Editorial
Mit dem Angriff auf den Irak durch die "Koalition der Willigen" setzt sich eine Tendenz weiter fort, die bereits 1991 mit dem Golfkrieg begann: Die Neuordnung der Welt nach dem Zusammenfall der bipolaren Weltordnung. Die USA, als letzte verbleibende Supermacht erntet nun die Früchte aus dem Sieg über die ehemalige UDSSR. Gegen sie bilden sich neue Blöcke, die Ihre Opposition immer deutlicher artikulieren.
Die EU bildete mit der Einführung des Euro ein Gegenpol zum Dollar als weltweiter Leitwährung. Während im Golfkrieg 1991 noch eine breite Koalition die USA unterstützte und Teile des Feldzuges gegen den Irak bezahlten, macht sich nun Unmut gegen das Konzept: "America fights, Europe pays" breit. Europa unter deutscher Führung verfolgt eigene Interessen. ( Mehr... ) Gregor Kritidis, Der angeschlagene Riese. Der Krieg der USA gegen den Irak ist politisch-ökonomisch betrachtet ein Rückzugsgefecht [ April 2003 ]
Ein untrügliches Indiz für den relativen Niedergang der US-Wirtschaft ist die Handelsbilanz der USA. Das Handelsbilanzdefizit beträgt mittlerweile ca. 400 Milliarden US-Dollar im Jahr, d.h. die USA importieren in Dollar gerechnet mehr Waren als sie exportieren. Gegenüber wichtigen Handelspartnern wie China, Japan, der Europäischen Union und Mexico, aber auch gegenüber Staaten wie Israel, Rußland und der Ukraine weist der US-Handel eine negative Bilanz auf.
SI, GIS und Aufbau Berlin & Bielefeld, No war - but class war!. Gegen Krieg und kapitalistischen Frieden! [ April 2003 ]
Welch schreckliches Bild muß es für die Bevölkerung Bagdads gewesen sein, als die letzten MitarbeiterInnen von Nachrichtenagenturen, Botschaften und UN - Vertretungen in Konvois in aller Eile das Land verließen. Millionen Menschen weltweit tragen ihren Widerwillen gegen diesen Krieg auf die Straßen, er findet trotzdem statt, Regierungen verschiedenster nicht ganz unwichtiger Staaten votieren gegen den Krieg, die Panzer rollen trotzdem, die angeführten Begründungen für die Notwendigkeit des Krieges erweisen sich als nicht nachvollziehbar und unhaltbar, die Raketen schlagen trotzdem ein. Und: Er ist nur ein Glied in einer langen Kette von Kriegen.
dk., Imperialismus statt "Empire". [ April 2003 ]
Der Versuch, den Irak-Krieg unter Rückgriff auf Negri und Hardt zu interpretieren, offenbart einige gravierende Schwächen dieses Ansatzes. Der Rückgriff auf eine fundierte Imperialismustheorie erscheint allemal schlüssiger als ein hartnäckiges Festhalten am "Empire".
Bernhard Schmid, Machtpoker unter Zockern. Frankreichs Irakpolitik beruht auf Konkurrenz zu den USA [ März 2003 ]
Frankreichs Haltung gegenüber der arabischen Welt und insbesondere zum Irak zeichnet sich durch radikale Kurswechsel aus. Derzeit versucht sich Paris als moderate Kraft des Friedens zu profilieren. Doch hinter den diplomatischen Bemühungen von Staatspräsident Chirac verstecken sich kaum mehr als einige unbeglichene Rechnungen mit den USA.
André Bank, Gefangen in Netzwerken. Strukturelle Hürden für eine politische Transformation im Irak [ März 2003 ]
Viele Kriegsgegner würden einen "Regime Change" im Irak begrüßen. Es kommt ihnen eben darauf an, wie er umgesetzt wird. Doch gleich ob militärisch erzwungen oder nicht: Viele der bisherigen Herrschaftsstrukturen werden auch nach einem Regimewechsel fortleben. Worin bestehen diese Strukturen, und welche Szenarien für einen Irak nach Saddam Hussein ergeben sich daraus?
Thomas Binger, Die neue Weltordnung und der Krieg gegen den Irak. Risse im Empire [ März 2003 ]
In der nach dem Ende des Kalten Krieges proklamierten 'Neuen Weltordnung' ist der Krieg wieder zu einem weithin akzeptierten Mittel der Politik geworden. Nicht zufällig wurde diese 'Neue Weltordnung' durch den amerikanischen Präsidenten George Bush 1991 anlässlich des zweiten Golfkrieges verkündet. Dieser Golfkrieg steht auch paradigmatisch für den neuen Charakter des Krieges nach dem Ende der Blockkonfrontation. In den neuen Kriegen geht es nicht mehr primär darum Territorien zu erobern, sondern darum, sie zugänglich zu halten und der imperialen Ordnung zu unterwerfen. Der Machtanspruch des Empires ist total und umfasst den globalen Raum in seiner Gesamtheit.
Günter Wallraff, An George W. Bush. [ März 2003 ]
Sehr geehrter Herr Präsident Bush, Ihrer bisherigen durch nichts zu beirrenden Bedrohungspolitik ist es zu verdanken, daß einer der grausamsten Diktatoren zum Abrüsten veranlaßt wurde. Sie haben erreicht, daß die Kontrolleure der UNO wieder im Irak sind und das Regime ohne Krieg entwaffnen können. Saddam Hussein mußte auch der Zerstörung seiner Raketen zustimmen - zur Überraschung vieler. Etwa zu Ihrem Bedauern?
Marcus Hawel, Unsichtbares Theater um einen angekündigten Krieg. Der menschenverachtende Diktator Saddam Hussein hat eine Chance nicht gehabt [ März 2003 ]
In seiner in Deutschland um 2 Uhr nachts live ausgestrahlten Rede erklärt der US-Präsident, George W. Bush, dem irakischen Diktator und damit auch der irakischen Bevölkerung, wie nicht anders erwartet, den Krieg. Mit einem Präventivkrieg bricht die US-Regierung das Völkerrecht. Sie hat kein Mandat dafür. Aber auch die Legitimierung eines Krieges durch die UNO würde diesen Krieg nicht gerecht machen.
Utz Anhalt, Shalom Alechem für Saddam?. Die Friedensbewegung und der Krieg im Irak [ März 2003 ]
Ein Ansatz der Friedensbewegung geht von falschen Voraussetzungen aus: Die Menschen im Irak werden nicht erst unter Krieg leiden, wenn die US-Regierung erneut die Armenviertel von Bagdad bombardieren läßt. Die Iraker leiden seit Jahrzehnten unter einem Kriegsregime. Es geht also nicht darum, daß der Krieg im Irak nicht anfängt, sondern, daß er aufhört!
Eckart Spoo, Dem Feind ein Gesicht geben. [ Januar 2003 ]
Als es von allen Seiten tönte, der Krieg gegen Irak sei beschlossene Sache und werde unausweichlich kommen, ganz gleich wie sich die Iraker, die benachbarten Araber, die Europäer oder die UN dazu stellen, beschloß die Redaktion »Kultur und Gesellschaft« des Westdeutschen Rundfunks (WDR), des größten Senders im Verbund der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD), ein Fernsehteam nach Irak zu schicken. »Dem Feind ein Gesicht geben« war der Auftrag, mit dem die Journalistin Ingelis Gnutzmann und ein Kameramann kurz vor Weihnachten auf die Reise geschickt wurden. Aber das Team kam nur bis Amman. In der jordanischen Hauptstadt erhielt es die Nachricht, daß es nicht in den Irak einreisen darf. Sie hatten sich dort elf Tage umsehen, Menschen verschiedener Schichten nach ihren Gedanken und Empfindungen befragen, die schwierigen Lebensverhältnisse dokumentieren und speziell die Helfer der katholischen Caritas begleiten wollen. Wer sie daran hindert, war nicht der berüchtigte Diktator Saddam Hussein. Die irakischen Einreisepapiere waren umstandslos erteilt worden. Die Order, unverrichteter Dinge nach Köln zurückzufliegen, kam vom WDR – aus »ARD-politischen Gründen«.
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