Der Aufsatz von Marcus Havel ist hervorragend und sehr aufschlussreich.
Ich möchte noch darauf verweisen, dass die Geschichte in Wellen verläuft. Das Pendel schwingt hin und her. Könnten wir nicht mehr aus der Vergangenheit lernen? Ein Beispiel für die großen Zyklen der Geschichte ist, als vor über hundert Jahren Millionen arme Europäer die Alte Welt in Richtung Amerika oder Australien verließen. Heute drängen größere Millionenmassen zurück. Und jetzt gibt es offensichtlich weniger Platz auf der Erde, um sie aufzunehmen.
Wenn wir weiteres unermessliches menschliches Leid (auch das unermessliche Leid unserer nichtmenschlichen Lebewesen) vermeiden wollen, müssen wir die Kluft zwischen Arm und Reich schließen. Sonst wird auf dem Boden der Polarisierung die soziale, politische und religiös fundamentalistische Radikalisierung weiter fortschreiten und in eine Katastrophe führen.
in deinem Text zu Huntington sind viele gute Gedanken enthalten. Was ich sehr wichtig finde, ist, von dem Standpunkt der höchst eigenständigen Tradition der Aufklärung und des Humanismus aus, zu analysieren, was der rechtsradikale Huntington unter Kulturen versteht. Bei genauerer Einsicht handelt es sich um ein Konstrukt, dass der klassischen Melange von Reaktion und Klerus, christlicher Verdummung und kapitalistischer Moral entspricht.
Vergegenwärtigt man sich, dass der Kampf für die Menschenrechte gegen diesen Klerus und später gegen die Bourgeosie, eine höchst eigenständige Tradition hat -und zwar weltweit- wird deutlich, dass wir uns tatsächlich in einem "Kampf der Kulturen" befinden. Dieser sieht aber völlig anders aus, als Huntington suggeriert. Evangelikale in den USA, Kreationisten wie Althaus in Thüringen, Hindufaschisten in Indien, christliche Dschihadisten und islamistische Kreuzritter stehen in Todfeindschaft allem gegenüber, was das Leben erträglich macht: Freiheit der Kunst und Wissenschaft, aufklärerisches Denken, kritische Rationalität statt durch Terror verfestigter Irrationalität etc..
In diesem "Kampf der Kulturen" stehen George W. Bush und Ussama Bin Laden auf der gleichen Seite der Barrikade und statt vor jeder weltanschaulichen Borniertheit den Kopf einzuziehen,dem ehemaligen Großinquisitor Ratzinger und den Mullahs den "Dialog der Religionen" zu überlassen, sollten wir laut die Satiren von Diderot oder Voltaire, von Goethe oder Most über den religiösen Wahn vorlesen und drucken. Die subversive Kraft des Humors gehörte schon immer zu den Waffen, gegen die die klerikalen Feinde der menschlichen Vernunft nichts Gleichwertiges anzubieten haben. Nicht Deutschland wird am Hindukusch, sondern der Humanismus auch in Deutschland verteidigt. Wer über die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan redet, sollte über religiöse Hassprediger wie Kardinal Meißner nicht schweigen.