemacht. In vielerlei Hinsicht konnte man eklatante Widersprüche in der Berichterstattung ausmachen, welche die Kommentierungen immer wieder konterkarierten. Augenzeugenberichte in der HAZ ließen sich z.B. keineswegs bruchlos in die sonstige Berichterstattung einfügen. So wurde in der HAZ eine Studentin mit den Worten zitiert: "Die Ausschreitungen waren an einer ganzen Ecke! Trotzdem wurden wir auf dem Festplatz Ziel der Wasserwerfer. Ich hatte Angst vor dieser Aggressivität und war wütend - auch, weil friedlicher Protest nicht mehr möglich war".[9] Einen Anlaß, sich genauer mit der Taktik der Polizei auseinanderzusetzen, bildeten derartige Statements jedoch nicht. Die friedlichen Blockaden nach dem 2. Juni sorgten schließlich für einen Umschwung in der Berichterstattung von Teilen der Presse, insbesondere in der "taz" und der Süddeutschen Zeitung (SZ), aber auch in der Hamburger Morgenpost (MOPO). So wurde über die Blockaden durchaus positiv und über die Enttarnung eines verdeckten Provokateurs kritisch berichtet. Während diverse Korrespondenten den Kontakt zu den Gipfel-Gegnern suchten und sich ein umfassendes Bild machten, betrieb dagegen die Bild-"Zeitung" konsequent "embedded journalism" und agierte in Absprache mit der Polizei. Die aggressive Kampagne der Bild gegen die Gipfel-Gegner stand der gegen die Studentenbewegung der 60er Jahre kaum in etwas nach. Der rhetorischen Frage, ob die "Chaoten" Tote wollten, lieferte die Bild aber erst im Nachgang einen toten Polizisten nach.[10] Wie brüchig eine politisch-publizistische Legitimation der politischen Eliten ist zeigen die inhaltlichen Argumentationslinien, die ins Feld geführt wurden, nachdem sich die Delegitimierung der G8-Gegner als Krawallmacher und Chaoten nicht durchhalten ließ. Während der Kommentar von Michael Bauchmüller über den Gipfel in der SZ am 4. Juni sich weitgehend in dem Lob über die gegenwärtige Welt als die beste aller Welten, gegen die es nicht zu protestieren gelte, erschöpfte,[11] bemühte Matthias Koch am gleichen Tag in der HAZ eine andere Argumentationsfigur: Die parallel zur Demonstration in Rostock erfolgenden Mobilisierungen von Neonazis nahm er zum Anlaß, die Gefahr einer Zerstörung der Demokratie durch rechte und linke Extremisten herauszustreichen. So beliebt diese These ist: Historisch ist sie abwegig, da etwa die Zerstörung der Weimarer Demokratie aus der Mitte der Gesellschaft und insbesondere durch die sozialen und politischen Eliten erfolgt ist. Wollte man derartige historische Parallelen ziehen, so wäre der Vergleich der demokratiezerstörenden Politik der Notverordnungen am Ende der Weimarer Republik mit dem obrigkeitsstaatlichen Denken und der maßnahmestaatlichen Politik des gegenwärtigen Innenministers zutreffender.[12] In der SZ bemühte man sich dagegen, den Antiamerikanismus der G8-Gegner herauszustreichen. So wurde unter dem Titel "Feindbild George W. Bush. Empörung über den Chef der Chefs. Die Wut der Demonstranten rund um den Heiligendamm zielt auf den Amerikaner, denn ‚er steht für die Kriege, die wir bekämpfen'", den Globalisierungs-Kritikern pauschal ein ideologisches Amerika-Bild unterstellt.[13] Die Zielrichtung des Artikels wurde in der Bebilderung deutlich: Ein Foto zeigt einen als Bush verkleideten Demonstranten mit der langen Nase eines Lügners. Wer am Abend zuvor etwa auf Phönix die Berichte verfolgt hatte, konnte sich überzeugen, daß nicht nur Bush, sondern alle Gipfel-Teilnehmer auf diese Weise persifliert worden waren. Eine weitere These - die der Naivität der G8-Gegner - wurde ebenfalls in der SZ in einem Kommentar von Arne Perras bemüht: Eine finanzielle Unterstützung Afrikas sei zwar gut gemeint, aber in der Realität wirkungslos, da diese Mittel von den korrupten Eliten absorbiert würden. In den afrikanischen Staaten müßten erst einmal transparente bürgerlich-demokratische Strukturen geschaffen werden.[14] Angesichts der Tatsache, daß die korrupten Strukturen afrikanischer Länder ökonomisch, politisch und militärisch seit Jahrzehnten von den G8-Staaten gestützt, ja überhaupt erst produziert werden, ist diese Argumentationsfigur schlicht abwegig. Jede auch nur oberflächliche Analyse der Politik der von den G8-Staaten maßgeblich getragenen Weltbank zeigt, wie verheerend sich die Kreditpolitik der westlichen Gläubigerstaaten auf die sozialen Verhältnisse in Afrika ausgewirkt hat. Wie wenig ernsthaft das Bemühen der G8-Staaten tatsächlich ist, die demokratische und soziale Entwicklung in Afrika zu fördern, machte ein Beitrag in der HAZ deutlich. Dort hieß es zutreffend: Die Bundesregierung "hat das Thema Afrika sehr spät, erst im Herbst vergangenen Jahres, auf die Agenda genommen - als Gegengewicht zu einem Arbeitsprogramm, das mit Hedgefonds, Doha-Runden, Klimawandel und Produktpiraterie nicht gerade massentauglich schien. Etwas Menschliches, so drückt es ein deutsches Delegationsmitglied aus, sollte aufs Programm."[15] Man wollte der "Globalisierung" ein "menschliches Antlitz" geben - eine Charakterisierung, die Elmar Altvater in einer Talkrunde auf Phönix als "kitschig" bezeichnete. So abwegig der Vergleich zwischen den Reformkräften des Prager Frühlings mit denen des auf Machtsicherung bedachten G8-Establishments sein mag - indirekt steckt in dieser Bezeichnung das Eingeständnis, daß die "Globalisierung" ganz und gar unmenschlich ist und durch ein paar kosmetische Zugeständnisse einem drohenden Legitimitätsverlust vorgebeugt werden sollte. Die aufgebauschte Empörungswelle in der Presse über die Ausschreitungen von Rostock nahm in der Woche des Gipfels erheblich ab, zumal die Blockaden erfolgreich verliefen und die Übergriffe der Polizei sich allenfalls verheimlichen ließen. In der Berichterstattung wurden immer mehr kritische Stimmen vernehmbar, auch wenn die Legitimation des Gipfels insgesamt überwog. Exemplarisch dafür ist die Berichterstattung der SZ vom 9./10. Juni, die den Gipfel- Gegnern auch positive Seiten - etwa den Bau eines Spielplatzes - abgewinnen konnte und Kritiker wie Jean Ziegler zu Wort kommen ließ, der mit scharfen Worten die Hofierung des nigerianischen Staatschefs Umaru Yar' Adua ("Bandenchef und extremer Islamist")auf dem Gipfel geißelte.[16] Die Kommentierung blieb dennoch hinter der Berichterstattung zurück: So lobte Christoph Schwennicke in einem Kommentar die Beharrlichkeit von Angela Merkel in der Klima-Frage und wertete es als Erfolg, daß Klimapolitik weiterhin unter dem Dach der UN betrieben werden soll. Ein derartiges Auftreten der Kanzlerin wünsche man sich auch für die Innenpolitik, so Schwennicke. Der Widerspruch zwischen Außen- und Innenpolitik, der hier konstatiert wurde, ist freilich nur ein scheinbarer: Die industrielle Struktur Deutschlands ist mit einer Umweltpolitik a la Merkel besser vereinbar als die der USA. Zudem stand Merkel unter dem Druck einer breiten Mobilisierung, mußte sich also "massentauglich" präsentieren. Wie ökologisch Angela Merkel denkt, war dagegen der HAZ zu entnehmen: Die Lage der Kernenergie in Deutschland sei "traurig", soll die Kanzlerin gesagt haben, es sei aber Bewegung in die Debatte gekommen.[17] Die Aufgabe der "Vierten Gewalt", umfassend zu berichten und die Exekutive zu kontrollieren, wurde nur sehr eingeschränkt wahrgenommen. Die "Junge Welt" war vermutlich die einzige Zeitung, in der Auszüge aus den auf der Kundgebung am 2. Juni gehaltenen Reden abgedruckt worden sind.[18] Was die Gipfel-Gegner eigentlich kritisieren, ließ sich ansonsten nur aus Fragmenten erschließen. Eklatante Mängel waren bei vielen Medien festzustellen und werden - wenn überhaupt - erst im Nachgang aufgearbeitet werden können: Behauptungen der Polizei und anderer staatlicher Stellen wurden nicht nachgeprüft, Positionen der Gipfel-Kritiker nur unzureichend dargestellt, Übergriffe der Polizei verschwiegen. Von einer Wahrung der journalistischen Sorgfaltspflicht kann nur eingeschränkt gesprochen werden. Das hat freilich mit dem Umstand zu tun, daß die Medien mehr oder minder den Interessen der Eliten verpflichtet sind. Einerseits, weil sie selbst private Unternehmen sind, andererseits, weil sie über die Werbeeinnahmen auch auf die Interessen anderer Industrien Rücksicht nehmen. Das von der überwiegenden Zahl der Medien gezeichnete Bild, das wurde im Verlauf des Gipfels deutlich, hielt der Wirklichkeit nicht stand und mußte bzw. muß sukzessive revidiert werden. Es kann als großer Erfolg der Gipfel-Gegner gewertet werden, daß trotz einer weitgehend Gipfel-freundlichen Berichterstattung und Kommentierung und einer insbesondere zu Beginn ausgreifenden Kampagne zur Delegitimierung der G8-Gegner das Protest-Bündnis gehalten hat. Dennoch sollte der gestiegene Einfluß der Bewegung der gegenhegemonialen Globalisierung nicht überschätzt werden: Die Wahlen in Frankreich haben gezeigt, daß eine Mobilisierung politisch bislang desinteressierter Menschen der politischen Rechten zugute kommen kann. Ohne die Entwicklung einer breiten Gegenöffentlichkeit wird es daher nicht gelingen, dauerhaft die organisatorischen Kerne kritischen Bewußtseins entscheidend zu vergrößern und ihren Einfluß zu sichern. Anmerkungen:[1] HAZ v. 9./10. Juni 2007. [2] Mitunter wurde ganz offen für die US-Außenpolitik geworben. Vgl. "Ein neuer, freundlicher Bush ist unterwegs. Der US-Präsident will in Heiligendamm auf die Europäer offener zugehen denn je - und auch Putin beruhigen". HAZ v. 4. Juni 2007. Vgl. dagegen: "Die Gewalt von Rostock und das Ende der Zurückhaltung". Ebd. [3] Vgl. Stefan Niggemeier, Chronologie einer Falschmeldung. Neues Deutschland v. 7. Juni 2007. [4] Ebd. [5] "Nie wieder Rostock". Taz v. 4. Juni 2007. [6] Ebd. [7] In Athen haben Sondereinheiten der Polizei sogar einmal eine Demonstration von Rentnern brutal zusammengeknüppelt. Der damalige Innenminister Stelios Papathemelis versuchte diesen Übergriff allen Ernstes mit der Behauptung zu rechtfertigen, die Rentner hätten eine Polizeikette durchbrechen wollen. [8] FAZ v. 5. Juni 2007. Vgl. auch Junge Welt v. 5. Juni 2007. [9] HAZ v. 4. Juni 2007. Eine weitere Studentin wurde mit den Worten zitiert: "Rostock hat meine Sichtweise verändert. Daß Autonome bei Demonstrationen mit Steinen werfen, weiß man ja. Aber ich habe früher nie geglaubt, daß auch von der Polizei so viel Gewalt ausgehen kann. Ich bin nur noch gerannt". Und ein Student berichtete: "Die Polizei hat friedliche Menschen in eine Ecke des Stadthafens gedrängt - Eltern mit Kinderwagen, kleine Kinder, alte Leute. Das war unverantwortlich. Wenn Du nicht weißt, was vorher war, fühlst Du dich willkürlich angegriffen". Ebd. [10] Bild v. 14.6.2007. Der Wahrheitsgehalt ist wie immer in Bild zweifelhaft. [11] Michael Baumüller, "Schöne alte Welt". SZ v. 4. Juni 2007. "Außer Utopien haben die Kritiker nicht viel anzubieten. Sie träumen von einer ‚Entschleunigung' der Wirtschaft, von regionalen statt globalen Kreisläufen - und verkennen, daß das nur funktionieren kann zwischen Menschen, die ihre Bedürfnisse radikal absenken. Das es nur geht in einer Welt, die Erfüllung höher bewertet als Besitz." Eine derart platte Gleichsetzung zwischen Bedürfnis und Besitz ist für einen Kommentar in der SZ schon frappierend. Für die breite Mehrheit der Menschheit geht es gerade um eine radikale Entfesselung ihrer Bedürfnisse, die sich Bauchmüller freilich nur als die Verwirklichung des Wohlstandes, an dem er partizipiert, vorstellen kann. [12] Man hätte bei einem Vergleich zwischen den Polizeieinsätzen 2007 und 1992 in Rostock einen größeren Erkenntnisgewinn erzielen können: Damals durften Neonazis und Anwohner in Rostock-Lichtenhagen drei Tage lang randalieren und Bewohner eines Asylbewerberheimes mit dem Tode bedrohen, ohne daß die Polizei wirksam einschritt. Der zuständige Innenminister gab damals an, in der entscheidenden Phase habe er sich gerade das Hemd gewechselt. Damals war nicht etwa gefordert worden, Gummigeschosse einzusetzen, sondern das Asylrecht abzuschaffen. Man stelle sich nur vor, jemand hätte nach den Ausschreitungen vom 2. Juni gefordert, den Gipfel an einen anderen Ort zu verlegen oder abzusagen. [13] SZ v. 6./7. Juni 2007. [14] Ebd. In der HAZ war diese Argumentation ebenfalls vertreten worden. Im Prinzip ist das alles weder neu noch originell: In Bezug auf die Antiglobalisierungbewegung sind diese Argumente immer wieder vorgetragen worden. Vgl. Loccumer Initiative kritischer WissenschaftlerInnen (Hrsg.), Globaler Widerstand gegen den Kapitalismus. Auf dem Weg zu einer neuen Internationale? Kritische Interventionen Bd. 9. Hannover 2006. [15] HAZ v. 9.7.2007. [16] "Ein Magnetfeld am Meer". SZ v. 9./10. Juni 2007. [17] "Das geheime Protokoll der Klima-Einigung". HAZ v. 9. Juni 2007. [18] JW v. 4. Juni 2007. Kontext:
sopos 6/2007 | ||||||
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