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Auch im Osten sind »Oligarchenrepubliken« schon beliebt. In der Ukraine herrscht der lupenreine Milliardär Poroschenko, in Aserbaidschan die milliardenschwere Familie Aliew, in Kasachstan der reiche Nasarbajew-Clan, um nur einige zu nennen. Aber auch in Westeuropa gibt es für Superreiche durchaus Möglichkeiten, sich neben Golf ein weiteres Hobby zuzulegen. In Frankreich hat die satirische Zeitung Le Canard enchaîné für die neue Regierung ab Juni schon mal eine Liste veröffentlicht: Verteidigungsminister wird selbstverständlich der Abgeordnete und Kampfflugzeuglieferant Serge Dassault. Für Umwelt und Verkehr kommt nur Patrick Pouyanné von der Firma Total in Frage. Der vierfache Milliardär Vicent Bolloré ist für das Kulturressort vorgesehen, da er unter anderem auch den Fernsehkanal Direct 8 besitzt. Für den Bereich Handel und Industrie bietet sich Gérard Mulliez von der Supermarktkette Auchan an. Auch in Deutschland sollte man sich beizeiten um entsprechende Kandidaten kümmern, denn von den USA lernen, heißt siegen lernen. Schließlich gibt es in unserem Land über 19.000 Multimillionäre, die Auswahl ist also gewaltig. Fangen wir gleich mit dem Kanzler an: Erste Wahl wäre hier der deutsche Vorzeigeunternehmer Wolfgang Grupp (Trigema). Seine legendären Auftritte mit einem Schimpansen würden nicht zuletzt die Einschaltquoten bei Weihnachts- und Neujahrsansprachen dramatisch erhöhen, ganz abgesehen von seinem Outfit. Ihm zur Seite sollte der derzeit unterbeschäftigte Banker Josef Ackermann als Finanzminister gestellt werden, der schließlich schon ein großes Bankhaus zu dem gemacht hat, was es heute ist. Wirtschaftsminister waren lange genug unprofessionelle Parteikarrieristen. Schluss damit! Ein erfolgreicher Macher wie Hartmut Mehdorn wäre die Idealbesetzung. Thomas Enders (EADS) könnte durch seinen Wechsel ins Bundesministerium für Verteidigung die vielen Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie sichern und die Auftragsvergabe radikal vereinfachen. Apropos Arbeit: Ideale Kandidatin für dieses wichtige Ministerium wäre Liz Mohn, mit deren Bertelsmann-Stiftung auch schon der entsprechende Thinktank zur Verfügung steht. Außerdem wäre damit auch die Frauenquote schon fast erfüllt. Aber eben nur fast. Doch es wird ja auch eine Familienministerin gebraucht. Unsere Wahl fällt nicht schwer. Prädestiniert für dieses Amt ist die mehrfache Mutter und fürsorgliche Großgrundbesitzerin Gloria von Thurn und Taxis. Und wer wäre wohl für das Gesundheitsressort besser geeignet als der Gründer der Helios-Kliniken Lutz Helmig? Zumal er den Konzern seit dem Jahre 2000 verlassen hat und seitdem über viel Zeit verfügt, wenn er nicht gerade Investments tätigt. Auch das Landwirtschaftsministerium gehört in kompetente Hände. Wer dächte da nicht an den erfolgreichen Schlachter Clemens Tönnies, der die halbe Republik mit Fleisch versorgt und sich nebenbei auch noch rührend mit seinem Verein Aktion Kinderträume – Verein der deutschen Fleischwirtschaft e. V. um notleidende Kinder kümmert. Und wer soll Deutschland im Ausland vertreten? Die Wahl fällt einstimmig auf den weltgewandten und rhetorisch hochbegabten Entertainer Thomas Gottschalk. Auch bei dem Nachfolger des glücklosen Alexander Dobrindt kommt nur ein Name in Frage: Wenn sich jemand mit Verkehr auskennt, dann der zurzeit beschäftigungslose VW-Manager Martin Winterkorn. Schwer getan haben wir uns mit dem Innenministerium. Unsere Wahl fiel dann doch auf den Manager und Schützling der Milliardärin Friede Springer, auf Mathias Döpfner. Der Mann ist gut vernetzt, sieht gut aus und verdient gut. Noch Fragen? Schön wäre es auch, wenn man den gerade arbeitslos gewordenen Bild-Chef Kai Dieckmann für das Bildungsressort gewinnen könnte, zumal er in Sachen Volksbildung ein gerüttelt Maß an Erfahrung mitbringt. Ein Minister für Umwelt sollte über Kompetenz und ein solides Umweltbewusstsein verfügen. Traumkandidat wäre daher Werner Baumann, der Vorstandsvorsitzende der Bayer AG. Durch den visionären Zukauf des ökologischen Musterbetriebes Monsanto wäre er ein Gewinn für Landwirte wie Verbraucher. Gerechtigkeit ist ein hohes Gut. Für einen Justizminister allemal. Gefragt ist eine integre Persönlichkeit, für die Recht und Gesetz eine Herzensangelegenheit ist. Der ideale Kandidat ist zweifelsohne der Hannoveraner Philanthrop und Wohltäter Carsten Maschmeyer. Vielen Bürgern stand er als unbestechlicher Berater mit Rat und Tat zur Seite. Schließlich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ein sperriger Begriff. Es galt, eine Unternehmerpersönlichkeit zu finden, die vor allem mit den ärmsten Ländern die wirtschaftliche Zusammenarbeit praktiziert. Heinz Speet war bis Ende vorletzten Jahres Vorsitzender der Geschäftsleitung der Firma KiK, die vor allem in Bangladesch Textilien herstellen lässt. Die Arbeiter bekamen sogar Lohn, wenn sie nicht in den Fabriken verbrannten oder unter deren Trümmern begraben wurden. Ein Glücksfall, dass dieser Mann inzwischen freigestellt worden ist und eine neue Beschäftigung sucht. Besser Speet als nie! Aber ach! Leider werden wir uns wieder mit Funktionsträgern abfinden müssen, die sich mit einem Hungerlohn von 15.000 bis 20.000 Euro und noch weniger Pensionsansprüchen zufrieden geben, eventuell später noch für ein paar Jahre für ein Taschengeld in Aufsichtsräten herumlümmeln, manchmal für noch weniger Geld in Talkshows. Alle Macht den Millionären!
Erschienen in Ossietzky 2/2017 |
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