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Diese genießt durch vielgestaltige Rezeptionen, unter anderem in Bühnenfassungen, Filmen, Zeichentrickserien, Hörspielen und Vorlagen fürs weihnachtliche Laientheater, längst Kultstatus – auch über den englischsprachigen Raum hinaus. Die Story vom Jungen, der fliegen kann und nach eigenen Vorstellungen und Regeln mit Indianern und Feen und ‘nem Piratenkapitän auf der Insel Nimmerland lebt – die er immer mal wieder verlässt, um gleichaltrige, von ihren Eltern gestresste Kinder zu besuchen und sie mitzunehmen in das Land, das die Erwachsenen niemals finden –, hat auch zahlreiche Komponisten inspiriert. Peter Pan geistert durch Schlager- und Opernwelten. Im Auftrage zweier Opernhäuser hat sich der Engländer Richard Ayres des Stoffes beziehungsweise des Librettos von Lavinia Greenlaw angenommen und es »mit farbenfrohen, zeitgenössischen Klängen, mal einfühlsam und zart, mal kraftvoll schmissig zu einem furiosen Musiktheater für die ganze Familie vertont« (Opernhauswerbung). Die Uraufführung der Kinderoper war das Weihnachtsgeschenk 2013 der Staatsoper Stuttgart und 2016 der Komischen Oper Berlin fürs jüngste Publikum. Das Synergiepotential im Blick, engagierte die Komische Oper den Regiestar Keith Warner, der »Peter Pan« bereits 2015 mit der Welsh National Opera inszeniert hatte. Und was in Cardiff, Birmingham und am Royal Opera House in London bejubelt wurde, trifft offensichtlich auch den Geschmack der meisten Berliner Besucher. Einige fanden das Bühnenbild (Jason Southgate) much too British und die Kostüme (Nicky Shaw), die dem Zeitgeschmack im Entstehungsjahr der Oper entsprachen, reichlich altmodisch. Andere sahen im Ehrgeiz der Inszenierung, die Detailverliebtheit der Romanvorlage zu bewahren, die Ursache für Längen des Abends. Mich hat die permanente Lautstärke der Musik genervt und der Umstand, dass sich dennoch keine Melodie im Kopf festhaken konnte. Sei's drum. Wieder einmal liefert das Haus den Beweis, dass es auf den Nachwuchs setzt – den im Saal und den auf der Bühne. Korrekt formuliert: auf ein umfangreiches theaterpädagogisches Programm, das neben diversen Workshops für Schulklassen und Veranstaltungen für Lehrer in jedem Jahr die Neuproduktion einer Oper für Kinder einschließt. Die mit gleicher Verantwortung und fantasievollem Aufwand, mit großem Orchester (Musikalische Leitung: Anthony Bramall), Chor (Leitung: Andrew Crooks) und erstklassigen Solisten (Wendy: Mirka Wagner, Mrs. Darling/Tigerlily: Christiane Oertel, Mr. Darling/Captain Hook: Ashley Holland, John: Timothy Oliver, Michael: Talya Lieberman) auf der großen Bühne des traditionsreichen Hauses gezeigt und nicht – wie andernorts gern – ins Foyer oder auf Nebenschauplätze verlegt wird. Und weil es in der Behrenstraße schöne Tradition ist, zu demonstrieren, dass die Mitglieder des hauseigenen Kinderchors (Leitung: Dagmar Fiebach) singen und tanzen können wie die Profis, hat Warner seine Produktion für Berlin überarbeitet und lässt hier auch den Nachwuchs seine Rollen spielen. Nur als Videoanimation (Dan Tranchard) zum Zuge kommt die Sternenstaub verteilende Fee Tinker Bell, deren übernatürliche Sinnlichkeit durch diesen Geistesblitz der Regie jedoch keinesfalls leidet. Für die Titelpartie wurde der amerikanische Countertenor Eric Jurenas verpflichtet. Ein überzeugender Einfall, der die stimmliche Distanz zum Jungen Peter Pan verkürzt. Die körperliche Höchstleistung, die dem Sänger abverlangt wird, versöhnt mit seinem drallen, wenig kindlichen Körperbau. Er lief leichtfüßig durch das Schlafzimmer der Darling-Kinder und die Wände hoch, schwang sich höher, kreiselte, kugelte, kullerte durch die Lüfte, vergaß die Schwerkraft, aber nicht das Singen – sogar kopfunter. Beifall in den höchsten Tönen. Die Hauptakteure des Abends aber blieben unsichtbar. Hinter den Kulissen sorgten der Flug- und Kampfkoordinator Ran Arthur Braun, das Team von Stunt360 sowie viele ungenannt bleibende Techniker mit Karabinerhaken und Sicherheitsgurten, Seilzügen und vollem Körpereinsatz dafür, dass Peter Pan und seine Freunde wie die Vögel flogen, aber nicht oben blieben oder gar ungewollt runter kamen. Allein ihre Leistungen – mit denen sie nie sich selbst präsentieren, sondern sich ganz der Ensembleleistung unterordnen – lohnen einen Besuch der Vorstellung. Weitere Aufführungen am 8., 11., 22. und 26. Dezember sowie im Januar und Februar. Mehr unter: www.komische-oper-berlin.de. Zum »Vorkosten« oder »Nachschmecken« liegt das von Anne Hofmann bebilderte Hörbuch »Peter Pan«, verlegt im Verlagshaus Jacoby & Stuart, an der Kasse der Komischen Oper bereit. Preis: 7 €.
Erschienen in Ossietzky 24/2016 |
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