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Präsident ist Hashim Thaçi, der ehemalige Anführer der Befreiungsarmee des Kosovo, der UÇK (Ushtria Çlirimtare e Kosovës). Ziel der Befreiungsarmee war die Loslösung der autonomen Provinz aus der serbischen Republik und die Unabhängigkeit Kosovos. Im Kampf für dieses hehre Ziel verübte sie notgedrungen Anschläge auf Polizeistationen, serbische Sicherheitskräfte, staatliche Einrichtungen, serbische Bürger und albanische Kollaborateure. Glücklicherweise konnte sie sich dabei auch auf die verdeckte, aber selbstlose Hilfe bundesdeutscher Geheimdienste stützen. Nach einem Besuch von Bundespräsident Roman Herzog in Albanien (1995) wurde in Tirana ein Kontaktbüro des BND eingerichtet, dessen Aufgabe es unter anderem war, die Untergrundbefreiungskämpfer in Kosovo logistisch und finanziell zu unterstützen. Überhaupt mangelte es der UÇK nicht an Geld. Haupteinnahmequelle war illegaler Drogenhandel, der Hunderte Millionen Mark einbrachte. Weitere Millionensummen wurden in Fonds gesammelt, die Namen trugen wie »Das Vaterland ruft« oder »Das Heimatland bittet um deine Hilfe«. Wenn ein Vaterland rief, konnten deutsche Behörden gegen diese Spendensammlungen auf deutschem Boden selbstverständlich nicht einschreiten. Sie dienten schließlich einer guten Sache. Noch wichtiger als die finanzielle war die propagandistische Unterstützung gegen das Regime des sozialistischen Machthabers in Belgrad, Slobodan Milošević, der die autonome Provinz Kosovo, die gar als »Wiege der serbischen Kultur« bezeichnet wurde, partout nicht in die Unabhängigkeit entlassen und die UÇK um jeden Preis niederringen wollte. Einer der verdienstvollsten deutschen Propagandisten war Verteidigungsminister Rudolf Scharping, der zuweilen aus übergeordneten Interessen auch zu Notlügen greifen musste. So erfand er zum Beispiel den »Hufeisenplan«, dem zufolge Belgrad beabsichtigte, Kosovo ethnisch zu säubern und alle Albaner aus Kosovo zu vertreiben. Schön, wenn auch ein wenig bizarr war sein Bericht über die Untaten der serbischen Soldateska, wonach »man Frauen ihre Kinder aus den Armen reißt und ihre Köpfe abschneidet, um mit ihnen Fußball zu spielen, wenn ermordeten Schwangeren der Bauch aufgeschlitzt wird und der Fötus erst gegrillt und dann in den Bauch zurückgelegt wird« (Scharping vor der European Business School in Oestrich-Winkel, 21.4.1999). Gegen all diese unvorstellbaren Schandtaten setzten sich die Freiheitskämpfer der UÇK, erhaben über die Unterstellung, Terroristen zu sein, zur Wehr. Dummerweise stellte der US-amerikanische Sonderbeauftragte für Jugoslawien, Robert Gelbard, im Februar 1998 auf einer Pressekonferenz zum Abschluss eines Aufenthaltes in Priština fest, dass die USA die Angriffe »der Gruppe, die sich Kosovo-Befreiungsarmee nennt«, auf die Polizei verurteilen. Hinzufügte er die völlig unangebrachte Erklärung, wonach »die USA einschätzen, dass es sich um eine terroristische Organisation handelt und dass ihre Aktionen terroristisch sind« (Weißbuch: Der Terrorismus in Kosovo und Metohien und Albanien, Belgrad 1998, Übersetzung R. H.). Eine derartige Fehleinschätzung war völlig fehl am Platze. So überraschte es auch nicht, dass die USA alsbald ihre Haltung gegenüber der Befreiungsarmee korrigierte. Gemeinsam mit ihrem deutschen Amtskollegen Joschka Fischer sorgte die Chefin im US-amerikanischen State Department, Madeleine Albright, dafür, dass eine Delegation der UÇK an den Verhandlungen in Rambouillet teilnehmen konnte. Die Befreiungsarmee war damit endgültig hoffähig geworden. Als die Delegation der Belgrader Machthaber ein Zusatzprotokoll, das lediglich einer bedingungslosen Kapitulation gleichkam, ablehnte, führte die NATO einen 78 Tage langen Luftkrieg gegen die uneinsichtigen Serben, in dem die UÇK zur Bodenkriegsgruppe avancierte. Wenn sie schon anfangs von einigen Ignoranten als terroristische Organisation diffamiert worden war, so waren ihre Kämpfer letztlich doch gute Terroristen, denen das Herz gehörte. Die bösen, denen man die Stirn bieten musste, waren woanders zu suchen: in der Türkei. Alle Welt weiß schließlich, dass die im November 1978 von Abdullah Öcalan gegründete Arbeiterpartei Kurdistans, die Partiya Karkerên Kurdistan (PKK), eine terroristische Organisation ist. Deshalb steht sie in der EU seit April 2004 auf einer Terrorliste, in der BRD ist sie seit November 1993 durch den Bundesminister des Inneren mit einem Betätigungsverbot belegt, also wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten. Und die PKK ist tatsächlich böse und gefährlich. Heimtückisch, wie sie ist, strebt sie nicht nach Unabhängigkeit der mehrheitlich von Kurden bewohnten Region im Südosten des Landes, sondern lediglich nach einer administrativen Autonomie. Noch schlimmer: Sie zeigt keinerlei Respekt vor den Herrschern in Ankara, nicht einmal vor dem seelenguten Präsidenten Erdoğan. Sie schreckt nicht einmal davor zurück, sich gegen die türkische Armee mit Waffengewalt zur Wehr zu setzen. Völlig zu Recht hatte das vom demokratischen Urgestein Manfred Kanther (CDU) geleitete Innenministerium bei der Begründung des PKK-Verbotes unter anderem festgestellt: »Die Tätigkeit der PKK sowie ihrer Teilorganisationen verstößt gegen Strafgesetze, richtet sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, gefährdet die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland.« Ungeachtet dieser kristallklaren Rechtslage erdreistete sich die Bundestagsfraktion der Linken im Dezember 2014, die Aufhebung des Betätigungsverbotes für die PKK, das sie gar als einen Anachronismus bezeichnete, zu fordern. Als der Antrag zwei Monate später im Bundestag behandelt wurde, war die Abgeordnete Ulla Jelpke so unverschämt, daran zu erinnern, dass »zu den Folgen des Verbots … Tausende Strafverfahren, Razzien, Vereins- und Versammlungsverbote [gehören] und ein Großteil der fast eine Million Kurden in Deutschland … infolge des PKK-Verbotes von Grundrechtseinschränkungen und Kriminalisierung, von Diskriminierung, Ausgrenzung und Missbrauch betroffen [sind]«. Das ging den Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD entschieden zu weit. Energisch wiesen sie den Antrag zurück und die Linke in die Schranken. Einer der Sprecher der schwarz-rosa Koalition, der Abgeordnete Marian Wendt, traf den Nagel auf den Kopf mit der Frage, warum »die SED-Nachfolgepartei ein Ende des Verbots der PKK« fordert. Und um eine glänzende Antwort, gerichtet an die Fraktion der Linken, war er nicht verlegen: »Vielleicht wollen Sie ja in der Türkei oder in Deutschland eine zweite DDR mitbegründen.« Und so fuhr er fort mit einer weiteren scharfsinnigen Frage, nämlich danach »wie die PKK in Deutschland reagiert und agiert«. Auch dazu war die Antwort kristallklar und überzeugend: »Wir begründen ein Vereinsverbot mit ihren Aktivitäten in Deutschland. In diesem Zusammenhang bleibt für mich festzuhalten: Erpressung von Spendengeldern, Körperverletzung, Landfriedensbruch, Drogen- und Menschenhandel. Es handelt sich also bei der PKK um eine kriminelle Vereinigung mit dem Ziel, in Deutschland Straftaten zu begehen.« Bei diesem schrecklichen eindeutigen Tatbestand konnte Wendt nur feststellen, dass das Verbot der PKK »die einzig richtige Entscheidung einer wehrhaften Demokratie gegenüber einer terroristischen Organisation« ist. Mit dieser vortrefflichen Argumentation bot der hoffnungsvolle junge Marian unter dem Beifall seiner Koalitionskollegen dem Bösen die Stirn. Fazit: Gut war die UÇK, und eben böse ist die PKK. Allerdings, der Marian Wendt ist Mitglied einer Partei, die das »C« in ihrem Namen führt. Und gute Christen sollten das Buch der Bücher, die Heilige Schrift, das Wort Gottes kennen, das in diesem Fall lautet: »Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!« (Jesaja 5,20).
Erschienen in Ossietzky 11/2016 |
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