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In 15 Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen der Landschaftsdarstellung bei Otto Knöpfer (1911–1993) aus dem Molsdorfer Nachlass und im Vergleich bei 20 Grafiken von Otto Paetz, Heinz Scharr, Heinz Trökes, Herbert Tucholski, Wieland Förster, Friedrich B. Henkel, Klaus Magnus, Gerenot Richter, Walter Herzog, Gisela Kohl, Peter Sylvester, Rolf Huber und Horst Peter Meyer aus der Grafik-Sammlung des Kurators wurden differenziert die Strukturen untersucht. Die einfachste Strukturierung bot ein die Naturformen zu einfachen Grundformen stilisiertes Raster bei Otto Paetz (1914–2006), der die Blätter von Bäumen, jedes für sich, als aneinandergereihte Kettenglieder zeichnete. »Is ne Schdrugdur«, erklärte Paetz zu seiner sehr einfachen Auftragsarbeit der 70er Jahre »VEB Uhren- und Maschinenkombinat Ruhla«. Dagegen glänzen andere Radierungen von ihm mit durchgestalteten künstlerischen Strukturen. Die zweite Möglichkeit ist eine aus der Wirklichkeit gewonnene Durchformung der Gegenstände. Den Realismus-Genuss steigern mit sinnlicher Nachahmung die hochdifferenzierten Strukturen für die besondere Stofflichkeit von Steinen, von Holz und Baumverzweigungen, von Meeren und Böden, so bei Gerenot Richter (1926–1991), Klaus Magnus (1936) und anderen. Psychologisch festgelegt stehen sich bei Otto Knöpfer zwei besondere Strukturen gegenüber. Sein »Wald an der Wachsenburg«, 1953, bildet ein Gitter, das den Blick in die freie Landschaft versperrt. Solch ein Motiv wirkt bei einem Künstler, der die klare, weite Sicht liebt, befremdlich. Etwas Schwerwiegendes muss sein Leben überschattet haben. Völlig anders sein offener »Blick zur Wachsenburg«, Aquarell von 1968, der die Schönheit des plastisch reich geformten Kalkberges und das Hingezogene dort feiert. Mit weichem Pinsel erhält der Abendhimmel glänzenden Schimmer. Hinter dem Kranz der braunen Büsche mit den auslaufenden Rändern leuchtet es orangefarben auf, bildet ein warmes, zartes, verheißungsvolles Band, in dem mit der strukturschöpfenden Phantasie die Sinnlichkeit des Malers auflebte, ein landschaftlicher Ort, den Knöpfer mit einer Frau verglich, zu der man sich legt und mit ihr vollkommen eins wird. Damit ist die Struktur als Lebensmetapher zu erleben. In weitergreifenden Herangehensweisen lässt Wieland Förster (1930) phantasievoll die Felsen und Gänge von Sandsteinsäulen zu menschlichen Formen umspringen. Als philosophisch durchdrungene Sinnzeichen erfindet Heinz Trökes (1913–1997) symbolische Welten und bestimmt mit einer Strukturvielfalt die Materie neu. In Holzhausen tritt an seine Seite Horst Peter Meyer (1947) mit kleingrafischen »Kunststückchen«, ein Gegenpol zu Knöpfer. Die Radierung von HPM »Der vergessene Tag« schlägt eine Schneise in eine zeitliche Dimension. Doch wer den Weimarer Künstler, Atelier in Apolda, in großer Form erleben möchte, muss nach Coburg fahren und sich im Kunstverein die Ausstellung »NEUSAETZE. Bilder. Blätter. Texte.« ansehen. Mit radikaler Farbbeschränkung malt HPM in den schönsten drei Farben: so rot wie Blut, so weiß wie Schnee und so schwarz wie Ebenholz. Mischtechniken, durchscheinend und flüchtig aufgetragen, teils im stupsenden Pinselduktus, in offener, fast grober, doch immer dichter Struktur, die zuweilen mit Farbklümpchen informelle Züge trägt. Dass HPM ein aktueller Querdenker blieb, ein »KONTER KOPF«, wie sein Bild von 2016 heißt, unterstreichen die Bildtitel. Die größere erste Station der Ausstellung im Kunsthaus Apolda (die dort ausgestellten Werke und Texte vom Künstler enthält der Katalog) konnte HPM-Sprüche an den Wänden zeigen: »kunst muss warten können, / aufwarten darf sie nicht.« Coburg zeigt im Studienraum im Keller den Schwerpunkt, die Rilke-Blätter und -Collagen, sowie Seidenpapier-Faltbögen an runder Wand, im Treppenhaus Gemälde und die figürlichen Sigmaringer Blätter, im unteren Vorraum große Radierungen, große Tafelbilder, »ROT SCHANZ«, das zweiteilige »BAUHAUS IM WAHN« von 2016 und ein Text-Laufband. HPM ist ein politischer Mensch, der Kunst schafft. Zuerst interessiert ihn die Bildmäßigkeit der Form. Diese kraftvolle, mit souveränem Schwung vorgetragene Malerei scheint oft »für nichts zu stehen« (Matthias Flügge). Aber eher ist sie komplex. Ovale, Rechtecke und Kreuze werden zu hieroglyphischen Zeichen, die sich in weiter Auslegbarkeit zu Haus, Figur, Phallus, Figur und Kopf zusammenschließen, eigenwillige hybride Bildungen. Vor allem die Kaltnadelradierungen von 1,40 m x 1 m Größe, in deren Druckplatten der Künstler mit handblasenbildendem Dreikant hineinkratzt, zeigen wieder Figuratives. Doch können die Bildtitel, »Wie fremd sind die Gassen der Leid-Stadt (Rilke)«, nicht als platte Sujetbeschreibungen gelesen werden, wie auch mit dem Sujet nie die Komplexität des Kunstwerkes gefasst werden kann. So entstand mit wuchtiger Kraft und Sensitivität eine Kunst, deren Metier »das Scheinbare und Vermeintliche« ist, wie bei Nadine Steinacker im Katalog zu lesen ist. Bei mythologischen Liebesbildern oder bei profaner Ikonographie in der Reihe »Feindfabrik. Straße der Besten« – da sehe ich eine Figur auf dem Sprungbrett; ein Pfeil verlangt, dass gesprungen wird – könnte ein Diskurs auftreten. Die Titel deuten auf dialogische Situationen, geben Richtungen an. In den Bildstrukturen manch neuer Kunst tauchen vielfältigste halbabstrakte Formen mit figuralen Zeichen auf, die sich je nach der Bereitwilligkeit des Betrachters zu phantasievoller Assoziation mit wesentlicher Bedeutung auflädt. »Strukturen« im Otto-Knöpfer-Haus Holzhausen, Arnstädter Staße 32, bis 9.10.2016. Horst Peter Meyer »NEUSAETZE« Kunstverein Coburg, Pavillon im Hofgarten, Park 4a, bis 3.10.2016.
Erschienen in Ossietzky 19/2016 |
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