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Die im Ausland stationierten Truppen begehen auch schwere Menschenrechtsverletzungen. Besonders bekannt ist das Kriegsverbrechen unweit der afghanischen Stadt Kundus. Hier wurden auf Befehl eines deutschen Obersten friedliche Afghanen bombardiert. 150 Menschen wurden getötet. Eine Entschädigung wurde nicht gezahlt, nicht einmal den Eltern, deren Kinder, es waren 36, getötet worden waren. So haben es die höchsten deutschen Richter entschieden. Der für den Massenmord verantwortliche Oberst wurde nicht bestraft, sondern zum General befördert.« Der für Kinder bestimmte Fernsehbeitrag hat einen Haken. Den Kinderkanal des Moskauer Fernsehfunks gibt es, der zitierte Text wurde nicht ausgestrahlt. Er ist ein Fake, eine bloße Erfindung. Aber angenommen, es hätte ihn gegeben, dann hätten ihn zum Beispiel die Redakteure des deutschen Radioprogramms für Kinder mit dem schönen Namen »Kakadu« heftig kritisiert: einmal, weil die darin angeführten Fakten zutreffend, also wahr sind, und zum anderen, weil die Sprache nicht kindgemäß ist. Wie eine für Kinder bestimmte Sendung zu gestalten ist, hat das Kakadu-Programm erst unlängst, im Oktober des Jahres, vorgeführt. Gemäß seinem Werbespruch: »Kakadu ist unser bunter, frecher, fröhlicher und schlauer Vogel – und Kakadu ist die Radiosendung für alle Kinder in Deutschland« hat die Redaktion folgenden Beitrag aus der Feder des USA-Korrespondenten des Deutschlandradios Marcus Pindur gesendet: »Der russische Präsident Putin führt derzeit zwei Kriege – einen in der Ukraine und einen in Syrien. Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Hollande wollen Putin dazu bewegen, mit beiden Kriegen aufzuhören. Das wird wahrscheinlich nicht funktionieren, weil Putin sich nicht an internationale Regeln hält. Er ist der Ansicht, dass er den russischen Einfluss in der Welt vergrößern muss und das auch mit Krieg. Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Hollande haben mehrfach gesagt, dass Putin in Syrien schwere Menschenrechtsverletzungen begeht. Die russische Luftwaffe bombardiert Krankenhäuser und Hilfskonvois der Vereinten Nationen. Deshalb fliehen viele Syrer mit ihren Familien nach Deutschland. Auch in der Ukraine kämpfen trotz eines Abkommens russische Soldaten. Wie man Putin davon abhalten kann, ist aber nicht klar. Man könnte ihn unter Druck setzen, indem man Russland bestimmte Waren nicht mehr verkauft — das nennt man Sanktionen. Aber dafür müssten sich alle Europäer einig sein und das sind sie zurzeit nicht.« (podcast-mp3.dradio.de/podcast/2016/10/19/kakadu_nachrichten_vom_19102016_drk_20161019_1500_eb3ea93a.mp3) Wahrlich, ein gelungener, informativer Beitrag, eben wie es sich für eine Sendung für Kinder geziemt. Dessen ungeachtet stieß die Information zum Teil auf heftige Kritik. Den Nörglern missfielen solche Lappalien, wie die Feststellung, dass Putin, der bekannte Bösewicht, den russischen Einfluss in der Welt auch mit Krieg vergrößern will und seine Luftwaffe Krankenhäuser und Hilfskonvois der Vereinten Nationen bombardiert. Überhaupt bemängeln sie, dass es unfair und fahrlässig sei, gerade Kinder zwischen 6 und 12 Jahren, so die Zielgruppe des Kakadu, mit angeblichen Lügen und Halbwahrheiten zu indoktrinieren. Der Moskauer Propagandasender Sputnik ging gar soweit, das grundsolide Deutschlandradio um eine Stellungnahme zu diesem Bericht in seinen Kindernachrichten zu ersuchen. Er erhielt folgende klare, unmissverständliche Antwort: »Ich kann in dem von ihnen wiedergegebenen Text unseres Korrespondenten im Hauptstadtstudio … keine falsche, unsachliche oder verzerrende Berichterstattung erkennen.« Kinder, so belehrte der Sprecher des Senders die russischen Kritikaster, sollten sicher nicht mit jeder grausamen Realität eines Krieges konfrontiert werden. Aber auch sie hätten »ein Recht, über grundlegende politische Zusammenhänge informiert zu werden« (de.sputniknews.com). Doch nicht nur in Moskau, sondern auch in Deutschland wurde Kritik an dem harmlosen Beitrag geäußert. Die ob ihrer Beckmesserei und Medienschelte sattsam bekannte Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien hat sogar eine Programmbeschwerde eingereicht und behauptet, Aufgabe öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten sei es nicht, »an der Aufrechterhaltung von Narrativen und Feindbildern mitzuwirken«. Weiter stellt die Quengelkonferenz die fragwürdige These auf, dass Erwachsene in der Lage seien, sich eine eigene Meinung zu bilden, über komplexe Informationen verfügten und diese entsprechend einordnen könnten. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren dagegen könnten bei so hochkomplexen Themen wie Syrien oder dem Ukraine-Konflikt dies sicher nicht. Die Beschwerde gipfelt in der Behauptung: »Die Beteiligung interessengeleiteter Medien« an dem wichtigen Prozess, durch humanistische Erziehung und Bildung die Fähigkeit zu fördern Propaganda zu durchschauen und Kinder und Heranwachsende zu emanzipierten, empathischen und solidarischen Persönlichkeiten zu erziehen, sei eher kontraproduktiv, wenn sie in der beanstandeten Form erfolge (publikumskonferenz.de). Aber damit nicht genug! Die Nachdenkseiten lassen sich gar zu der Frage hinreißen, ob der Kakadu-Beitrag nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfülle? Eine solche Frage ist selbstverständlich stark übertrieben. Im Höchstfalle handelt es sich nicht um eine Volks-, sondern schlicht und einfach um eine Kinderverhetzung. Und was soll daran so schlecht sein? Im Werbespot der Kindersendung heißt es doch ausdrücklich: »Kakadu will aufklären, informieren und unterhalten. Kakadu schreckt vor schwierigen Themen nicht zurück, aber vergisst nie, dass Kinder Spaß am Quatsch und am Spiel haben. Die Kindersendung läuft täglich live im Programm von Deutschlandradio Kultur und ist bundesweit und werbefrei zu hören.« Ja, die Kakadus sind »bunte, freche, fröhliche und schlaue« Vögel. Sie gehören zur Familie der Papageien, tragen eine schöne Federkappe und leben vor allem in Australien, Papua Neuguinea, Indonesien und auf den Philippinen. Leider treten sie auch als Schädlinge auf. Mit ihren bemerkenswert kräftigen Schnäbeln zerhacken sie sogar Türen und Fensterrahmen, freiliegende Kabel, Solaranlagen, Fernsehantennen. Hierzulande zerhackt der Kakadu zuweilen auch die Wahrheit.
Erschienen in Ossietzky 24/2016 |
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