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Lach dir’n Ast und setz dir druff und baumle mit de Beene.« Heftige Kritik an den extrem hohen Managerbezügen, vor allem in den Dax-Unternehmen gibt es schon lange. Das konnte auch die Kanzlerin nicht übersehen. So geißelte sie Anfang Dezember 2007 auf dem CDU-Parteitag in Hannover mit bemerkenswert scharfen Worten die hohen Einkommen der Unternehmenslenker und rief zum Maßhalten auf. Zugleich warnte sie vor einer zu weiten Spreizung der Einkommen, die zu großen gesellschaftspolitischen Spannungen führen könnte: »Wenn das nicht mehr zusammengeht, fliegt uns der ganze Laden auseinander.« Bereits sieben Jahre später hörte Sigmar Gabriel die Signale. Auf dem Regensburger Katholikentag charakterisierte er die Entwicklung der Vorstandsgehälter als teilweise »obszön«. 1989 hätten die Dax-Vorstände das 20-fache eines durchschnittlichen Gehalts ihrer Beschäftigten verdient, jetzt überstiegen sie es oft um mehr als das 200-fache. Drohend erklärte er, falls sich diese Entwicklung fortsetze, überlege die Politik eine gesetzliche Begrenzung der Gehälter oder eine deutlich höhere Besteuerung. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in die gleiche Kerbe gehauen. Leicht gesagt, doch schwer getan. Deutschland ist schließlich durch und durch ein Rechtsstaat! Mit ein wenig Verspätung, aber kurz nach ihrer Parteitagsrede ging der Regierungschefin ein Licht über die wahren Machtverhältnisse im kapitalistischen Lande auf. So ließ sie denn den stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg mitteilen, dass die Bundeskanzlerin eine gesetzlich festgelegte Obergrenze für Managergehälter ablehne: »Es gibt keine Initiative der Bundesregierung für gesetzliche Regelungen in diesem Bereich«, denn die Höhe der Managergehälter und der Abfindungen sei Sache der Unternehmen und ihrer Aufsichtsräte. Frau Merkel setze auf »Einsicht und Selbstreinigungskräfte«. Doch die Neidhammel gaben keine Ruhe, die Kritik an den Einkommen der Spitzenleute in der Wirtschaft flammte immer wieder auf, so dass sich schließlich Bundespräsident Joachim Gauck einschalten musste. Im März 2013 nutzte er Springers Massenblatt Bild, um die Debatte über ausufernde Managergehälter als kontraproduktiv zu kritisieren. Zwar gebe es unangemessene Gehälter, »aber wenn wir uns allein daran festbeißen, vergeuden wir viel Energie, die anderswo sinnvoller eingesetzt werden könnte – zum Beispiel bei der Diskussion darüber, wie man auch hierzulande gerechtere Bildungs- und damit mehr Aufstiegschancen schafft.« Da hatte er des Pudels Kern offengelegt, denn mit gerechteren Bildungs- und Aufstiegschancen kann schließlich jeder, der seine Arbeitskraft zu Markte trägt, in Bälde jährlich auch ein paar Millionen Euro verdienen. Aber gut, letztlich führten auch die hehren Worte Merkels und Gabriels sowie anderer Politik- und Wirtschaftsgrößen schrittweise zu echten Resultaten. »Einsicht und Selbstreinigungskräfte« obsiegten über die Gier. 2015 verdienten die Dax-Vorstandsvorsitzenden im Durchschnitt etwa zwei Prozent weniger als noch 2014. Das ist doch schon allerhand. Laut der Statistik der Beratungsagentur HKP lag Daimler-Chef Dieter Zetsche im Vorjahr an der Spitze. Er bezog allerdings lediglich 14,37 Millionen Euro, und das einschließlich der Zuwendungen für die Altersversorgung. Ziemlich dicht auf den Fersen folgte ihm der Chef von Fresenius, Ulf Schneider, mit 13,9 Millionen Euro. Die Allianz, an deren Spitze sich 2015 ein Wechsel vollzog, war ein wenig knausrig. Keiner der beiden Chefs erhielt ein volles Jahressalär. Michael Diekmann bezog für die vier Monate von Januar bis Anfang Mai 9,9 Millionen Euro, sein Nachfolger Oliver Bäte in etwa den gleichen Hungerlohn. Im Schnitt verdienten die Dax-Chefs nur knapp sechs Millionen Euro, was gerade einmal 15 Prozent mehr waren als vor zehn Jahren. Die Durchschnittseinkommen anderer Lohnempfänger erreichen nicht ganz diese Beträge: Im Gastgewerbe liegen sie etwas niedriger – 219-mal, in der Bauindustrie 155-mal, in der öffentlichen Verwaltung 134-mal. Oder anders betrachtet: Der Daimler-Chef Zetsche verdient jährlich gerade 371-mal mehr als ein normaler Bauarbeiter, der im Jahr 38.774 Euro einstreicht. Tritt er an einem Tag seinen wohlverdienten Feierabend an, dann ist sein Konto mehr als um den Jahresverdienst eines Bauindustriearbeiters angewachsen. Kümmelspalter meinen, dass diese Einkommensunterschiede im Kapitalismus untragbar, skandalös und obszön sind. Dabei vergessen sie ganz, dass es im gewesenen Realsozialismus in der DDR nicht wesentlich anders war. Keiner weiß das besser als Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin. Der exzellente DDR-Unrechtsstaats-Experte konstatierte in einer Untersuchung, dass das Geldvermögen in der DDR etwa ebenso ungleich verteilt gewesen sei wie in der Bundesrepublik und im wiedervereinigten Deutschland. Auch bei den Einkommen habe es eine stärkere Spreizung gegeben als öffentlich bekannt gewesen sei und heute noch angenommen werde. Das durchschnittliche monatliche Haushaltsnettoeinkommen habe bei etwas über 2000 Mark gelegen. Dagegen habe der Generalsekretär der SED, Erich Honecker, rund 8000 Mark im Monat verdient. Was für ein unmoralisches Entgelt! Was sind da schon im Vergleich dazu die Multi-Millionen-Einkommen der Spitzenmanager in der Bundesrepublik? Peanuts! Und so zieht der DDR-Analytiker den Schluss: »Auf jeden Fall war die DDR keine sozial gerechte Gesellschaft.« Um das nachzuweisen, hätte er noch ganz andere Beweise anführen können, Da gab es zum Beispiel das Mitglied des Politbüros Hermann Axen. Dieser Mann verfügte über ein Sparguthaben von 234.873,07 Mark der DDR. Wegen »Verstoßes gegen die guten Sitten« wurde das Guthaben konfisziert. Völlig zu Recht! Wie konnte der SED-Bonze, der doch in der Hitlerzeit sein gesamtes Eigentum verlor, als Häftling in den KZ-Lagern von Auschwitz und Buchenwald nichts verdienen konnte und von 1945 bis 1989 lediglich als Sekretär des FDJ-Zentralrates, als Chefredakteur des Neuen Deutschland, als Sekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Volkskammer gearbeitete hatte, diese Riesensumme, die nach der Währungsunion und der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung grob gerechnet die unsittliche Höhe von 70.000 Euro erreicht hätte, gespart haben? Nein, das konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Dafür hätte der Daimler-Chef ja fast zwei Tage hart arbeiten müssen! Auch die 121 Industrie-Kombinats-Direktoren verdienten ein Schweinegeld. So erhielt der Generaldirektor des Volkseigenen Betriebes Kombinat Schiffbau Rostock, eines Unternehmens, das Ende der 1980er Jahre 56.000 Beschäftigte zählte, bei Fischfangschiffen den ersten und bei Stückgutfrachtern den zweiten Platz im Weltschiffbau belegte und dessen Erzeugnisse zu 90 Prozent exportiert wurden, wie seine Kollegen in den anderen Kombinaten, ein Monatsgehalt zwischen 2850 und 3500 Mark. Wahrlich, Professor Schroeder kann man nur zustimmen; Die DDR war keine sozial gerechte Gesellschaft. Im Gegensatz zu dem Unrechtsstaat wird die Bundesrepublik laut Merkel und Gabriel weiter eine Begrenzung der Gehälter anstreben. Selbstverständlich kann das nicht von heute auf morgen gelingen. Aber sollte die Verringerung, wie 2015 geschehen, jährlich zwei Prozent betragen, dann dürfte das Ziel noch in diesem Jahrhundert zu erreichen sein. Das ist lang hin, aber: Roma non fuit una die condita, Rom wurde (auch) nicht an einem Tag erbaut.
Erschienen in Ossietzky 17/2016 |
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