Kaufen, was einem die
Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben;
glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten. Beinkleider
werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht. - Kurt
Tucholsky
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Volker Bräutigam hat Recht: die Stabilität in der Region leidet, wenn man sich nicht der Politik der VR China bedingungslos unterwirft. Dies jedoch den Taiwanesen anzukreiden und nicht der aggressiven Politik der VR China gegenüber Taiwan ist dreist:
Da das demokratische Taiwan nicht gewillt ist, sich einem autoritären Regime unterzuordnen, nachdem es gelungen ist, in Taiwan eine funktionierende Zivilgesellschaft aufzubauen, in der Umweltaktivisten, Feministinnen, Lesben und Gewerkschaftler sich frei äußern können, ist verständlich. Volker Bräutigam würde wahrscheinlich im Falle der USA auch nicht argumentieren, dass sich Mittelamerika selbstverständlich – aus Stabilitätsgründen – der USA-Hegemonie unterwerfen müsse. Im Falle der VOLKSREUPLIK Chin ist das jedoch gänzlich anders.
Ansonsten wiederholt Bräutigam Behauptungen der Nationalisten, nämlich dass das Attentat inszeniert war, und die Stimmauszählung nicht korrekt war. Beweise für die Behauptungen gibt es keine, aber es schadet – denkt Bräutigam – nicht, diese einfach zu wiederholen. Ein wenig googlen und schon findet Belege, wie sehr die konservativen taiwanesischen Medien hier der KMT Argumentation nachgeholfen haben (siehe beispielsweise die Artikel der Singapurer Strait Times, der man beim besten Willen, keine Affinität zu Chen Shuibian nachsagen kann).
Auch auf Taiwans „nationalistische Identität“ herumzureiten, die Chen angeblich betont, entspricht nicht den Tatsachen. Vielmehr wurde für fast ein halbes Jahrhundert von der KMT alles unternehmen, um Taiwan „Chinesisch zu machen“. Die Muttersprache der Taiwanesen war in den Schulen verboten, Radio und Fernsehen durften nicht auf Taiwanesisch senden und die Kinder in den Schulen lernten nichts über Taiwan, sondern durften die Länge de Eisenbahnkilometer im Nordosten Chinas auswendig lernen. Selbst lokale Religionen und Gottheiten galten der KMT Führung als suspekt. Inzwischen herrscht Religionsfreiheit und man darf wieder ungehindert seine Muttersprache sprechen, wenn auch die offizielle Sprache weiterhin Mandarin ist – ist das ein übertriebener Nationalismus?
„Präsident Chen gelang es zwar vor zwei Jahren, Taiwan fast zeitgleich mit der VR China in die Welthandelsorganisation WTO zu führen. Positive Auswirkungen auf die innerchinesischen Beziehungen wusste er jedoch zu verhindern.“
Schön, dass Bräutigam hier die Begriffe „innerchinesische“ Beziehungen aus der VR Propaganda unhinterfragt übernimmt. Und dass sich trotz der politischen Eiszeit die Wirtschaftsentwicklungen phantastisch entwickelt haben, vergisst er zu erwähnen. Ach ja, Hong Kong ist das Beispiel dafür, was passiert, wenn es neben einer ökonomischen Annäherung auch zu einer politischen kommt: die Wirtschaft entwickelt sich mehr als unterdurchschnittlich und Peking mischt sich in alle möglichen inneren Belange ein, nicht gerade ein positives Vorbild für Taiwan.
„Die Mehrheit der Taiwaner empfindet die benachbarte VR China nicht mehr nur als Bedrohung, sondern sieht auch die Chancen, die in einer Verbesserung der Beziehungen zum »Großen Bruder« lägen: mehr Handel, kultureller Austausch, Erleichterungen im humanitären Bereich. Deswegen schnitt Oppositionsführer Lien Chang bei dieser Präsidentenwahl relativ gut ab, obwohl er, der alte KMT-Apparatschik und frühere Vizepräsident, sich keiner Großtaten rühmen kann und auch nicht über ein Minimum an persönlicher Ausstrahlung verfügt: Er hatte versprochen, im Falle seiner Wahl sofort Verhandlungen mit der Führung in Peking aufzunehmen. Das bedeutete eine politische Kehrtwende für die einst als Kommunistenfresser berüchtigte Kuomintang und hatte viele Taiwaner mit Hoffnungen auf eine friedlichere Zukunft erfüllt.“
Die Mehrheit der Taiwaner entschied sich für Chen – by the way, und Lian Chan und sein ehemaliger Gegenspieler James Soong hatten vor vier Jahren zusammen noch fast 70 Prozent der Stimmen auf sich gezogen; der großer Verlierer der Wahl war das konservative Lager, und erstmals gibt es eindeutig eine Mehrheit für die Unabhängigkeitsbefürworter: Ja es gibt Taiwanesen, die wegen der Drohungen aus Peking bereit wären auf Demokratie und Freiheit zu verzichten, dies aber eine „friedlicher Zukunft“ zu nennen – eine Friedhofsruhe, eine Pax Sinica, wäre wohl der zutreffender Begriff.
„Innenpolitisch waren und sind keine großen Unterschiede zwischen Regierungspartei (DPP) und Opposition (Kuomintang und kleinere Splitterparteien) feststellbar. Beiden Lagern und ihren Spitzenleuten ist es nicht gelungen, Taiwan aus einem tiefen Sumpf von Korruption, Ämterpatronage und Stimmenkauf zu ziehen. Auch Präsident Chen erscheint nicht mehr als Saubermann.”
Selbstverständlich ist die DPP weiterhin die „sauberer“ Partei und die Skandale der KMT sind nicht mit denen der KMT zu vergleichen; klar ist wohl auch, dass es in jeder Partei zu Unregelmäßigkeiten kommt, aber die „Peanuts“ der DPP mit den Milliarden Skandalen der KMT und deren mafiösen Strukturen zu vergleichen, zeigt wiederum nur die Einseitigkeit des Autors (bzw. muss man argwöhnen, seine prinzipielle Ablehnung einer bürgerlichen Demokratie und seine Vorliebe für linke autoritäre Regime, in denen es selbstverständlich nicht zu Korruption und Machtmissbrauch kommt).
„Chen kann das nur als Warnung verstehen, seine provokative Politik gegenüber der VR China nicht zu übertreiben. Ob der einstige Liebling der USA sich davon stark beeindrucken lässt, ist zweifelhaft. Er weiß schließlich, dass er sich mit Dollarmilliarden für Waffenkäufe die Sympathien der Bush-Administration jederzeit wieder sichern kann.“
Taiwan würde auch lieber sich auf die Unterstützung der restlichen demokratischen Welt, der UN oder Europas verlassen, aber die Taiwanesen wissen, dass nur die USA sie bereits sind, in ihren Forderungen nach mehr Souveränität zu unterstützen. Sind wir ehrlich, die Europäer würden einer gewaltsamen Invasion Taiwans durch die VR tatenlos zuschauen, ein wenig protestieren und nach einem Jahr würden wir wieder brav mit China Handel betreiben. Nein, Taiwan als demokratische und freie Nation muss sich manchmal Verbündete aussuchen, die nicht unbedingt für Frieden und Demokratie stehen. Traurig aber wahr.
PS: Die immense Steigerung der Rüstungsausgaben der VR muss man hier sicherlich nicht thematisieren. Sie dienen ja nur der „innerchinesischen“ Befriedung,
Reichlich verärgert über eine pseudolinke Analyse
Giotu