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Die schöne Welt der nuklearen TeilhabeJanne Windlandt Wenn es nach dem Willen von Generalleutnant Karl Müllner (Inspekteur der Luftwaffe) und Oberst Holger Radmann (Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33) geht, soll tunlichst niemand darüber sprechen, was auf dem Fliegerhorst Büchel militärisch vor sich geht, auch wenn genau das die Spatzen schon lange vom Dach pfeifen: Dort sind nämlich US-amerikanische Atomwaffen stationiert, die im sogenannten Ernstfall von den dort stationierten Bundeswehrsoldaten mit Kampfjets der Bundesluftwaffe in ihr Ziel geflogen werden sollen. Und auch soll nicht darüber gesprochen werden, dass die Bundeswehr damit gegen den Nichtverbreitungsvertrag, gegen das Völkerrecht und das Grundgesetz verstoßen würde. Und noch weniger darüber, dass die Atomwaffen nun modernisiert werden sollen, auch wenn die Mehrheit aller Deutschen in Meinungsfragen ein atomwaffenfreies Deutschland fordert und es im Deutschen Bundestag hierfür parteiübergreifende Bemühungen gibt. Zum Hintergrund: Die USA wollen ihre Atombomben des Typs B61 modernisieren, damit sie bis 2050 einsatzbereit bleiben können. Nach derzeitiger Planung soll die neue Bombe B61-12 bis 2019 entwickelt werden, 2020 sollen deren Serienproduktion und Stationierung beginnen. Die neuen Bomben sollen eine geringere Sprengkraft haben als die meisten der heute verwendeten, aber wesentlich treffgenauer sein. Das würde ihren militärischen Nutzen und die Einsetzbarkeit erhöhen. Mit der Modernisierung der B61 soll der Unterschied zwischen taktischen und strategischen Bomben beseitigt werden. Künftig kommt ein und dasselbe Modell mit Jagdbombern und strategischen Bombern zum Einsatz. Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin von IPPNW, wies in einer Stellungnahme für die Frankfurter Rundschau auf einen nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Aspekt der geplanten Atomwaffenmodernisierung hin: »Hintergrund der Modernisierungswelle in den Atomwaffenstaaten sind neben politischen auch ökonomische Interessen. Der Bau der neuen Atomwaffen liegt in den Händen von Firmen wie Babcock & Wilcox, Bechtel Corporation, Honeywell, Lockheed Martin und Boeing. Das Beziehungsgeflecht zwischen diesen Firmen und den Entscheidungsträgern im US-Kongress und -Senat ist eng. Auch in Deutschland sind Airbus und Thyssen Krupp durch den Bau von Trägersystemen in das atomare Geschäft verwickelt. Deutsche Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Allianz leihen diesen Firmen Geld oder investieren in sie. Die Renditen des Geschäfts mit der Massenvernichtung sind groß. Atomwaffen sind eben ein Bombengeschäft.« Doch auch darüber will die Bundeswehr nicht sprechen und entzieht sich so einer dem Thema mehr als angemessenen politischen und zivilgesellschaftlichen Debatte. Das ist schlichtweg zutiefst undemokratisch! Der frühere Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière stellte im Juli 2013 die (Neu)Konzeption der Bundeswehr vor und war darin bezüglich der nuklearen Teilhabe der Bundeswehr erstaunlich offenherzig: »Die Bundeswehr erfüllt ihre Aufgaben mit wenigen Ausnahmen im Rahmen von Bündnissen; sie ist fest in die Strukturen der NATO integriert. Bündnisverteidigung hat zum Ziel, die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit aller Bündnispartner durch Abschreckung und Abwehr bewaffneter Angriffe von außen zu sichern oder ggf. wiederherzustellen. Bündnisverteidigung ist deshalb Landesverteidigung im erweiterten Sinne. Sie schließt die gemeinsame Abwehr von bewaffneten und asymmetrischen Angriffen und terroristischen Anschlägen nicht staatlicher Gewaltakteure ein. Hinsichtlich konventioneller Angriffe erfordern sie Fähigkeiten zur Führung von Operationen mit hoher Intensität über eine begrenzte Dauer. Die nukleare Teilhabe ist Teil der Verteidigung im Bündnis.« Und auch wenn von offizieller Seite aus nicht darüber gesprochen werden soll, so heißt dies mit anderen Worten nichts weiter als Folgendes: In den Bunkern des Fliegerhorsts Büchel werden etwa 20 US-Atomwaffen des Typs B61 gelagert. Dieser Bombentyp hat eine maximale Sprengkraft von 340 Kilotonnen, das entspricht ungefähr der 26-fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Die in Büchel deponierten Atomwaffen müssen im Kriegsfall vom US-Präsidenten freigegeben werden. Sie unterstehen der US Air Force. Die deutsche Luftwaffe unterstützt die U. S. Army mit eigens dafür stationierten Tornado-Kampfflugzeugen, die im sogenannten Ernstfall die US-amerikanischen Atomwaffen in ihr tödliches Ziel fliegen sollen. Indem Sie das einfach totschweigen, Herr Generalleutnant Müllner und Herr Oberst Radmann, mögen Sie die Bundeswehr zwar bedingt atomar angriffsbereit halten können, aber schon Albert Camus wusste: Es ist »die Wahrheit, die das Licht blendet. Die Lüge dagegen ist ein schöner Sonnenuntergang, der alle Dinge verschönert.«
Erschienen in Ossietzky 14/2016 |
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