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Freitag, 21. Oktober 2011, 13:30 - 18:30 Uhr, Im Moore 21, Raum A 416
Die parlamentarische Demokratie in den Ländern des Westens ist in einer tiefen Struktur- und Legitimationskrise: Die durch Wahlen formal legitimierten Parlamentarier_innen werden von vielen Bürger_innen als Vollzugspersonal von als alternativlos behaupteten wirtschaftlichen "Sachzwängen" und damit verbundenen mächtigen Wirtschaftsinteressen wahrgenommen.
Dieser Einfluss macht sich an verschiedenen konkreten Entwicklungen fest: Zu denken ist an jene Ghostwriter aus Konzernen oder Verbänden, die Gesetzesvorhaben erarbeiten oder an jene Lobbyisten, die in "Hinterzimmern" genauso wie in "den Medien" (oft als neutrale "Experten" ausgewiesen) wesentlichen Einfluss auf Reformprozesse nehmen (zum Beispiel: die Privatisierung der Sozialversicherungssysteme); zu denken ist nicht zuletzt an jene Gesetze, die unter hohem zeitlichen Druck ohne öffentliche Debatte verabschiedet werden (zum Beispiel: das "Bankenrettungspaket").
Die parlamentarischer Politik wandelt sich im Zuge dessen zunehmend zur v.a medial vermittelten Vermarktung von in elitären Kreisen abgestimmten Entscheidungen und somit zur Legitimationsbeschaffung (Stichworte des einschlägigen legitimatorischen "Politsprechs": "Die öffentlichen Kassen sind leer", "Leistung muss sich lohnen", "Es geht um die Sicherung von Arbeitsplätzen", "Man darf nicht über seinen Verhältnissen leben", "Der demographische Wandel erfordert Einschnitte" usw. usf.).
Die gesellschaftliche Bedeutung dieser in den Politikwissenschaften unter dem Begriff der "Postdemokratie" diskutierten Entwicklungstendenzen wird von Staatsrechtler_innen auf alarmierende Weise vor Augen geführt, sehen doch viele Vertreter_innen der Zunft in ihnen nichts Weniger als die "Aushöhlung der Grundrechte" und damit die "Erosion des Rechtsstaats", d.h. die Zerstörung der sozialen und rechtlichen Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats als solchem.
Doch die ausgewiesenen Tendenzen der Ent-Demokratisierung sind unübersehbar nicht ungebrochen: Nicht nur häufen sich Widerstände gegen "die da oben" beim wahlmüden Staatsvolk (zum Beispiel: Stuttgart21, Castor-Transporte, Laufzeitverlängerung der AKW), sondern auch "die da oben" erweisen sich als "reformfähig": Mehr "Bürgerbeteiligung" durch Einrichtung "Runder Tische", "Volksentscheide" oder erweiterte Einflussmöglichkeiten auf kommunalpolitischer Ebene sind allenthalben zu verzeichnen. Aber Unzufriedenheit oder Wut der (Normal)Bürger_innen halten an und Proteste bleiben bestehen. Zu verzeichnen sind zudem die Entwicklung neuer basisdemokratisch orientierter Formen der sozialen Selbstorganisationen (zum Beispiel: Solidarische Ökonomien, Basisgewerkschaften, Transition Towns).
Wir wollen uns mit der Krise des parlamentarischen Systems und seinen Entwicklungsperspektiven auseinandersetzen: Welche ökonomischen Strukturen und Dynamiken liegen der Entwicklung und Transformation des westlichen Parlamentarismus und seiner staatsrechtlichen Legitimation zugrunde? Wie lässt sich diese Transformation begrifflich fassen? Wie demokratisch ist das parlamentarische System überhaupt? Welche Reformen sind denkbar und welche alternativen demokratischen Konzeptionen und Potentiale scheinen in den Protestbewegungen auf? Diese Fragen sollen mit Fokus auf die BRD diskutiert werden.
13.30 - 13.45 Uhr
Dr. Helmut Heit, Berlin, Begrüßung und Einführung
13.45 - 15.00 Uhr
Prof. Dr. Andreas Fisahn, Bielefeld, Zur Erosion des Rechtsstaats in der "Postdemokratie"
15.15 - 16.30 Uhr
Dr. Thomas Wagner, Berlin, Direkte Demokratie als Mogelpackung. Wie die Rechte das parlamentarische System aus den Angeln heben will
16.45 - 18.00 Uhr
Prof. Dr. Roland Roth, Magdeburg-Stendal, Demokratie neu erfinden! Über die Entleerung repräsentativer Demokratien und Wege zur demokratischen Erneuerung
Verantwortlich und Kontakt: Gregor Kritidis (g.kritidis[at]apc.de), Helmut Heit (helmut.heit[at]tu-berlin.de), Lars Meyer (lmeyer[at]uni-bremen.de)
Freitag, 4. November 2011, 13:30 - 18:30 Uhr, Im Moore 21, Raum A 210
Im öffentlichen wirtschaftspolitischen Diskurs ist kaum ein Thema so dominant, wie die Entwicklung der Staatsfinanzen. Maastricht-Kriterien, Euro-Stabilität, Spargebot der öffentlichen Hand, Privatisierungsgebot, Schuldenbremse, Rettungsschirm, PIIGS-Staaten: das sind die Stichwörter einer weit verzweigten Debatte. Auf lange Sicht ist bemerkenswert, dass trotz beachtlichen rhetorischen Aufwands die reale Entwicklung der Staatsverschuldung sich kaum nach der Farbe der Regierung richtet. Sowohl die neoliberalen anglo-amerikanischen als auch die sozialdemokratischen Regierungen des Kontinents haben in den letzten Jahrzehnten die Staatsausgaben zu einem großen Teil auf Kredit getätigt Die verschiedenen Finanzkrisen. haben zudem zu einer extremen Zuspitzung dieser Entwicklung geführt. In einigen Staaten Europas und den USA scheint diese Politik nun an ihre Grenze gekommen zu sein. Die Rolle des Dollars als Weltwährung wird, auch wegen der Staatsverschuldung, ebenso in Frage gestellt, wie der Bestand des Euro. Wie die weitere Entwicklung auch sein wird, es steht viel auf dem Spiel.
In der breiten Öffentlichkeit ist das Thema daher stark emotionalisiert. So lassen sich z.B gerade im Bereich der internationalen Kooperationen leicht nationalistische Ressentiments mobilisieren, indem die "faulen Griechen" den sparsamen und leistungsbereiten Deutschen gegenübergestellt werden. Auf internationaler Ebene zeigt sich daher ein großes Konfliktpotential in der politischen Auseinandersetzung. Ziel der Veranstaltung ist es, dieses näher zu bestimmen und über Interventionsmöglichkeiten nachzudenken.
13:30 bis 13:45.Uhr
Volker Drell (Hannover): Begrüßung und Einführung.
13:45 bis 15:00 Uhr
Dr. Sabine Reiner (Berlin): Staatsschulden und Staatsfinanzen in Deutschland
15:00 bis 15:15 Uhr
Pause
15:15 bis 16:30 Uhr
Dr. Judith Dellheim (Berlin): Die Finanzarchitektur Europas im Umbruch
16:30 bis 16:45 Uhr
Pause
16:45 bis 18:00 Uhr
Anne Tittor (Kassel) und Nico Weinmann (Kassel): Staatsbankrott: ökonomische und soziale Folgen. Der Fall Argentinien
18:00 bis 18:30 Uhr
Abschlussdiskussion
Verantwortlich und Kontakt: Volker Drell (volker drell@googlemail com)
Freitag, 18. November 2011, 13:30 bis 18:30 Uhr, Im Moore 21, Raum A 416
Die scheinbar überraschenden Aufstände und Umwälzungen in Nordafrika und im Nahen-Osten werfen zahlreiche Fragen auf und erfordern fundierte Analysen. Im Rahmen dieser Vortrags- und Diskussionsveranstaltung sollen folgende Aspekte genauer beleuchtet werden: Wie ist es um grundlegende Gemeinsamkeiten und Differenzen der sozialen Bewegungen des "arabischen Frühlings", sowie der verschiedenen Gruppierungen innerhalb der jeweiligen Länder bestellt? Wer sind die Akteure? Wie lässt sich der Zeitpunkt des Aufruhrs erklären? Inwiefern taugt der Begriff der Revolution, um die Vorgänge zu fassen, oder ist er untauglich? Was sind zentrale politische, ökonomische, soziale sowie kulturelle Ursachen und Motive? Wie ist es in diesen Zusammenhängen um emanzipatorisches Potential, wie um politische Kräfteverhältnisse bestellt? Welche Rolle spielt das Internet für die sozialen Bewegungen bzw. für die Herstellung von Öffentlichkeit und die Organisation von Widerstand?
Eine politische Einschätzung der Auswirkungen auf aktuelle europäische Protestbewegungen (z B. Griechenland, Spanien) und die Erörterung struktureller Zusammenhänge erscheinen sinnvoll.
13:30 bis 13:45 Uhr
Maria Tsenekidou (Hannover) und Dr. Gregor Kritidis (Hannover): Begrüßung und Einführung
13:45 bis 15:00 Uhr
Pedram Shahyar (Berlin): Das Zentrum des arabischen Frühlings: Die Revolution in Ägypten
15:00 bis 15:15 Uhr
Pause
15:15 bis 16:30 Uhr
Dr. Huda Zein (Marburg): Syrien: Formen der Negation und die schwierige Geburt der Freiheit
16:30 bis 16:45 Uhr
Pause
16:45 bis 18:00 Uhr
Dr. Gregor Kritidis (Hannover) Unterschiede und Zusammenhänge der gegenwärtigen sozialen Bewegungen im arabischen Raum und Europa
18:00 bis 18:30 Uhr
Abschlussdiskussion
Verantwortlich und Kontakt: Maria Tsenekidou (Kidou@web.de)
Freitag, 2. Dezember 2011, 13:30 bis 18:30 Uhr, Im Moore 21, Raum A 210
Trotz der zunehmenden Präsenz von Umwelt- und Ressourcenthemen in öffentlichen Diskursen und trotz der zunehmenden Berücksichtigung der damit verbundenen Problematiken in politischen Entscheidungsprozessen, haben Naturzerstörungen und der Mangel an ökonomisch nutzbaren Stoffen zugenommen. Setzt man voraus, dass mediale Präsenz und "politische Einbindung" darauf abzielen sollen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, bedarf es der Erklärung dieser "Divergenz".
Zumindest zwei Felder sollen Gegenstand der Veranstaltung werden:
1. Eine empirische Fundierung zur "Lage der Natur", in der der aktuelle Kenntnisstand zum Ausmaß, zu den Qualitäten und den Entwicklungstrends von Verbräuchen, Verschmutzungen und Senken ebenso thematisiert wird, wie die vorherrschende unkritische Rezeption von technologischen Lösungsansätzen.
2. Eine Bestandsaufnahme und Kritik der Praxis aktueller Umweltpolitiken und die hier aus sich ergebenden Konsequenzen der Entwicklung alternativer Politik- und Ökonomieansätze.
In Fortsetzung der ökonomiekritischen Veranstaltung der letztjährigen KrUH zum Rahmen thema "gesellschaftliche Naturverhältnisse", liegt der diesjährige Schwerpunkt auf politikkritischen Analysen. Die »Kritische Uni Hannover« möchte hierbei anhand theoretischer Fundierungen, ausgewählter Beispiele sowie der Vorstellung alternativer Arbeits- und Lebenspraxen in kritischen und offenen Referaten sowie Diskussionen einen Beitrag liefern, das Defizit an kritischer Gesellschaftstheorie zu verringern, und über das Zusammendenken von Theorie und Praxis praktische Perspektiven vorstellen.
13:30 bis 13:45 Uhr
Dr. Athanasios Karathanassis (Hannover) und Dr. Thomas Köhler (Hannover) Begrüßung und Einleitung
13:45 bis 15:00 Uhr
Norbert Rost (Dresden): Strukturbruch Peak Oil -Zwischen Untergangsstimmung und Richtungssuche
15:00 bis 15:15 Uhr
Pause
15:15 bis 16:30 Uhr
PD. Dr. Markus Wissen (Wien): Imperiale Lebensweise und die Krise internationaler Umweltpolitik
16:30 bis 16:45 Uhr
Pause
16:45 bis 18:00 Uhr
Dr. Gisela Notz (Berlin): (Bis Redaktionsschluss lagen keine Informationen vor )
18:00 bis 18:30 Uhr
Abschlussdiskussion
Verantwortlich und Kontakt: Athanasios Karathanassis (karathanassis@gmx.net), Thomas Köhler (drth.koehler@web.de)