Bücher unserer RedakteureMarcus HawelDie normalisierte NationVergangenheitsbewältigung und Außenpolitik in DeutschlandWie "normal" kann Deutschland sein? Und hat der Schriftsteller Martin Walser mit seiner Paulskirchen-Rede 1998, wie Kritiker befürchten, die lauter werdende Forderung nach einem historischen "Schlussstrich" unter die deutsche Schande hoffähig gemacht? Als Repräsentant einer Mehrheit im normalisierten Deutschland wollte Walser sich die "Kontamination jüngst erlangter Normalitätsseligkeit nicht mehr gefallen lassen", schreibt der israelische Historiker Moshe Zuckermann in seinem Vorwort zu der Studie "Die normalisierte Nation" des Politikwissenschaftlers Marcus Hawel. In jedem Fall wirft die Rede von den Deutschen als "ganz normales Volk" (Walser) Fragen auf: Was bedeutet im Zusammenhang mit staatspolitischer Theorie und Praxis überhaupt Normalisierung? An welchen politischen, kulturellen, moralischen Normen orientiert sich deutsche Normalität? In seinem Buch zeigt Hawel "wie sich parallel zur geschichtlichen und ökonomischen Entwicklung der Norm- Begriff verändert und ein Normalitätsbegriff entfaltet". Zur Veranschaulichung zeichnet er Stationen des historischen deutschen Sonderwegs nach: von der verspäteten Nation, über den Nationalsozialismus – Höhepunkt der Abweichung von jeglicher Norm und Normalität –, der geteilten Nation, bis hin zu ihrer Entlassung in die vollständige Souveränität 1989/90. Die deutsche Einheit ist Ausgangspunkt von Hawels kritischer Betrachtung der politischen Praxis im Hinblick auf die Auswirkungen der Normalisierung. Für die Außenpolitik bedeutet sie vor allem "die Wiederherstellung von 'Kriegsfähigkeit'", mit der sich Deutschland schnell in der ersten Reihe der Akteure europa und weltpolitischer Umwälzungen zurückmeldete. Bei aller Skepsis gegenüber deutscher Normalität – am Ende zeigt Hawel dem Leser einen friedlichen Ausweg. (Susann Witt-Stahl, Kieler Nachrichten, vom 23.06.08)
448 Seiten, 25,80 Euro | ||
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