Editorial
Mit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank im September 2008 kulminierte die sich seit Sommer 2007 verschärfende Krise der Finanzindustrie. Seitdem hat es eine Reihe spektakulärer Pleiten gegeben, insbesondere, nachdem mit den staatlichen Rettungspaketen die Bankenkrise in eine Staatsschuldenkrise umgewandelt wurde. Neben der isländischen Bankenkrise wurde der drohende Staatsbankrott Irlands dabei zum Paradebeispiel der Transformation privater in öffentliche Schulden, nachdem die irländische Regierung vor allem seitens deutscher Banken dazu gedrängt worden war, umfangreiche Rettungspakete aufzulegen und damit deren Anteile zu sichern. ( Mehr... ) Gregor Kritidis, Kein Ende des Ausnahmezustandes. Das Ringen der griechischen Regierung mit der Eurogruppe um die Austeritätspolitik nähert sich dem Wendepunkt [ Juni 2015 ]
Die Aussichten, zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen, der ein Ende der Austeritätspolitik in Griechenland einleitet, haben sich nach mehr als zweieinhalb Monaten zäher Verhandlungen mehr und mehr als illusorisch erwiesen. Die "Institutionen" wollen zwar Griechenland in der Eurozone und in der EU halten, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Austeritätspolitik fortgesetzt wird. Athen will ebenfalls erklärtermaßen in der Eurozone verbleiben, jedoch ohne eine Fortsetzung der bisherigen Linie. Mit welchen Mitteln die Euro-Gruppe die griechische Regierung unter Druck setzt und welche Sandstürme in der deutschen Presse aufgewirbelt werden zeigt dieser Artikel auf.
Bettina Müller, Buchkritik: Europa am Abgrund. Schuldenkrise und Widerspruch in der europäischen Peripherie [ Mai 2015 ]
Sparmaßnahmen, Troika, PIIGS...täglich finden sich in den Nachrichten neue Berichte über die Eurokrise, die inzwischen in ihrem siebten Jahr ist und eigentlich schon längst hätte überwunden sein sollen. Unnötig zu erwähnen, dass das bisherige Krisenmanagement, angeführt von der europäischen Zentralbank, der EU-Kommission und dem Internationalem Währungsfond (auch bekannt als Troika) nicht die gewünschten Resultate erbracht hat.
Gregor Kritidis, Kompromisse „konstruktiver Mehrdeutigkeit“. Die Krise in der Europäischen Union hat mit den Wahlen in Griechenland eine neue Zuspitzung erfahren [ März 2015 ]
Fragt man am Stammtisch des Lehrer Lämpel oder des Schneiders Böck nach, wie viel Mrd. € schon für die Griechenlandrettung verausgabt worden sind, wird man möglicherweise sehr unterschiedliche, aber in der Tendenz eindeutige Antworten bekommen: Zu viele. Die zutreffende Antwort lautet jedoch "Null", mehr noch: Selbst in den Jahren mit einem Primärdefizit im griechischen Haushalt flossen netto Milliardenbeträge für Zinsen aus Griechenland ab.
Alexis Tsipras, Rede des Ministerpräsidenten Griechenlands, Alexis Tsipras. gehalten vor der parlamentarischen Fraktion von SYRIZA am 17.02.2015 [ Februar 2015 ]
In seiner Rede vom 17.02.2015 berichtet Alexis Tsipras über erste Veränderungen in Griechenland nach dem Wahlsieg von SYRIZA. Insbesondere geht er auf die Verhandlungen zum Memorandum im Europäischen Rat und der Eurogruppe ein.
Ingo Schmidt, Draghi-Juncker oder Tsipras-Varoufakis: Wer gibt in Europa den Ton an?. [ Februar 2015 ]
Die Hoffnung auf ein Ende der Troika-Diktatur und ihrer Sparprogramme hat die Wahlen in Griechenland entschieden. Seit Tsipras und Varoufakis über eine Streichung oder Umschuldung der griechischen Auslandsschulden verhandeln, geht in anderen Hauptstädten der Eurozone die Angst um. Die Regierungen in Dublin, Rom, Madrid und Lissabon, die der Troika weiterhin verpflichtet sind oder deren Politik in vorauseilendem Gehorsam umgesetzt haben, fürchten den Aufstieg linker Anti-Troika-Parteien nach dem Vorbild Syrizas. Quer durch die Eurozone fürchten Regierungsmitglieder, dass Gelder der Troika nicht weiter auf dem Umweg über Athen in die Taschen ausländischer Gläubiger geleitet werden können.
Gregor Kritidis und Patrick Schreiner, Griechenland: SYRIZAs Dilemma und die verlogenen Reaktionen in Deutschland. [ Januar 2015 ]
Dass die griechische Linkspartei SYRIZA einen fulminanten Wahlsieg landete, ist mehr als erfreulich. Es ist ein klares und deutliches Signal an Brüssel und Berlin, dass die griechischen WählerInnen die bisherige Austeritäts- und Kürzungspolitik nicht weiter hinzunehmen bereit sind. Dass SYRIZA nun eine Koalition mit der rechtskonservativen ANEL eingegangen ist, mag unappetitlich sein. Es ist eine schlechte Lösung – aber angesichts der Umstände doch die am wenigsten schlechte von allen möglichen.
Gregor Kritidis, Griechenland vor der Wahl. Eine Syriza geführte Regierung könnte das Ende der Austeritätspolitik einleiten [ Januar 2015 ]
Kaum war die Nachricht eingetroffen, daß in Griechenland für den 25. Januar 2015 Neuwahlen ausgeschrieben worden sind, reagierte die Bundesregierung: Via Spiegel ließ sie inoffiziell verkünden, dass im Falle eines Wahlsieges der Koalition der Radikalen Linken SYRIZA, ein Grexit – das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone – auf der Tagesordnung stünde.
Gregor Kritidis, Success-Story ohne Demokratie. Zur Etablierung des postdemokratischen Maßnahmestaats in Griechenland [ Juli 2014 ]
In kaum einem Land der EU ist es im Zuge der Weltwirtschaftskrise zu derart starken sozialen und politischen Verwerfungen gekommen wie in Griechenland. Seit dem Abschluß der Kreditverträge vom Mai 2010 zwischen den Staaten der Eurozone sowie dem IWF einerseits und der Republik Griechenland andererseits steht das Land unter Kuratel. Die gesellschaftliche Gestaltung mittels des Staates ist mit diesen Verträgen quasi suspendiert worden. Seit 2010 bestimmen die Vertreter der Gläubiger die politische Agenda, und zwar in umfassender Weise. So wurde nicht nur das Budgetrecht des Parlaments vollkommen ausgehebelt, mit den Maßnahmen wurde eine Transformation der gesamten Gesellschaft nach neoliberalen Vorstellungen ins Werk gesetzt. Besonders dramatisch sind die Eingriffe ins Tarif- und Arbeitsrecht, wobei das ausdrückliche Ziel die Senkung von Löhnen und Gehältern auch im privaten Sektor ist. Durch die Verträge und die mit ihnen verbundenen Memoranda wird der griechischen Regierung genau vorgeschrieben, welche Maßnahmen in welchem Zeitraum zu vollziehen sind.
Gregor Kritidis, Krise und Formen alternativen Wirtschaftens in Griechenland. [ September 2013 ]
Griechenland befindet sich in einer dramatischen Transformationskrise. Im Zuge der allgemeinen Verarmung sind zahlreiche Projekte entstanden, die zu einem Überleben der Bevölkerung beitragen und Keimformen einer neuen Gesellschaft enthalten.
Gregor Kritidis, Die doppelte Spaltung Europas und die Zukunft der Europäischen Union. [ Mai 2013 ]
Die Revolte im europäischen Süden hat mit Macht die Frage der Zunkunft Europas, insbesondere der Zukunft der Eurozone auf die Tagesordnung gesetzt. Je mehr sich die Krise durch die Gesellschaften Europas frißt, desto stärker werden die bisherigen Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt: Die konsequente Verweigerung der Fünf-Sterne-Bewegung Grillos, sich für eine Fortsetzung des europäischen Austerity-Kurses in die Pflicht nehmen zu lassen, die in scharfen Tönen vorgetragene Kritik französischer Sozialisten an der Bundesregierung, der Vorschlag der griechischen SYRIZA für eine "Allianz des Südens", das Votum der zypriotischen AKEL für einen Austritt aus der Eurozone – die Druckwelle aus dem europäischen Süden hat mittlerweile Brüssel erreicht, wie EU-Komissionspräsident Barrosos Plädoyer für ein Ende der Spardoktrin belegt.
Gregor Kritidis, Testfall Zypern?. Der griechische Teil Zyperns ist der nächste Dominostein im europäischen Krisendrama [ Februar 2013 ]
Den Antrag auf EU-Finanzhilfe hat die Regierung Zyperns vor langem gestellt – seit Sommer letzten Jahres ist die Insel offiziell zu einem Fall für den europäischen Rettungsschirm geworden, seitdem wird über die Konditionen der "Rettung" verhandelt. Diese Entwicklung war vorhersehbar, es muß eher überraschen, daß es erst im fünften Jahr der Weltwirtschaftskrise zu dieser Zuspitzung gekommen ist.
Gregor Kritidis, No Staatsbankrott in Greece. Die griechische Bevölkerung kämpft verbissen für den Staatsbankrott - EU, IWF und die griechischen Eliten unternehmen alles, um Griechenland zu "retten" [ Januar 2013 ]
Man kann darüber spekulieren, ob die in erfrischendem deutsch-englisch abgegebene Garantieerklärung des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble für Griechenland in Singapur Mitte Oktober geplant war: "It will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece". Die "bedrückende sprachliche Unbekümmertheit", so die Neue Züricher Zeitung, machte vor allem deutlich, was spätestens nach der Ankündigung der EZB, im Fall des Falles unbegrenzt Staatsobligationen aufzukaufen, jedem klar sein konnte: Eine griechische Staatspleite wird es nicht geben. Genauer: Die Regierungen der EU-Länder werden alles unternehmen, damit die Staatsschulden weiter bedient werden.
Karl Heinz Roth, Griechenland und die Euro-Krise. [ Januar 2013 ]
Da war großes Staunen bei den Kommentatoren in deutschen Medien, und auch ein bißchen Neid auf solch eine »Trickserei«: Der griechische Staat kauft für rund zehn Milliarden Euro eigene Anleihen im Nominalwert von circa 30 Milliarden von Anlegern zurück, das Geld dafür leiht er sich beim Europäischen Stabilisierungsfonds. Seinen Schuldenstand verringert er damit um rund 20 Milliarden, und zugleich kann er eben deshalb wieder leichter neue Schulden machen.
Gregor Kritidis, Keine Sterne in Athen. Die Wahlen in Griechenland sind ein Seismograph für die Krisendynamik innerhalb der EU [ Juni 2012 ]
Die Bindung an Europa – das war lange Jahre ein weitgehend positiv besetztes Ziel sowohl der politischen Klasse, der ökonomischen Eliten als auch der Bevölkerung in Griechenland. Mit der stetigen Verschärfung der Brüsseler Krisenpolitik sowie einer Enteignung und Verarmung der Mittel- und Unterschichten ist das Ansehen des europäischen Sternenbanners jedoch vollkommen ramponiert worden. In den letzten zwei Jahren hat in Griechenland eine breite Massenbewegung die von der EU und dem IWF verordnete Austerity-Politik erbittert bekämpft.
Gregor Kritidis, Parlamentarische Demokratie als Attrappe. [ Januar 2012 ]
Als am 21. April 1967 die Panzer durch Athen rollten und bei Razzien tausende Repräsentanten der politischen Linken verhaftet wurden, kam selbst bei unbedarften Zeitgenossen kein Zweifel über den Charakter des neuen Regimes auf. Seitdem haben sich die Methoden verfeinert: Nicht mehr mit roher Gewalt, sondern mit den subtilen Mitteln ökonomischer und politischer Erpressung werden Verfassungen ausgehebelt und Grundrechte aufgehoben.
Gregor Kritidis, Testfeld Griechenland. Die Diktatur der Gläubiger ist das Pilotprojekt für den Angriff auf die Unter- und Mittelschichten in ganz Europa [ März 2010 ]
Die Botschaft des informellen EU-Krisengipfels am 11. Februar war eine doppelte: Im äußersten Notfall werde die EU Griechenland finanzielle Unterstützung gewähren; gegenwärtig bestehe dazu aber keine Notwendigkeit. Bevor über konkrete Maßnahmen beraten werde, müsse die griechische Regierung selbst alle Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung ausschöpfen. Damit hat sich mit französischer Kooperation die restriktive Linie der Bundesregierung gegen die Interessen der anderen EU-Staaten, die – wie Spanien, Portugal, Italien und Irland – mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind, durchgesetzt. Dass dennoch direkte Finanzhilfen notwendig werden könnten – zeitweise wurden 25 Mrd. Euro diskutiert – will niemand bestreiten.
Gregor Kritidis, Die Revolte der prekarisierten Jugend in Griechenland. Der Polizist Epaminondas Korkoneas hat nicht nur einen Schüler erschossen, gleichzeitig hat sein Projektil auch die Vitrine des ´modernen Hellas´ zersplittern lassen [ Dezember 2008 ]
Der Proteststurm, den die Erklärung Korkoneas' auslöste, läßt sich in der Aussage zusammenfassen, nun sei Alexis Grigoropoulos zum zweiten Mal erschossen worden. Die "dreiste" und "provokative" Stellungnahme des Polizisten (so die linksliberale Tageszeitung To Ethnos) hätte jedoch nicht treffender zum Ausdruck bringen können, mit welcher Ignoranz und Realitätsverweigerung Regierung und Behörden auf die gesellschaftlichen Verwerfungen des heutigen Griechenland reagieren: Wer sich nicht konform verhält, und sei es nur durch den Aufenthalt im "falschen" Stadtteil, offenbart ein abnormes Verhalten, ist ein potentieller Chaot und Staatsfeind.
Gregor Kritidis, Wege aus dem Irrgarten. Budenzauber der Moderne in Athen [ Juli 2007 ]
Tradition und Moderne - mit diesem Begriffspaar wird in Reiseführern und wissenschaftlichen Publikationen gerne die griechische Gesellschaft charakterisiert. Alte Leute auf dem Rücken von Maultieren und junge Leute in Internet-Cafés illustrieren diese Gegenüberstellung. Eine zutreffende Charakterisierung?
Gregor Kritidis, Kollisionskurs in Griechenland. Die Ideologie der Modernisierung in Hellas nähert sich dem Ende [ Dezember 2000 ]
Für die griechische Linke stellt der geplante Beitritt Griechenlands zur Europäischen Währungsunion eine historische Herausforderung dar. Die mit der Erfüllung der Maastrichter Konvergenzkriterien verbundene Durchsetzung neuer Formen gesellschaftlicher Herrschaft hat in den 90er Jahren mehrfach zu schweren sozialen und politischen Konflikten geführt.
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