Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Neu im Programm: Krieg ohne Grenzenvon Gerhard Zwerenz Wie ich in der Schule lernte, überfielen uns 1914 die Feinde, aber erst 1918 unterlagen wir nach heldenhaftem Kampf dem Dolchstoß in den Rücken. 1939 bis 1945 mußten wir uns erneut verteidigen. Danach waren wir schrecklich abgerüstet und ohne Soldaten, was sich ab 1955 endlich änderte. 1989 gab die DDR auf und 1990 die Sowjetunion. Das Reich des Bösen lag darnieder, so daß wir am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts besser dastanden als zu Beginn. Zu unserem eigenen Verdienst trat zweifellos das Glück, das dem Tüchtigen gebührt, denn wir postierten uns felsenfest immer auf der richtigen Seite, weil wir nie auf die Pazifisten hörten, sondern unsere Wehrhaftigkeit pflegend von Niederlage zu Niederlage eilten. So stehen wir auch im 21. Jahrhundert, im 3. Jahrtausend unseren Mann und unsere bewaffnete Frau. Die Globalisierung darf nicht allein Sache des Internationalen Währungsfonds und der Welthandelsorganisation bleiben, da muß man rauskommen mit den 2000-Pfund-IDAM-Bomben samt anderen Produkten modernster Technik und Wissenschaft. Wir siegten in Japan, Korea, Kuba, Vietnam, Guatemala, Iran, Kambodscha, Laos, El Salvador, Grenada, Panama, Irak, Jugoslawien – hab ich bei der Aufzählung ein Land vergessen? Die Kriege im Irak und in Somalia führten nicht zu ganz richtigen Siegen, da steht eine zweite Runde an. Selbst das antike Rom benötigte drei Kriege, Karthago zu vernichten, und wenn auf der Welt sonstwer noch nicht für uns sein sollte, werden ihn ein paar Streubomben aufs Dach bald überzeugen. Denn wem die Cola nicht genügt, den bringt eine Daisy-Cutter zur Vernunft. Antiamerikanismus, Freunde, lohnt sich nicht. Mag ja sein, die Story von den ermordeten Frühgeburten in den Brutkästen zu Kuwait war zwar gut erfunden und bezahlt, doch schlecht vor Dementis geschützt. Warum auch Säuglinge auf den Boden schmettern, wenn man eine halbe Million Mädchen und Jungen einfach verhungern lassen kann. Nun wirft man uns vor, es gehe nur ums Öl, weshalb wir wie Hitler zum Kaukasus und Hindukusch streben. Doch da sind wir längst angelangt, denn Öl ist wie Blut ein Schmiermittel. Mit Blut untermischt hält Öl die Preise so niedrig, wie eine florierende Wirtschaft es dringend benötigt, schließlich drücken uns auch andere Sorgen. »Ich kann mich nicht um jedes Dorf kümmern«, merkte Rumsfeld ganz richtig an, schließlich wurden die Symbole unserer Weltmacht mitten in der US-Metropole vernichtet, und wenn das nicht 6000 Tote forderte, wie anfangs befürchtet, sondern 2800, so zählen die bisherigen 5700 zivilen Bombenopfer in Afghanistan soviel wie Null, die wir den Ziffern hinten anhängen werden, schließlich vernichtete die Wehrmacht hundert Feinde für einen von Partisanen getöteten Deutschen. Wir planen, uns mit 10 zu 1 zu begnügen, denn wir sind keine Unmenschen wie unsere Feinde, diese Teufel. Wie Sie, die Sie das lesen, bemerkt haben dürften, erlaube ich mir keinen Unterschied zwischen den USA und Deutschland. Es steht fest, unsere Wehrmacht verteidigte die Freiheit vor Moskau genau wie in Stalingrad. Ebenso entschieden bekämpft Rußland den Terrorismus in Tschetschenien. Die USA bahnten der Freiheit von Vietnam bis Afghanistan eine Gasse. Da nun auch China gegen den Terrorismus vorgeht, Indien und Pakistan ihre Terroristen gegenseitig vernichten, werden wir unsere Bundeswehr schneller als bezahlbar vergrößern müssen, denn für Bosnien, Kosovo, Mazedonien und Afghanistan mag die Truppe gerade noch reichen, was aber, wenn es gilt, nicht nur Hochwässer zu bändigen, sondern 20 oder 30 oder 100 Protektorate zu schaffen und zu besetzen, um den unterdrückten Menschen unsere Freiheit zu bringen? US-Präsident Bush bezeichnete das Jahr 2002 mit tapferer Offenheit als »Kriegsjahr«. Im deutschen Fernsehen ist geplant, die spektakuläre frühere Sendung »Spiel ohne Grenzen« unter dem neuen Titel »Krieg ohne Grenzen« wieder ins Programm zu heben. Wetten, daß Deutschland, das einst 18 Millionen Wehrmachtssoldaten aufbrachte, dahinter nicht zurückstehen will, wenn es ernst wird? Wer es einmal bis Tobruk und in den Kaukasus schaffte, der wird sich doch auf Dauer nicht mit den Flußlandschaften der Sächsischen Schweiz, der Lüneburger Heide und Hamburg bescheiden, und überdies halfen schon einmal massive Auslandseinsätze die Arbeitslosigkeit im Inneren nachhaltig zu vermindern. Vorwärts also von der versprochenen Friedensdividende zum Krieg in allen Weltgegenden, die sich nicht freiwillig ergeben. Nach den Bundestagswahlen am 22. September werden wir das endlich so offen verkünden können, wie wir uns bis dahin noch verklausulieren müssen. Egal, wer siegen wird, Schröder oder Stoiber, die Löhne und Renten müssen runter, damit Rüstungsausgaben und Dividenden endlich wieder steigen. Wenn wir statt der vier Millionen Arbeitslosen vier Millionen Soldaten bezahlen werden, kommt die Welt schnell in Ordnung, und der deutsche Bundeskanzler, wer das auch sei, wird in Washington wie früher wieder als very good boy gelten. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 18/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |