Angela Merkel, Weltpolitikerin. – Sie haben dem türkischen Diktator Erdoğan, der auf einen Schlag Tausende Richter entließ und die Grundrechte drastisch einschränkte, wiederholt bescheinigt, dass er der gewählte Präsident des Landes sei – als wäre sein durch eine kleine Gruppe von Offizieren provozierter Staatsstreich dadurch gerechtfertigt. Warum erwähnen Sie nie, dass Assad der gewählte Präsident Syriens ist, Mursi der gewählte Präsident Ägyptens und Rousseff die gewählte Präsidentin Brasiliens? Wir erinnern uns auch, dass der gewaltsam aus dem Amt getrieben Janukowitsch der gewählte Präsident der Ukraine war und Milošević der gewählte Präsident Jugoslawiens.

  Berufseuropäer aller Parteien,  . – Sie haben sich überrascht und empört über das Votum der Engländer geäußert, die aus der Europäischen Union ausscheiden wollen. Hatten Sie das »Oxi« der Griechen so schnell vergessen? Und waren Ihnen auch die Ergebnisse früherer Abstimmungen in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden und anderen EU-Mitgliedsländern abhandengekommen? Wann immer die Völker sich äußern durften (zur gemeinsamen Währung oder zur gemeinsamen Verfassung), nutzten sie die Gelegenheiten, Ihnen ein grundsätzliches Nein entgegenzuschleudern. Aber das macht Ihnen offenbar nichts aus. Wir wissen ja, dass Sie sich nicht beirren lassen, jedenfalls nicht vom einfachen Volk.

Andrea Nahles, Arbeitsministerin, politischer Antityp. – Wegen der Flüchtlinge rechnen Sie mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit im Herbst und im kommenden Jahr, behaupten aber zugleich, dank Ihrer Politik seien 700.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Das stimmt. Es gibt sogar Leute, die haben jetzt gleich drei davon.

Erschienen in Ossietzky 15/2016