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Gut drei Jahre später veröffentlichte nun die Europäische Kommission einen "Aktionsplan für Europa", der ihre strategischen Entscheidungen in konkrete Maßnahmen übersetzt und mit bemerkenswerter Nonchalance manche Elemente der Forschungspolitik in den Mitgliedsländern vom Tisch fegt. "Der vorliegende Aktionsplan", so teilte die EU-Kommission mit, "beschreibt Maßnahmen, welche notwendig sind, um Europa eine stärkere Grundlage in der öffentlichen Forschung zu geben und private Investitionen in Forschung und Innovation attraktiver zu machen. Die Ausführung dieser Maßnahmen wird es der EU erlauben, den Rückstand in den Forschungsinvestitionen zwischen Europa und seinen Haupthandelspartnern, welcher unser langfristiges Innovations-, Wachstums- und Beschäftigungspotential gefährdet, aufzuholen." Der Aktionsplan sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen das vom Europäischen Rat im März 2002 in Barcelona festgesetzte Ziel erreicht werden soll, die Forschungsinvestitionen von 1,9 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU zu erhöhen. Da dieses Ziel nur zu einem Drittel durch die öffentlichen Haushalte, aber zu zwei Dritteln durch die Privatwirtschaft erreicht werden soll, richten sich die Überlegungen vor allem darauf, steuerliche und andere Anreize für private Investoren zu schaffen. Die vielen Handlungsanweisungen an die Kommission, die Mitgliedsstaaten, die Regionen sowie die beteiligten Institutionen aus Wissenschaft und Wirtschaft reichen weit über die traditionellen Aufgaben von Forschungspolitik hinaus ins Steuerrecht, ins Wettbewerbsrecht, ins Patent- und Urheberrecht und so weiter. Handlungsleitendes Interesse ist es nicht, der Forschung Themenschwerpunkte zu setzen, um bestimmte gesellschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen, etwa bestehende Defizite zu beheben, im Gegenteil, als Faustregel gilt: "Stärken stärken". Das bedeutet: In den Regionen, Themenfeldern und Forschungsstrukturen, wo schon Wettbewerbsvorteile bestehen, wird die Unterstützung ausgebaut. Der Rest muß sehen, wo er bleibt. Seit langem laufen in der EU Forschungsrahmenprogramme, gegenwärtig das sechste, das bis 2006 rund 17 Milliarden Euro für Forschungskooperationen aus Wissenschaft und Wirtschaft bietet. Über das Forschungsrahmenprogramm hinaus sollen nun auf sogenannten Technologieplattformen unter Einbeziehung der Akteure aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft "gemeinsame Visionen" für Forschungsfelder entwickelt werden, in denen sich die EU auf Dauer einen Vorsprung gegenüber den USA, Japan und China sichern will. Als "Schlüsselbereiche" gelten derzeit Luftfahrt und Schienenverkehr, Pflanzengenomik, Straßenverkehr und Seeschifffahrt, Wasserstoff als Energiequelle, Photovoltaik, Nanotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Stahltech nologie. "Diese Technologieplattformen werden sich sowohl mit technischen als auch mit nicht-technischen Barrieren und Voraussetzungen für eine optimale Entwicklung, Verbreitung und Verwendung von Technologien, wie z.B. Rechtsvorschriften, Normen, finanziellen Aspekten, gesellschaftlicher Akzeptanz, Fähigkeiten und Ausbildungsbedarf befassen", heißt es in dem Aktionsplan. Bereits bis 2005 sollen alle "Vorschriften und Methoden in nationalen Programmen, die die europäische Zusammenarbeit und den Technologietransfer behindern", abgeschafft werden. Explizit zählen hierzu "Beschränkungen für die Nutzung der Ergebnisse in anderen Ländern und für die Vergabe von Unteraufträgen an ausländische Einrichtungen". Standortpolitik der EU ist hier nicht nach innen gerichtet, sie orientiert sich an der externen Konkurrenz. Die EU als Ganzes soll eben als Europäischer Forschungsraum "vermarktet" werden. Insofern stellt der Aktionsplan den Mitgliedsstaaten bzw. den Regionen ausdrücklich die Frage, ob sie sich angesichts unterschiedlicher Kompetenzen eher als Produzenten oder als Abnehmer von Spitzenforschung verstehen wollen: "Die Unterschiede zwischen den Regionen in der EU nach der Erweiterung sind erheblich. Während einige von ihnen ihre technologische Führungsrolle halten oder ausbauen können, sollten sich andere eher darauf konzentrieren, ihre Kapazitäten zur Übernahme von Wissen auszubauen - wozu auch angewandte Forschung und Entwicklung zählen - , die es ihnen ermöglichen, von der Spitzenforschung zu profitieren, die anderswo in Europa betrieben wird." Die einzelnen Regionen sollen sich gemäß ihren Möglichkeiten entlang der Mehrwertproduktionskette (Grundlagenforschung, angewandte Forschung, Entwicklung, Produktion usw.) einsortieren. Die EU strebt also keine Gleichverteilung und Breitenförderung an, sondern eine Spezialisierung. Die Unterschiede werden akzentuiert, nicht nivelliert. Das alles bedeutet eine radikale Deregulierung der nationalen Bildungs- und Wissenschaftssysteme. Geschwindigkeit und Flexibilität sind die zentralen Anforderungen an die Entscheidungsprozesse. Aufwendige demokratische Entscheidungsfindungen oder Mitbestimmungsverfahren werden als ein Entwicklungshemmnis betrachtet, gar nicht einmal wegen etwaiger unerwünschter Abstimmungsergebnisse, sondern wegen des Zeitfaktors. Es ist zu vermuten, daß die im Aktionsplan für Europa skizzierte Forschungspolitik beispielhaft für den weiteren Europäischen Integrationsprozeß sein wird. Die wesentlichen Merkmale sind: Europa richtet den Blick von innen nach außen. Unter dem steigenden Druck der kapitalistischen Standortlogik konzentriert sich Europa auf besondere Wettbewerbsvorteile im Weltmarkt. Diejenigen Regionen (oder in unserem Fall auch Forschungsdisziplinen), die solche Wettbewerbsvorteile kaum oder gar nicht vorweisen können, werden vernachlässigt. Soll auch forschungspolitisch Europa in die Lage versetzt werden, mittelfristig eine ähnliche Weltmacht-Rolle zu spielen wie die USA? Die Konkurrenz auf dem Weltmarkt wird zu verstärkten innereuropäischen Kooperationen führen und damit die Unterschiede zwischen EU und Nichtmitgliedsstaaten vergrößern - so wie die innereuropäische Freizügigkeit mit einer Abriegelung der Außengrenzen verbunden war. Dabei ist es auch innerhalb des Europäischen Forschungsraums wenig wahrscheinlich, daß sich ausgerechnet die höheren sozialen, ökologischen oder ethischen Standards durchsetzen. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 15/2003 |
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