Mit Deinem sehr aufschlußreichen und z.T. belustigenden Artikel Esoterik und Herrschaft hast Du ein Faß aufgemacht, daß in Gänze zu leeren in einem Artikel schwer zu leisten wäre. Einen Aspekt, den Du noch nicht erwähnt hast, der mir aber wichtig erscheint, möchte ich als Assoziationskette kurz anreißen, von dem ich mir quasi als Einschätzung des Zeitgeistes einiges verspreche und über das ich von Dir gerne einige Gedanken erfahren würde.
Ich stelle mir die Frage, inwieweit das Phänomen der Esoterik ausgehend von der modernen Religionskritik zur Zeit der Aufklärung und im Zusammenhang der bürgerlichen Revolutionsepoche als ein Resultat mißglückter Säkularisierung und deshalb als Entsäkularisierung verstanden werden kann. Mit anderen Worten: wäre es nicht denkbar, daß sich die westliche Zivilisation aufgrund der Fortexistenz des Jammertals, von dem Marx gesprochen hat und das der Religion zu ihrem dialektischen Ausdruck von Quietiv (Opium des Volkes) und Protestation (Kritik des Jammertals) verhilft, Ersatzreligionen schafft. Die Esoterik erscheint mir als eine adäquate Ideologie bezogen auf eine völlig abstrakt gewordene Gesellschaft, die den Begriff von sich selbst verloren hat, mithin in einer völligen Unübersichtlichkeit hängt und zugleich totale Verunsicherung und Orientierungslosigkeit in den Vereinzelten produziert. Ein Bewußtsein, das das gesellschaftliche Ganze nicht mehr erfassen kann, ist notwendig esoterisch, auch wenn die Esoterik von Ganzheitlichkeit spricht. Esoterik als Aroma der gegenwärtigen Transformationsprozesse und als vorläufiges Medium für einen Nährboden, auf dem zunächst sozialdarwninistische, dann faschistoide Lebensformen subkutan eine neue Qualität erreichen könnten. Die gegenwärtigen Transformationsprozesse könnten allgemein bestimmt werden als Auflösungsprozeß und damit als Verschwinden von Gesellschaft. Die Postmoderne, die darin die Affrimation des Nicht-Subjekts, der Nicht-Geschichte usw. betreibt, wäre Blindheit vorzuwerfen, Andererseits könnte man an der Kritik der Esoterik wie an der Postmoderne überhaupt aufzeigen, wie das gesellschaftliche Ganze einer substantiellen Erosion ausgesetzt ist, welche ebenso nicht spurlos an den Subjekten und damit an den Bedingungen von Geschichte (im Hegelschen und auch im Marxschen Sinne) vorbeiziehen wird. Keine Emanzipation ohne Vernunft. Aber auch nicht ohne eine Vernunft, die die Bedürfnisse der Menschen, die in der Esoterik zum Ausdruck kommen, ernst nimmt und in sich als entideologisierte aufnimmt. Die Kritische Theorie (Adorno) hat hierzu schon einige Überlegungen angestellt. Es wäre aber sinnvoll, an diesem Punkt eine weiterreichende Theorie zu entwickeln ...
Wissenschaftliche Analyse und politischer Widerstand
28. Feb. 2001, 10:19
Lieber Utz Anhalt,
Dein Aufsatz war für mich eine Fundgrube an Informationen, Zusammenhängen und nützlichen Literaturhinweisen. Danke!
Ich möchte Dir einen Vorschlag machen: da ich der Meinung bin, dass ideologie-/kultur-/gesellschaftskritsche Menschen die (noch?) vorhandenen öffentlichen Freiräume nutzen müssen, um den permanenten Projekten der Menschheitsverdummung mit Aufklärung entgegenzutreten, könntest Du doch beispielsweise als "Trojanisches Pferd" oder so in Nazi-Foren auftreten und dies anschliessend dokumentieren. - Etwa in der taz oder sogar im TV. Ich nehme z. Zt. sehr engagiert an verschiedenen taz-Diskussionsforen teil.
Da ich keine eMail-Adresse hinterlassen möchte, würde ich mich freuen, wenn Du dort einmal vorbeischauen würdest.
Die Fragen, die Utz Anhalt in seinem Artikel aufwirft, sind wichtig und müssen gestellt
werden. Warum aber enthält der Artikel ein Steiner-Zitat, daß es gar nicht gibt (eine
Quelle ist nicht angegeben, kann auch nicht angegeben werden). Steiners Darstellung
des Bösen ist komplizierter, die Auffassung: "Das Gute muß hinein, das Böse muß hinaus"
kritisiert er allerdings nun gerade (siehe seine Essäer-Interpretation!).
Das Böse ist nach Steiner in jedem Menschen permanent anwesend (da ist er sich mit
Stephen King ziemlich einig!), auch in allen AnthroposophInnen. Das ist auch nicht schlimm,
denn es kann bewußt gemacht und verwandelt werden (Joe Cocker: "Wenn ich nicht
Sänger geworden wäre, wäre ich Krimineller geworden".
Wer der Frage der Interpretation des "Bösen" in Steiners Werk nachgehen will, der lese
die beiden Flensburger Hefte Nr. 60: Die Impulse der Bösen am Jahrhundertende. (Flensburg
1998) und Heft 61: Die Geheimnisse von 666 (Flensburg 1998). Dort findet sich eine Menge
nachdenkenswertes Material.
Es wäre schön, wenn man zu einer differenzierteren Gangart finden könnte. Ich kenne mich ja auch sozialistisch besser aus als esoterisch. Aber das wenige, das ich inzwischen weiß, hebt sich doch sehr diesen Verallgemeinerungen und Verurteilungen hier ab. Dass es auch linke, verstandes-orientierte Esoteriker gibt, scheint völlig ausgeschlossen. Ich selbst konnte aber nichts anderes in Erfahrung bringen!
Schon 1936, zwei Jahre nach den oben genannten problematischen Äußerungen, hält er einen Vortrag in London, wo er sich bestürzt über die politische Entwicklung in Deutschland äußert:
"Wenn vor dreißig Jahren jemand vorauszusagen gewagt hätte, daß die psychologische Entwicklung in Richtung eines Wiedererwachens mittelalterlicher Judenverfolgung gehen, daß Europa erneut vor den römischen Liktorenbündeln und unter dem Marschtritt der Legionen erzittern würde ... und daß statt des christlichen Kreuzes eine archaische Swastika Millionen von Kriegern zu Todesbereitschaft anködern würde - man hätte diesen Mann als einen mystischen Narren verschrien. Und heute? So bestürzend es erscheinen mag, dieser ganze Wahnsinn ist gräßliche Wirklichkeit."
Schade netter Versuch aber der Artikel ist dermaßen tendenziös und auch einfach falsch das er die Bytes nicht wert ist die zum Speichern aufgewendet wurden...
Wer Rudolf Steiner des Wahnsinns und Rassenhasser bezichtigt, hat wohl selbst nicht viel in der Birne oder weiß gar nichts über ihn zu sagen. Doch weil man gerne Tote hasst, die sich nicht mehr wehren können, kommen manche Schwächlinge daher und labern Müll am laufenden Band. Die Impotenz des Denkens ist wohl an der Tagesordnung. Wer auch immer Steiner mit Rassenhass assoziiert verfällt zwangsläufig dem Bösen oder steht unmittelbar mit ihm im Bunde (ach ja, das Böse gibt es ja gar nicht! Frage mich nur woher die ganzen Massenmörder herkommen???). Wer auch immer diese Zeilen tatsächlich geschrieben hat, hat sowieso schon ausgedient!
Wenn all diese Strömungen und ihre Implikatoren die Welt in diesen
Zustand gebracht haben, dann wird es Zeit für neues Gedankengut !
Die Angst vor dem Neuen, ohne sich auf Althergebrachtes zu berufen
ist groß, zu groß für Unentschlossene, Speichellecker und Windel-
träger . Sich gegen die Traditionen zu stemmen bedeutet ihre
Essenzen auf einen neutralen Nenner zubringen, um selbst das
vermeintlich dümmste Individuum auf den rechten Weg zu bringen .
Glauben heißt nicht Wissen, und wer den Bereich des Schlafes nicht
intuitiv erfasst und realisiert, den hat der ´Teufel´ an den ´Eiern´.
Das jüngste Gericht läßt grüßen ( C.G. Jung´s Archetypen )!
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold !? Doch was schert mich der
schnöde Mammon !
Gleich welcher ethnischen und/oder gesellschaftlichen Abstammung,
das Individuum ist mit einer Intelligenz zur Welt gekommen, die der
Mensch bisher kaum beachtet .
Mich hat diese Intelligenz über 8 Kilometer bei Tempo 120 während
eines Nickerchen am Steuer meines Kfz´s am Leben gehalten .
Du als Autor hast 99% Deines Wissens über diese Dinge aus fremder Anschauung (Literatur etc.). Genau so viel ist auch Dein Werk wert: 1% ok, der Rest Schrott, da nicht durch eigene Erfahrungen autorisiert.
Wie viele andere Linke redest Du / schreibst Du über gesellschaftliche Zustände, von denen Du ein Teil bist und die Du daher jeden Tag mit verursachst, nur indem Du lebst. Damit ergeht es Dir nicht anders als dem höchsten Topmanager oder dem höchsten Politiker. Auch die können nicht entscheiden, die Welt per Idee zu verbessern. Das System ist verflochten, alles hängt von allem ab, dafür hat die "geistige Welt" schon gesorgt, schon deshalb, damit hier nicht eine Regierung oder Idee die Weltherrschaft übernehmen kann.
Es gibt Menschen, die versuchen, sich geistig zu emanzipieren, z.B. um weniger auf Suggestionen anderer hereinzufallen. Das Wissen, das dazu nötig ist, gibt es nicht beim Zeitschiftenhändler und schon gar nicht auf der Uni. Da ist es doch ganz gut, einen Menschen zu kennen, der einem da weiterhelfen kann. Inwieweit der dafür Geld nimmt oder nicht, ist ganz allein seine Sache und hat überhaupt nichts mit Herrschaft zu tun. Natürlich wird auch in diesem Bereich zu 99% Schrott angeboten wie überall (Lehre, Unis, Schule, Parteien etc.) Ich habe jedoch Ausnahmen persönlich kennengelernt, bin daran gewachsen und habe mich schließlich auch davon emanzipiert.
Du kannst nicht beurteilen, inwieweit ein Seminar etwas für die konkrete Weiterentwicklung bringt oder nicht, denn dafür müßtest Du es besuchen, und zwar mit ehrlichen, offenen Absichten statt Vorurteilen. Wenn Dir die Erfahrungen fehlen, verschone bitte Deine Mitmenschen mit Deinen Ergüssen. Weder Du noch sonst irgendjemand kann diese Welt heilen, es kann nur jeder sein Leben so gut wie möglich leben, der Landarbeiter wie der Banker und Du selbst auch, und versuchen, sich so wenig wie möglich korrumpieren zu lassen. Und jeder kann lernen, selbst zu denken, das schaffst Du auch. Viel Spaß dabei!
Ich kann Ihnen versichern, dass die ödp keinerlei biologistische (oder rechte) Inhalte vertritt und bitte darum, dies auch nicht zu verbreiten.
MfG
V. Häggberg
ödp Landesgeschäftsftsführerin Hamburg