Im Herbst 1995 fand in der Evangelischen Akademie in Loccum eine erste Tagung mit dem Titel "Kapitalismus ohne Alternative?" statt. Diese Fragestellung verdeutlicht die defensive Position, in die alle emanzipativen Kräfte Mitte der 90er gekommen waren. Die gesellschaftliche Entwicklung, in der öffentlichen Debatte unter dem Schlagwort "Globalisierung" verhandelt, ging in Richtung Neoliberalisierung. In dieser Situation sollte die Loccumer Initiative nach dem Vorbild der englischen Fabian Society mit wissenschaftlich fundierten Interventionen in das politische Leben eingreifen und die fragilen gesellschaftlichen Orientierungsprozesse befördern. Durch das große Interesse an der ersten Tagung ermutigt, entschied sich der Vorbereitungskreis, weitere Tagungen folgen zu lassen.
Die Ergebnisse der zweiten Tagung vom Herbst 1996 erschien dann in Form einer Broschüre als Heft 1 der Schriftenreihe "Kritische Interventionen". Auch im weiteren wurden die Referate der Tagungen teilweise verschriftet und sind so einem breiteren Publikum zugängig. Die Brisanz der Themen hat sich in der Vergangenheit immer wieder bestätigt. So hat Helmut Schauer bereits 2000 auf der Tagung "Rot-Grün – noch ein Projekt?" die These aufgestellt, daß die Sozialdemokratie den Zusammenbruch der parteikommunistischen Variante der Arbeiterbewegung nicht dauerhaft überleben würde.
Wenn auch die erhoffte Breitenwirkung nicht stattfand, ist doch eine Ausstrahlung der Aktivitäten der Loccumer Initiative zu bemerken. Eine gemeinsame Tagung im Oktober 2005 mit jüngeren Wissenschaftlern aus der Redaktion des Online-Magazins "Sozialistische Positionen" mit dem Titel "Die Möglichkeiten einer anderen Welt", erweiterte das Spektrum der Beteiligten und verdeutlichte das Interesse an gemeinsamer Klärung gesellschaftlicher Fragestellungen.
Dies setzt sich in der Tagung von 2007 fort, die in Zusammenarbeit mit kritischen Intellektuellen der jüngeren Generation, der "Assoziation kritischer GesellschaftswissenschaftlerInnen" und dem Kreis um die Sozialistischen Positionen entstanden ist.
Im März 2008 verstarb Peter von Oertzen, einer der Mitbegründer der Loccumer Initiative. Die aktuelle Tagung 2008 befaßt sich mit seinen politischen Ansätzen und Forschungsschwerpunkten, die unter anderem Demokratietradition, Arbeiterbewegung und Sozialutopien in der Science-Fiction-Literatur umfaßten.
Das Jahr 2009 steht im Zeichen der Weltwirtschaftskrise, die ihren sichtbaren Anfang im Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes Mitte 2008 hatte. Mit populären und mitunter kopflos erscheinenden Aktionen, "Konjunkturpaketen" und "Rettungsplänen" wird versucht, das "Vertrauen in das Bankenwesen" wieder herzustellen und die Wirtschaft anzukurbeln. Die Beiträge sollen helfen, Ursachen der Krise zu Verstehen und ihre Auswirkungen abschätzen zu lernen. Letzlich ist das Ziel aber die Diskussion möglicher Alternativen zum bestehenden kapitalistischen System.