Hallo Christian, interessanter Aufsatz, der Gramsci war halt ein schlauer Kopf. Mir scheint in diesem Zusammenhang der Begriff des "demokratischen Sozialismus" von entscheidender Bedeutung zu sein. Die Voraussetzungen dafür, das eine Klasse für sich sich selbst aus eher dezentralen Strukturen und kleinen Organisationseinheiten selbst ein Bewusstsein von sich verschafft, sind heute einerseits wirklich besser als zur Zeit Gramsci´s, etwa hinsichtlich des vorhandenen Bildungsniveaus; klar wenn wir die Sozialstruktur Italiens zur Zeit Gramsci´s betrachten würden. Sie sind auch dann besser, wenn die Bildungsinhalte die Interessen der herrschenden Klasse übergewichten. Andererseits sind die lebensweltlichen Bezüge diffuser geworden, deswegen ist nicht ganz klar ist, worin sich ein gemeinsames Interesse artikulieren kann, wenn die Alltagskultur keine Entsprechung in Klassenstrukturen findet bzw. diese nicht mehr selbstverständlich geworden, sondern höchstens durch Not wieder erzwungen sind. Gelegentlich sich öffnende Fenster scheinen nicht zu genügen Klasseninteressen auf den Punkt zu bringen und andere schreiben dies der zunehmenden Individualisierung zu. Damit wird auch eingestanden, das eine Selbsterklärung über die Berufsgruppenidentität und die unmittelbar erfahrene Arbeitswelt nicht ausreicht um Solidaritäten dezentral herzustellen. "Advent, Advent, die Kerze brennt", deswegen: Jenseits von Zusammenbruchstheorien mit ihren in die Zukunft verschobenen Systemwechselphantasien kann eine Partei, wie straff organisiert auch immer, nur Anregungen für Möglichkeiten und Zielsetzungen der Organisation von Solidaritäten für etwas geben, Anregungen aus der kapitalistischen Umwelt kann eine Partei heute dafür zur Genüge finden. Eine Partei muss heute aus der Opposition realistische Möglichkeiten anbieten können, wie sie die Regeln nach denen die Gesellschaft sich verändern soll, heute gestalten würde, wenn sie die Möglichkeit dazu heute hätte, das ist kein Kommunikationsproblem wie die Sozialdemokratie vorgibt. Sie muss nur so ehrlich sein, einzugestehen, das sie hierbei auf die Sozialdemokratie angewiesen ist, wenn sie nicht ausschließlich Bewegung sein, sondern Klasseninteressen in die Praxis umsetzen will. Das die Sozialdemokratie sozialer durch linke Bewegungen wird, hat sie den Arbeitsmarkt betreffend aus meiner Sicht nicht bewiesen, sie möchte eher die Armutsverwaltung verbessern, was halt weder als Verbesserung noch als sozial empfunden wird und auch nicht einer Verbesserung von Leistungen der Sozialversicherung insgesamt entspricht, das Gegenteil ist der Fall. Dort, wo sie regiert, wird sie durch den Kakao, den sie sich selbst gekocht hat, gezogen und privatisiert und verscherbelt dazu als Folge einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik noch öffentliches Eigentum. msg JH