Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Mahner gegen den KriegHeinz Kersten Zu den angenehmen Seiten des Moskauer Filmfestivals zählte zu Sowjetzeiten die anschließende Entsendung kleiner internationaler Delegationen in die diversen Hauptstädte der Sowjetrepubliken. Auf diese Weise kam ich unter anderem nach Kiew und bat dort die russischen Betreuer, in der nahegelegenen Schlucht Babi Jar ein paar Blumen niederlegen zu dürfen. Die deutschen Besatzer hatten dort innerhalb von nur zwei Tagen über 30.000 Juden ermordet. Mein eigentlich verständlicher Wunsch wurde aber zum Problem. Es dauerte Tage, bis er mir erfüllt wurde, da er offensichtlich ein Tabu berührte. Das wurde schon dadurch deutlich, dass an jenem Ort des Verbrechens kein Denkmal daran erinnerte, was hier einmal geschehen war, und das in einem Land voller Denkmäler zum Ruhme des »Großen Vaterländischen Krieges«. Besonders monumental konnte ich es später in Wolgograd, dem einstigen Stalingrad, wahrnehmen. Erst später verstand ich auch die zögerliche Reaktion auf meine in Kiew geäußerte Bitte. 1961 war das Gedicht »Бабий Яр« (Babi Jar) erschienen, in dem sich der ansonsten gefeierte Poet Jewgeni Jewtuschenko mit dem Antisemitismus in der Sowjetunion – einem Phänomen, dem ich blauäugig unerwartet auch selbst einmal begegnete – auseinandersetzte, was ihm offiziell viel Kritik, aber internationalen Ruhm einbrachte. Schostakowitsch hat das Gedicht vertont. Aufmüpfig war der am 18. Juli 1933 im sibirischen Sima als Sohn eines deutschstämmigen Geologen und einer Konzertsängerin geborene Jewgeni Alexandrowitsch schon in der Schule, weshalb er eine Zeitlang in einem Kolchos arbeiten musste. 1949 erschien sein erstes Gedicht in der Zeitschrift Sowjetsport. Von 1951 bis 1954 studierte er am Moskauer Maxim-Gorki-Literaturinstitut. Offiziell oft umstritten, wurde Jewtuschenko in der Tauwetterperiode zu einem Idol der russischen Jugend. Mit seinem an Majakowski erinnernden deklamatorischen Pathos füllte er Säle und Stadien. Später schrieb er auch Prosa und lehrte seit 1992 vorwiegend als Gastdozent für russische Literatur an der Universität des US-Staates Oklahoma in Tulsa. Hier ist er am 1. April mit 84 Jahren gestorben. Aktuell geblieben ist (leider) nicht zuletzt sein 1961 in der Hochzeit des Kalten Krieges geschriebenes Gedicht »Хотят ли русские войны?« (Meinst du, die Russen wollen Krieg?). Eine Frage, die heute wohl vor allem in den baltischen Staaten und Polen bejaht würde, aber auch in manchen deutschen russophoben Medien. In der Entwicklung seiner russischen Heimat beklagte Jewtuschenko einmal eine »McDonaldisierung der Kultur«. Als Letzten Willen wünschte er sich eine orthodoxe Trauerfeier in den USA und ein Begräbnis in Peredelkino, einem durch viele Literaten bekannten Vorort Moskaus. Seine dortige Datscha hatte Jewtuschenko schon vor einigen Jahren als Dichtermuseum dem russischen Staat vermacht.
Erschienen in Ossietzky 9/2017 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |