Nach dem 11. September 2001, so hieß es, sei nichts mehr wie es war. Tatsächlich begann bereits 1990 mit dem Golfkrieg ein neues Kapitel in der Geschichte der internationalen Kriege. Nach dem Zusammenbruch der UDSSR ging die Weltmacht USA als Sieger des Kampfes um weltweite Dominanz hervor.
Das Mittel des Krieges läßt sich schwer von Herrschaft trennen – und doch ist meist dort, wo Krieg geführt wird, die Herrschaft nicht so stark gesichert, wie man glauben mag. Das Wechselspiel zwischen Macht und Gewalt deutet meist auf ein Machtvakuum hin, in der der Krieg »die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln« darstellt. Dieser Ausspruch wirft auch ein Licht auf die Politik des vermeintlichen Friedens: Der »Krieg im Frieden« (Sartre) ist die Politik der vermeidlich ruhigen Zeiten.
Ausgestattet mit einem Waffenarsenal, welches die Zukunft der ganzen Menschheit gefährdet, hat sich das Wesen des Krieges im letzten Jahrhundert maßgeblich geändert. In der Propaganda erscheinen die Kriege der Westmächte seit dem Golfkrieg als »saubere, mit chirurgischer Präzision«. Tatsächlich hinterlassen auch sie Berge von Toten. Die neuen Imperialmächte haben seit Vietnam gelernt, daß die Anzahl der ins Heimatland zurückkehrenden Zinksärge in direktem Verhältnis zur Zustimmung der Bevölkerung steht, und so inszenieren sie den Krieg als unblutiges Schauspiel. Die Macht der Interessen reicht weit: Rohstoffe, geostrategische Überlegungen, Eroberung neuer Märke, usw. Und dennoch haftet Kriegen ein Moment der Eigendynamik an. Selten in der Geschichte fand ein Krieg ohne Massaker statt. Ob gewollt oder nicht, die Taktik des Terrors gegen die Zivilbevölkerung gehört seit Guernica zum Repertoire der Militärs und erfüllt die wichtige Funktion der Restrukturierung der Ausbeutungsverhältnisse: der Terror gegen die Zivilbevölkerung »flexibilisiert« die Menschen durch psychische Verelendung in Folge von Hunger und Not und der daraus resultierenden Vertreibung.
Nach dem Angriff aufs World Trade Center begann der sogenannte »Krieg gegen den Terror«, der immer mehr zum selbst ausgestellten Blankoscheck der USA wird. So wie die USA in Mittelamerika – dem amerikanischen »Vorhof« – seit Jahrzehnten ein Garant für die Stabilität von Diktaturen und für die Niederschlagung von Volksaufständen war, deutet sich nun an, daß diese Politik in größerem Maßstab weitergeführt werden soll.
Mit dem Zusammenbruch der UDSSR geriet das ehemals feste Weltgefüge auseinander. Was einst unter der Kontrolle der Sowjetunion stand, ist nun der Neuordnung der Kräfte ausgesetzt. Die sich auf dem Weg zu den »Vereinigten Staaten von Europa« befindende EU machte durch ihre Beteiligung im Krieg gegen Jugoslawien deutlich, daß sie den Weg »Amerika fights and Europe pays« nicht länger mitgeht und beginnt, eigene weltpolitische Ansprüche zu stellen, die sich immer weniger mit denen der USA decken.
In Deutschland wird gegenwärtig die Geschichte des letzten Jahrhunderts umgeschrieben. Als »selbstbewußte Nation« geistert durch den Blätterwald der Presse die Mähr vom erneuten Auschwitz, das durch deutsche Truppen verhindert werden soll. Auschwitz wurde damit nicht nur von Deutschen begangen – sondern von allen. Die große Lehre: Auschwitz wird durch Krieg verhindert. Damit reiht sich Deutschland nachträglich zwischen den alliierten Kriegsgewinnern ein und macht aus der alten Maxime »Nie wieder Krieg« ein »Wir führen jetzt Krieg, um Auschwitz zu verhindern«. Zu den Vorbereitungen der neuen Kriegsnation gehört unter anderem die radikale Einschränkung von Bürgerrechten. Im Falle der Krise kann so gegen eine entstehende Opposition vorgegangen werden.
Die Konturen einer neuen Weltordnung werden langsam deutlicher. Um Ihre Grenzen, Taktiken und Ziele, sowie um Opposition aus sozialistischer Perspektive geht es den Beiträgen in diesem Dossier.
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