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Ein Blick in den Wirtschaftsteil der Zeitung beweist: Allein die Erwerbslosenquote steigt und steigt. Falls der Nürnberger Analytiker in seiner Voraussage bestätigt würde, könnten Schröder/Fischer/Eichel nur mehr mit Notverordnungen regieren ...« Ob man Hartz IV Notverordnung oder von der Not verordnet nennt, ist in der Sache egal. Das Volk ist unruhig, die Regierung kopf- und ratlos, die Opposition verlogen und zerstritten, aber machtgeil. Als Ausweg aus dem Desaster deutet sich am Horizont das Duo Lafontaine/Gysi an, was ein Bündnis zwischen östlicher PDS und westlicher USPD (Unabhängige Sozis) ergäbe, wenn es denn gelänge, insgesamt also eine linke Sozialdemokratie wie einst unter Bebel, jedenfalls vor Godesberg. In Frankreich wie Italien gingen die alten Parteien übern Jordan. CDU und SPD sind nicht klüger, frischer und angenehmer, als es die vergangenen bürgerlichen und linken Parteien in Paris und Rom waren. Ihre Programme sind verstaubt, die Politiker verschlissen, die Wähler lustlos. Das böte einen guten Einstieg für tüchtige Reformatoren. Neben der Chance einer Erneuerung in Deutschland gäbe es jedoch auch viele Widerstände und Feinde. Die PDS müßte ihren Westaufbau auch offiziell für gescheitert erklären, linksradikale und kommunistische Genossen würden zur DKP/KPD abwandern oder sektenhaft ausscheren, die PDS geriete mit inneren Konflikten wieder unter die fünf Prozent, und die neue westliche Lafontaine-USPD wäre direkt abhängig von der Bild-Zeitung, deren Millionen Leser als inoffizielle Volkspartei einzuordnen sind. Bleibt noch die Frage nach der Haltbarkeit der Linksunion. USPD und PDS wären als Notgemeinschaft absolut aufeinander angewiesen: Entweder gemeinsam vorwärts oder über einen erneuten deutschen Ost-West-Konflikt endgültig ins politische Außenseitertum. Die bisherige Erfolglosigkeit der PDS im Westen jedenfalls hat politische und mentale Gründe. Und intellektuelle noch dazu. Zur Debatte steht, ob die Berliner Republik nach dem unkorrigierten Rechtskurs der Schröder-SPD noch die Energie zu einer gemäßigten, aber zuverlässig linken Volkspartei aufbieten kann. Die Erfahrung verneint das, doch die Erfahrung ist in Deutschland immer so reaktionär wie seine Herrschenden. Die größere Gefahr für das Bündnis läge in der Unterwanderung durch Geheimdienste. Es brauchte eine starke demokratische Urströmung, die feindlichen Delegitimierer zu marginalisieren. Doch eine Gesellschaft, die so viel erforderliche plural-demokratische Urwüchsigkeit nicht aufbrächte, befände sich sowieso in einem Zustand von Ungleichgewicht wie Weimar etwa 1930 und Ostberlin 1989. Zum Pleitegehen bedarf es keiner Diktatur. Beton in den Köpfen der politischen Klasse und ihrer Wort- wie Federführer reicht auch schon. Im Sinne des von Robert Kurz prognostizierten kapitalistischen Endzustandes änderte eine erneuerte Parteienlandschaft nichts an den destruktiven Kräften. Der Zerfallsprozeß ließe sich vielleicht abpolstern, ein wenig hinausschieben. Was bleibt, ist die Frage nach den Ursachen der sich anbahnenden und nur von ihren Urhebern und Nutznießern geleugneten Sozial-Katastrophe: Weltweit werden immer mehr Waren immer moderner und preiswerter produziert. Doch die Produzenten verarmen im gleichen Maße. Im Landesinneren der Berliner Republik zeigt sich der Prozeß modellhaft. Kräfte, die ihn leugnen, verstärken die Krise nur noch. Am 22. August bügelte ein wütender Minister Clement bei Christiansen zwei Frauen aus dem Publikum ab. Die eine berichtete von ihrer eigenen sich verschlechternden finanziellen Situation, die andere befürchtete mit Recht eine künftig weiter ansteigende Kinderarmut. Beide nannte Clement uninformiert und unglaubwürdig. Hochmut kommt vor dem Fall. Ob ein Bündnis Lafontaine-Gysi noch aus der Bredouille hilft, wissen wir nicht. Ohne politische Auswege aber eskaliert der Fall noch schneller zum Knall, der die schwarzen Löcher begleitet wie der Donner den Blitz. Die USA mit der stets präsenten Gewalt ihrer Militärmaschine verstricken sich immer tiefer in imperiale Abenteuer. Das sabotiert jede wirtschaftliche Ordnung, wie der Kampf ums Öl zeigt. Der politischen Verblendung Amerikas entspricht die mentale Verfassung einer Berliner Elite, die sich in einem Parlament zentriert, das die sozial schwächeren Schichten nicht vertritt und immer west- wie kapitallastiger wird. Gerade ist die Republik dabei, ihren Vorläufer Hitler als künstlerischen Wiedergänger erneut zu besiegen. Adolf tritt in Literatur und Film als krankes Ungeheuer und fanatischer Verführer auf, wie ihn eine Sekretärin schildert und die Sekretariatsfeder des Joachim Fest bereitwillig interpretiert. Die siegreiche Rote Armee bleibt so schemenhaft wie barbarisch und der deutsche antifaschistische Widerstand strikt ausgeblendet. In dieser seelischen Zwitterhaftigkeit von Linkenangst und Linkenhaß soll die verängstigte Nation verwirrt verharren, denn im Geschichtsbild ihrer schrumpfköpfigen Intellektuellenriege war schon am Ersten Weltkrieg nur der irre Kaiser schuld, samt den bösen Spartakisten, die am Ende dem siegreichen Heer den Dolch in den Rücken stachen. Die Genossen Lafontaine und Gysi sollten wissen, falls sie antreten, gegen welche paranoiden Nationalhelden sie bestehen müßten. Da wird Gregor aber sein krankes Herz in beide Hände nehmen und Oskar sein Zentralorgan Bild-Zeitung zum neuen linken Parteiblatt umfunktionieren müssen, soll kein doppelter Abgang daraus werden. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 18/2004 |
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