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Dazu kommen die übernommenen Härten eines brutalen Strafrechts und seines Vollzugs bis hin zu kollektiven Todesstrafen, wodurch selbst die exekutionsgeilen USA noch human erscheinen. Nicht zu reden von der traditionellen Barbarei im Umgang mit Hunden und Katzen, wie wir sie auch in südeuropäischen Staaten oder bei den Tiertransporten hier im Lande erleben. Endlich die verheerenden Begleiterscheinungen moderner Kapitalisierung, das sind Korruption, Betrug und moralische Verfettung, die auf alle Funktionärsschichten übergreifen, was Partei und Staat zu ständigen Kontrollen und rigorosen Strafmaßnahmen nötigt. Überdies eskalieren die ökologischen Konflikte sowie die Kämpfe um weltweit knapper werdende Ressourcen. Diesen Miseren stehen Erfolge gegenüber: 1. Die Wirtschaft wächst. 2. Die Partei verteidigt das Wachstum und greift nur ein, wird ihr Oberkommando gefährdet. 3. Außenpolitisch hält China einen Kurs zwischen nationaler Landesverteidigung und weltweiter Kooperation. Das Programm scheint simpel zu sein, ist jedoch höchst kompliziert. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen legte kürzlich ein Heft zur »Alternativen Ökonomie in der Traditionslinie von Fritz Behrens« vor . Dieser oppositionelle DDR-Wirtschaftswissenschaftler kann als Urvater des heutigen postmaoistischen China gelten. Von ihm stammt die schwer genug errungene Erkenntnis, daß dem Staatssozialismus eine sozialistische Ökonomie fehlte. Wir wissen inzwischen, jeder Sozialismus, dem es an dieser theoretischen und praktischen Grundlage mangelt, wird vom Kapital bezwungen. Mein Beitrag trägt den bandwurmartigen Titel »Bloch, Behrens und der chinesische Drache – Anmerkungen zum Verschwinden der SU und zur praktizierten Reformation des Marxismus in Asien und anderswo« . Meine These ist, China hatte schon lange vor dem Untergang der SU deren selbstmörderisches Defizit erkannt und daraus den Schluß gezogen, seinen eigenen »Dritten Weg« zu gehen, wonach eine kapitalistische Basis mit einem machthabenden kommunistischen Parteiüberbau zu vereinbaren sei. Während die Revolution sich in die führenden Köpfe und Gremien zurückzieht, hat die Basis dafür hocheffiziente Produktivkräfte zu schaffen, die das Land unangreifbar machen, weil es über Waren- und Kapitalexporte für die Weltwirtschaft inklusive USA unverzichtbar wird. Mit anderen Worten: Was Rußland nach dem Ende der SU unter Putin versucht, aber nur ansatzweise schaffen kann, erreichte das kapitalkommunistische China mit einer Konservative, Liberale und Marxisten überraschenden kühnen Operation – Kapital, Arbeit und Partei haben statt systemkonkurrent paradoxerweise systemkompatibel zu funktionieren. Mit Bloch subjektphilosophisch gesprochen heißt das »ins Gelingen verliebt sein«, was gewiß etwas exotisch klingt. Im Notfall hilft Disziplinierung nach, das heißt, die Diktatur der Partei ist minimierbar, solange der Laden läuft, in bedrohlichen Situationen ist sie jedoch wieder zu steigern, um die Macht der Erziehungsdiktatur zu erhalten. Offensichtlich versucht sich Chinas Partei damit im Übergang von der dispersiven Diktatur zur kulturellen und zugleich ökonomischen Hegemonie im Sinne von Antonio Gramsci. Dabei kommen China seine Lage, Größe und geographische Abgeschlossenheit zugute. Subversives Eindringen von außen ist schwer möglich, der Appell an Volk und Nation ist nach Wunsch lenkbar, notfalls hat Taiwan als Sündenbock zu dienen. Bleibt die Frage, ob die Partei inneren Krisen gewachsen sein wird. Dagegen ist vorgesorgt – notfalls wie bekannt mit Panzern und Militär. Viel effektiver jedoch durch die Sozialwissenschaftliche Akademie, die der Regierung mit Analysen dient, wie sie in ihrer kritischen Schärfe und Gründlichkeit kein Dissident leisten könnte. Laut Polizeiministerium gab es im letzten Jahr im Lande mehr als 70.000 Protestaktionen. Partei und Staat reagierten dosiert darauf, ohne sich in ihrer Stabilität gefährdet zu sehen. Inwiefern China heute zwar nicht als pazifistische, doch immerhin pazifizierende Weltmacht bezeichnet werden kann, muß genau analysiert werden. Dazu ist es notwendig, eine vergessene, jedenfalls unterschätzte marxistische Gedankenkette weiterzuverfolgen, die auf das letzte Lebensjahrzehnt von Friedrich Engels zurückgeht. – Wird fortgesetzt Kontext:
Erschienen in Ossietzky 2/2006 |
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