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Zur Dämpfung der Entwicklung eingesetzte Maßnahmen haben erwartungsgemäß versagt. Im Juni 2015 trat in Berlin etwa eine vom Senat erlassene Verordnung auf Basis des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Kraft: die sogenannte Mietpreisbremse. Die erwies sich bislang als grandioser Fehlschlag, denn die Mieten stiegen trotz der gesetzlichen Begrenzungen kontinuierlich und rasant an. Der von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) damals gefeierte »Meilenstein im Mietrecht« ließ die Berliner Vermieter offensichtlich unbeeindruckt. Angesichts des weitgehend wirkungslosen »Mietpreisbremschens«, als was das wohnungspolitische Instrument gern verspottet wird, ist es nicht erstaunlich, dass einem in Vergessenheit geratenen Mittel gegen überhöhte Mietforderungen neues Leben eingehaucht werden soll: dem Wirtschaftsstrafrecht. Deshalb verkündet die neue Regierung in Berlin in ihrer Koalitionsvereinbarung − wenn auch vage und unverbindlich − dass der Schutz der Mieter vor überhöhten Mietforderungen in diesem Teil des Strafrechts verbessert werden soll. Wie genau das zu geschehen hat, bleibt offen. Von mehr Elan zeugt dagegen eine Idee der Initiative BerlinAppell zur Wohnungspolitik. Die Gruppe schlägt vor, die Mietenbremse in das Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG) einzugliedern, damit Mietpreisüberhöhungen als Ordnungswidrigkeit »von Amts wegen« geahndet werden können und die Mieter nicht mehr persönlich gegen die Vermieter klagen müssen. Hegen Mieter einen Anfangsverdacht, soll ein Online-Formblatt genügen, um den Sachverhalt einzutragen – und schon wird das Wohnungsamt von sich aus aktiv und geht dem Verdacht nach. Der Vorschlag reagiert auf das Manko der derzeitig fehlenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen, die das Instrument der Mietpreisbremse zu einem Papiertiger machen. In Gebieten mit »angespannten Wohnungsmärkten«, also beispielsweise in ganz Berlin, dürfen Mieten bei Abschluss eines neuen Mietvertrags für eine bestehende Wohnung nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Wenn aber der Vormieter bereits einen höheren Betrag zu zahlen hatte, gilt ein Bestandsschutz, und die Miete muss nicht gesenkt werden. Mieter sind also genötigt, initiativ zu werden und selbst den bisherigen Mietpreis herauszufinden, um gegebenenfalls seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Deshalb sollte es laut BerlinAppell zusätzlich eine Abfrage im Zuge der Wohnsitzmeldung geben, damit Sanktionen eingeleitet werden können. In Berlin müssen die Vermieter schon heute bei einer Wohnsitzmeldung eine Einzugsbestätigung bei der Meldebehörde abgeben. Würden zukünftig auch die aktuelle Miethöhe und die Höhe der Vorgängermiete mit erfasst, hätten die Behörden Zugang zu den relevanten Daten, ohne dass die Betroffenen eine Anzeige erstatten müssten. Was aber hat es bislang mit den »überhöhten« Mieten im Strafrecht auf sich? Unzulässig nach § 5 des WiStrG ist, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche um mehr als 20 Prozent übersteigt. Dies wird bislang als Ordnungswidrigkeit geahndet, während der strafrechtliche Tatbestand des Mietwuchers nach StGB erst vorliegt, wenn der vereinbarte Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent übertrifft und zusätzlich eine Zwangslage der Betroffenen vorliegt, die vom Vermieter zur Erzielung einer überhöhten Miete ausgenutzt wurde. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wurden in der Vergangenheit die Anforderungen an die Mieter zur Darlegung des sie betreffenden Sachverhalts derartig hochgeschraubt, dass diese Vorschrift in der Praxis kaum noch eine Rolle spielt. Einen wirksamen gesetzlichen Schutz bieten die Regelungen des WiStrG, des StrGB und des BGB aktuell also nicht. Insofern sind neue Initiativen gefragt. Aber auch die originelle, weil pragmatische Idee des BerlinAppells kann nicht verhindern, dass staatliche Begrenzungen von Mietpreissteigerungen letztlich doch eine Erlaubnis zur Erhöhung der Mieten darstellen. Denn auch Mietspiegel sind Instrumente zur Durchsetzung von Mieterhöhungen. Die ortsüblichen Vergleichsmieten steigen kontinuierlich – das verhindert auch keine Deckelung von Preissprüngen. Für das grundgesetzlich geschützte Recht auf Eigentum ist das Nutzungsinteresse der Menschen an ihren Wohnungen schlicht unerheblich, so dass sich das Wohnungsproblem in Berlin und anderswo nicht allein mit »Recht« bezwingen lässt. Und gegen den Mangel an leistbaren Wohnungen bietet die Mietpreisbremse nichts an. Darum ist die beste Möglichkeit, »überhöhten« Mieten beizukommen, den Mangel an Wohnungen zu beseitigen. In der Hauptstadt fehlen allein etwa 130.000 Wohnungen, die sich auch einkommensärmere Haushalte leisten können. Der private Markt kann, will und wird diese Aufgabe nicht bewältigen. Notwendig ist eine politische Entscheidung für einen ausreichenden steuerfinanzierten Neubau in öffentlicher Hand. Dies setzt einen Bruch mit der bisherigen Logik in der Wohnungspolitik voraus – der allerdings auch mit dem neuen Berliner Senat nicht zu machen ist.
Erschienen in Ossietzky 7/2017 |
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