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Vielleicht sollten wir zunächst definieren, worum es geht. Die Linke fordert Gleichheit und Freiheit, die Rechte Ungleichheit und (Unter-)Ordnung. Dazwischen gibt es eine liberalkonservative Mitte, die die Ungleichheit als gleichsam natürliche Folge der (Wettbewerbs-)Freiheit versteht. Weil das so ist, besteht die Unverwechselbarkeit der Linken im Gleichheitspostulat, während die Freiheitsparole auch von anderen artikuliert wird (hier allerdings mit dem Schwerpunkt auf der wirtschaftlichen Ungeniertheit). Diese politischen Vermessungen lassen sich – mit einigen Schiefheiten – durchaus auch mit der Klassenstruktur verbinden: Wer unten ist, will mehr Gleichheit, oben wehrt man das als Ordnungswidrigkeit und Freiheitsberaubung ab. Solange eine solche soziale Schichtung besteht, wird es in der bürgerlichen Gesellschaft immer eine Partei geben, die links von den anderen steht – und umgekehrt. Die wache Leserin und der geneigte Leser haben längst schon gemerkt, daß dies sogar für unsere gute alte SPD gilt. Oft wird darüber geklagt, daß sie sich seit August Bebels Zeiten von ihren damaligen linken Positionen entfernt habe. Schon wahr. Aber selbst dann gibt es neben ihr eine Partei, die mehr Ungleichheit will als sie, also rechts von ihr steht. Die beiden politischen Hauptblöcke können sich annähern, aber nicht überholen. Davon lebt das Ritual jedes Wahlkampfs. Wir werden es 2006 erleben. Eines seiner Themen wird die Reform des Gesundheitssystems sein. CDU/CSU und FDP schlagen eine Lösung vor, die die Ungleichheit vergrößert und die Lage der Unterklassen verschlechtert. SPD und Grüne werben für eine Bürgerversicherung: Alle (auch die Beamten und die Bezieher von Mieten und Dividenden) zahlen nach ihren Fähigkeiten ein, und die Auszahlung erfolgt je nach Bedarf. Hier kann eingewandt werden, daß die Sozialdemokratie dieses Wahlversprechen wahrscheinlich nicht einlösen kann, da sie selbst im Fall eines Siegs durch den Bundesrat und durch das Kapital gebremst wird. Weil sie das vorher weiß, darf man sogar von bewußter Irreführung sprechen. Das Linke an der SPD besteht in diesem Fall also darin, daß sie solche Gleichheitsillusionen weckt. Und rechts von ihr steht die CDU, die so etwas in der Regel nicht tut. Allerdings zeigt sich daran auch, daß Links und Rechts zwar normativ nicht miteinander vertauscht werden können, daß diese Verortungen aber, wenn man sie auf Parteien bezieht, nur relativ sind. Ist die Gesellschaft rechts, dann ist es auch die SPD – aber selbst in einem solchen Fall links von der CDU. Lassen wir die Parteien also rechts liegen und fragen stattdessen nach Deutschland. Wird es 2010 eher links sein oder rechts? Hier der Versuch einer Prognose: 2010 wird es mehr Ungleichheit geben, dazu mehr Freiheit für die Reichen und weniger davon für die Unterklassen, die noch stärker als zuvor dem Diktat des Kapitals unterworfen sein werden. Diese Entwicklung wird nicht von der christliberalen Rechten vorangetrieben werden, sondern von der rotgrünen Linken. Schon jetzt ist absehbar, daß die Spitzenverbände der Arbeitgeber und der Industrie die jetzige Regierung auch nach 2006 gern erneut im Amt sehen möchten. Sie wissen: Der weitere Abbau der sozialen Sicherungssysteme, der Mitbestimmung, des Kündigungsschutzes und des Tarifrechts wird mit ihr leichter durchzusetzen sein, denn sie wird die Gewerkschaften eher zähmen können und kann sich auf die Sentimentalität von Personen mit linker Gesinnung verlassen. Diese werden in ihrem Widerspruch nie so weit gehen, zum Sturz eine sozialdemokratischen Kanzlers beizutragen. Wäre aber Schwarzgelb an der Macht, stünde eine solche Administration einer rotgrün geführten Opposition gegenüber, die ihren Spielraum einengen würde. Fazit: Ein weiterer Weg der BRD nach rechts ist sicherer mit einem SPD-Kanzler und einem grünen Außenminister. Gibt es einen Ausweg? Nur dann, wenn diejenigen, denen das nicht paßt, nicht weiter auf die Doktrin vom kleineren Übel hereinfallen. Sie beruht letztlich auf einem Stellvertreterdenken: SPD und Grünen wird es überlassen, den Interessen derer gerecht zu werden, mit denen sie im Grunde nichts zu tun haben: der Unterklassen und der Aufgeklärten. Konstituieren sich diese als eigenständige Kraft, wird das als Spaltung der Linken denunziert werden. Wirkt die Lossagung in die Breite, könnte eine Art skandinavisches Parteiensystem entstehen. Dann ist die Linke zwar gespalten, aber zugleich gestärkt. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 1/2005 |
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