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Aber jetzt hat es die Partei ASG doch geschafft, in die Tageszeitungen zu gelangen: Über »Streit in der neuen Linkspartei« wird berichtet. Ein Bundesvorstandsmitglied habe den Rücktritt angedroht, wenn sozialistischen Revoluzzern innerparteilicher Spielraum zugestanden werde. Eine »Linkspartei« sei nämlich gar nicht geplant, sondern eine solche, die den Sozialstaat retten könne. Das klingt ein bißchen verwirrend, aber vielleicht kommt Licht in die Angelegenheit, wenn die Entstehungsgeschichte der ASG bedacht wird: Initiatoren waren einige Gewerkschaftsfunktionäre, gestandene Sozialdemokraten, die es satt hatten, an der Sozialdemontage der Regierung Schröder nur bei Maikundgebungen herumzukritteln. Sie wollten die Führung der SPD durch organisiertes Handeln unter Druck setzen – zunächst im Wege der Vereinsbildung mit der Drohung, aus dem Verein könne eine neue Partei werden. Der Rausschmiß aus der SPD war die Folge. Insofern lag dann der Schritt zur parteipolitischen Selbständigkeit nahe. Ein Anschluß an die PDS wurde nicht ins Auge gefaßt. Bei alledem blieb nach meinem Eindruck im Kreis der Initiatoren ungeklärt, ob das eigene Unternehmen die Parteienlandschaft in der Bundesrepublik vom Grunde auf verändern oder ob es nur durch zeitweilige Konkurrenz die SPD wieder auf den Pfad der sozialen Tugenden zurückbringen soll. Die zweitgenannte Absicht kommt mir unrealistisch vor. Die SPD ist ja nicht durch personelle Zufälle das geworden, was sie jetzt darstellt, und so gut, wie sich mancher enttäuschte Sozialdemokrat heute erinnern möchte, war sie auch in ihren besseren Zeiten nicht. Außerdem hat sich nicht nur das politische Konzept der SPD-Führung gewandelt, auch die Struktur dieser Partei ist anders geworden. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß eine Revitalisierung innerparteilicher Demokratie zu erwarten wäre. Viele tausende kritischer Mitglieder haben die SPD verlassen, hunderttausende von Wählerinnen und Wählern gerade aus der Arbeitnehmerbevölkerung haben ihr die Stimme entzogen, und es ist nicht damit zu rechnen, daß die Masse dieser Mitglieder oder WählerInnen zurückkehrt. Harmoniebekundungen hoher Repräsentanten der DGB-Gewerkschaften gegenüber der Regierung Schröder werden auch nichts daran ändern, daß die traditionellen Bindungen zwischen der gewerkschaftlichen Mitgliedschaft und der SPD zerfallen. Ist damit der politische Raum vorbereitet für eine neue Partei, für die ASG? Vor allem in Westdeutschland sind vielerorts engagierte soziale Demokraten (nicht nur ehemalige Sozialdemokraten) darum bemüht, dem neuen parteipolitischen Projekt auf die Beine zu helfen. Man täte ihnen keinen Gefallen, wenn man Probleme verschwiege und Fragen unterließe. Bei der nächsten Bundestagswahl und jetzt schon im Mai bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird die ASG mit der PDS um Stimmen konkurrieren. Das kann dazu führen, daß beide Parteien bei der Mandatsverteilung nicht zum Zuge kommen, was übrigens der SPD-Führung nur willkommen sein kann. Die PDS dürfte einen solchen Mißerfolg überstehen können aufgrund ihrer Verankerung in ostdeutschen Regionen. Für die ASG aber kann die Enttäuschung existenzgefährdend werden – dann jedenfalls, wenn sie ihre Ambitionen erstrangig auf einen raschen parlamentarischen Effekt richtet. Genau da liegt das Hauptproblem: Die Gründung einer neuen Partei und deren Wahlauftritt können aus sich heraus noch keine Korrektur der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zustande bringen. Parteipolitische und parlamentarische Aktivitäten gewinnen ihren Stellenwert nur dann, wenn sie im Zusammenhang einer sozialen und politischen Bewegung wirken und auf Antrieb und Rückhalt in außerparlamentarischen Aktionen und Infrastrukturen rechnen können, in der jeweiligen kommunalen Öffentlichkeit, in Betrieben, Gewerkschaften, Verbänden, Bürgerinitiativen. Der Aufstieg und Fall der grünen Partei ist da lehrreich: Zu Erfolg gekommen sind die Grünen in der Dynamik einer ökologischen Bewegung, dann aber verlorenen sie ihre politische Substanz oder wechselten sie aus; sie versuchten die Bewegung zu domestizieren, was ihnen teilweise gelang; schließlich trennten sie sich ganz von ihr. Es ist nicht zu wünschen, daß der zweite Teil dieses historischen Vorganges in einer linken Variante wiederholt wird, und ebenso wenig, daß eine neue »Sozialstaatspartei« die Opposition gegen einen ungehemmten Kapitalismus und gegen den Demokratieverlust in der Bundesrepublik ins Konventionell-Parteipolitische hin kanalisiert, noch bevor diese sich überhaupt kräftig entfalten kann. Der zunehmende Verdruß an dem in der Bundesrepublik herrschenden Parteienkartell hat seinen triftigen Grund nicht nur in der Weigerung, den Bruch mit der Sozialstaatlichkeit zu akzeptieren, sondern dabei wirkt auch das berechtigte Gefühl mit, die Wirtschaftsgewaltigen und die politische Klasse seien dabei, die Demokratie zur Farce zu machen. Eine Partei der gesellschaftlichen Opposition wird daran gemessen werden, ob sie selbst so etwas praktiziert wie Wiederaneignung demokratischer Fähigkeiten. Für einen parteipolitischen Restposten einstiger SPD-Versprechungen besteht kein Bedarf. Hingegen brauchen wir mehr Menschen, auch in Wahlkämpfen und in Parlamenten, die entschieden Partei nehmen – gegen Konzernherrschaft, gegen deren Gehilfen in der Politik und in den Berater- oder Generalstäben, von den massenmedialen bis zu den militärischen. Selbstverständlich ist es notwendig und nützlich, Alternativen zum Treiben des Parteienkartells zu entwickeln, wirtschaftspolitische, sozialpolitische et cetera. Aber demokratisches Leben kommt in die Geschichte nur, wenn Bürgerinnen und Bürger sich nicht mehr auf Stellvertreter verlassen, sondern wenn sie erkennen: So sollen wir, wenn es nach dem Willen der Gesellschaftsmanager geht, in Zukunft leben. Und wenn sie laut und deutlich klarstellen: So wollen wir nicht leben, das lassen wir uns nicht gefallen. Demokratie beginnt, die Historie zeigt es, mit dem Mut zur Opposition. Was das mit der ASG zu tun hat? Alles. So oder so. Nach der Programmkonferenz der ASG in Göttingen wußte die Frankfurter Rundschau zu berichten, ein Vorstandsmitglied der neuen Partei telefoniere häufig mit Oskar Lafontaine und könne sich vorstellen, daß dieser sich der ASG anschließe, wenn im Mai der Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag gelinge. Schön wär's wohl, wenn der ehemalige Vorsitzende der SPD aus seiner Kritik an dieser Partei die Konsequenz ziehen würde; schöner noch, wenn er das nicht erst nach einem Erfolgsbeweis der ASG täte. Aber wer sich auf politische Wunderwaffen verläßt, ist schon verlassen. Eine demokratische Bewegung ist etwas anderes als ein Wahlverein, der mit Medieneffekten kalkuliert und sich hauptsächlich mit Taktiererei beschäftigt wie einst in Juso-Zeiten. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 5/2005 |
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