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Daß ein unpolitischer kranker Deutscher schoß, hat den heute 63jährigen Schäuble nicht daran gehindert, darauf hinzuweisen, daß auch blonde und blauäugige Deutsche – er selber sei so einer – von Ausländern gewalttätig attackiert würden. Es ist ratsam, wieder in sein Buch »Und der Zukunft zugewandt« (Berlin 1995) zu schauen, um zu erkennen, was er mit uns vorhat: Er will uns »nationale Zusammengehörigkeit« und den Staat, die Nation als »integrierende und emotionale Bindekraft« verordnen; »Bürgersinn, Pflichtgefühl und Dienst an der Gemeinschaft« sollen die »rüde Konsumentenhaltung gegenüber Staat und Politik« ablösen. »Gemeinschaft, Familie, auch das Vaterland« sollen »gestärkt« und »zu positiven Begriffen« gemacht werden. Dafür müsse der Deutsche harte Einschnitte in seinen »Besitzstand« hinnehmen. Schäuble proklamiert: Das »Grundübel« in Deutschland sei »nicht ein Demokratiemangel, sondern ein Führungsmangel«. Der Politiker müsse öffentlichem Druck widerstehen und das »Bewußtsein« entwickeln, »zur Elite zu zählen«. Im Innern Deutschlands müsse »das Gewaltmonopol des Staates« ebenso gelten wie nach außen die »Wehrhaftigkeit«, weshalb die Deutschen bei Kriegen nicht abseits stehen sollten. Die Deutschen brauchten »wieder ein historisch ungebrochenes Verhältnis zu ihrer Nation als Schutz- und Schicksalsgemeinschaft« und »deren internationaler Verantwortung«. Den »Umgang mit unserer Vergangenheit« versteht Schäuble so, daß man einfach wieder vor 1933 ansetzen solle. Großes Verständnis hat Schäuble dafür, daß der Deutsche nicht viel an »humanitärem Engagement« für Ausländer aufbringe. »Man darf bei den Menschen nicht die Sorge und Angst wachsen lassen, der Staat schütze sie nicht mehr ausreichend vor Überwanderung oder Überfremdung.« Dieser nationalistisch verklemmte, militärmachtgeile, autoritär fühlende und denkende Politiker, der seine Vorstellungen auch schon mal unter der provokativen Überschrift »Weniger Demokratie wagen« in der FAZ veröffentlichte, hatte bereits im Oktober 1990 in einer massenhaft verbreiteten Broschüre seines Ministeriums (»Bedeutung und Funktion des Antifaschismus – Texte zur Inneren Sicherheit«, Bonn 1990) keinen Hehl aus seinem blanken Haß gegen den Antifaschismus gemacht. Er will ihn beseitigen, denn er sei eine Hervorbringung des SED-Regimes. Die SED habe damit den Sozialismus begründen und legitimieren wollen. Die Linke instrumentalisiere die Absage an den Faschismus. Mit dieser Begründung sagte Schäuble dem Antifaschismus wie dem Linksextremismus den Kampf an – die Bundesrepublik habe nicht antifaschistisch, sondern antitotalitär zu sein. In jener Broschüre durfte der rechtsextreme Ideologe Hans-Helmuth Knütter (CDU), Emeritus der Bonner Universität, anregen, »die Auseinandersetzung um die ›Einmaligkeit nationalsozialistischer Verbrechen‹ wieder zu beleben«. Wörtlich: »Die Aufdeckung kommunistischer Untaten legt es nahe, nationalsozialistische Taten (keine Untaten!; U.S. ) zu relativieren und eben nicht als einmalig und unvergleichbar erscheinen zu lassen.« Der DDR gestand Knütter zu, ein konsequent antifaschistischer Staat gewesen zu sein – genau das sei ihr Fehler gewesen: »Der Antifaschismus in der DDR hat«, so klagte Knütter in einer anderen Broschüre des Bundesinnenministeriums, »in sozio-struktureller, strafrechtlicher und pädagogischer Hinsicht alles getan, um den ›Faschismus‹ im marxistischen Verständnis zu bekämpfen und ihm die Grundlagen zu entziehen. Auch das leiseste Anzeichen ›faschistischer‹ Propaganda wurde unterdrückt. Genau das wollen und wollten aber auch die westdeutschen Linken, wenn sie für Verbote ›faschistischer‹Organisationen eintreten« (»Texte zur Inneren Sicherheit«, »Extremismus und Gewalt«, Band 1, Bonn 1993). Gleiche Formulierungen finden wir noch heute in den Verfassungsschutzberichten von Bund und Ländern, in denen zum Beispiel der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) vorgeworfen wird, sie wolle keine Meinungsfreiheit, sondern Diktatur; das erkenne man an ihrer Forderung nach Propaganda- und Organisationsverbot für Nazis und Neonazis. Mit der Zähigkeit, die ihm niemand absprechen kann, verfolgt Schäuble die Idee, die Bundeswehr im Innern einzusetzen. Gelegentlich argumentieren CDU/CSU-Politiker so, als wollten sie auf diese Weise ein Instrument gegen Gefahren von rechts schaffen. Tatsächlich aber berühren sich ihre Argumente fatal mit Konzepten der äußersten Rechten. Nach den tagelangen pogromartigen Ausschreitungen gegen Ausländer in Rostock im August 1992, denen die Polizei untätig zugesehen hatte, sprach die Zeitschrift Staatsbriefe , in der diese Konzepte theoretisch fundiert werden, von einer »nationalen Erhebung«, die eine »nationale Notstandsregierung« erfordere. Der Spiegel berichtete dann über eine »originelle Idee« der Christdemokraten: »Sie wollen die Bundeswehr einsetzen, um bürgerkriegsähnliche Situationen wie in Rostock zu bewältigen« – obwohl Artikel 87a des Grundgesetzes genau dies verbietet. »Den Artikel,« meinte der damalige CSU-Landesgruppenleiter im Bundestag, Wolfgang Bötsch, »müssen wir notfalls auch ändern.« Schäuble setzte nach: »Im Zeitalter weltweiter Wanderbewegungen und internationalen Terrorismus« verwischten sich die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Schäuble forderte daher, daß die Bundeswehr bei größeren Bedrohungen der Sicherheit im Innern »notfalls zur Verfügung stehen sollte«. Jetzt basteln regierende CDU-Politiker an Plänen für ein »Bundessicherheits-amt« und für eine 50.000 Mann starke Heimatschutztruppe, und sie benutzen die Fußballweltmeisterschaft zu einer militärischen Aufmarschübung. Gegen wen werden sich in Zeiten massiver Sozialabbau-»Reformen«, die zunehmende Proteste auslösen können, künftige Militäreinsätze richten? Schäuble tendiert nie dahin, Gefahren von rechts zu erkennen und zu bekämpfen. Auch in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen um die Ausbreitung des gewalttätigen Neofaschismus sieht er die Linke als das eigentliche Problem an. In den Statistiken des Bundesinnenministeriums erscheinen Antifaschisten als kriminelle Störer von Nazi-Aktionen. Wenn Antifaschisten verfolgt werden, bleiben Nazis vielfach ungestört; die Zahl der Naziaufmärsche wächst. Schäubles erster Verfassungsschutzbericht zu Zeiten der großen Koalition beschuldigt die VVN-BdA des orthodox-kommunistischen Antifaschismus , der eine sozialistisch/kommunistische Diktatur als Antwort auf »faschistische« Gefahren anstrebe. Das Wort faschistisch kommt da immer nur in Anführungszeichen vor. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 13/2006 |
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