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Er war vor Ruhestandsbeginn DGB-Landesbezirksvorsitzender, und sein Parteibuch war bei dieser Karriere nicht von Schaden. Als Mitglied der SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft bezog er, neben dem knackigen DGB-Gehalt, 2600 Euro Diäten. Als SPD-Fraktionsvorsitzender bekam er nebenher das Dreifache, 7800 Euro, und wer‘s ironisch mag, kann das als Schmerzensgeld für die Prügel betrachten, die Grund wegen seiner Amtsführung von seinen Genossen bezog. Nach einem Jahr reichte es den Sozialdemokraten um Olaf Scholz. Uwe Grund musste 2002 zurück ins Glied und gerierte sich prompt als Opfer einer Intrige. Schließlich zog er die Reißleine und trat »aus persönlichen Gründen« 2011 nicht wieder zur Bürgerschaftswahl an. Er hatte sich andere Nebentätigkeitsfelder erschlossen. Im Vorstand der Stiftung Ruhegeldkasse war er engagiert daran beteiligt, dass die Ruhestandsbezüge der Mitarbeiter der vor 20 Jahren aufgelösten Deutschen Angestellten-Gewerkschaft DAG bescheiden blieben. Ihre arbeitsgerichtlichen Klagen ließ er routiniert wie ein Arbeitgebervertreter an sich abprallen. Als 60jähriger fand er hingegen den eigenen frühen Abgang in den Ruhestand mit prima DGB-Betriebsrente dem Schutz seiner angegriffenen Gesundheit dienlich. Auf dem Altenteil war er gesundheitlich aber wieder stabil genug für lukrative Pöstchen. Zum Beispiel im Aufsichtsrat der Versicherungsgruppe Provinzial NordWest. Laut Geschäftsbericht (2014) bekam Grund 5950 Euro im Jahr bei denkbar kleinem Aufwand. Ein warmes Plätzchen hält er auch im Aufsichtsrat der Hamburger Sparkasse. Dessen 20 Mitglieder bekommen für ihr aufopferungsvolles Sitzen laut Geschäftsbericht zusammen jährlich 700.000 Euro. Auf Uwe Grund entfallen demnach mindestens 30.000 Euro. Von diesen Aufsichtsrats-Bezügen kann er laut DGB-Satzung zwar jeweils nur 3150 Euro behalten, von den Resten muss er je 90 Prozent an die Hans-Böckler-Stiftung abführen. Es bleiben ihm zu seiner gesetzlichen und zu der DGB-Rente jährlich noch 9300 Euro Aufsichtsrats-Zubrot. Für ein paar Sitzungsstunden. Unser Kämpfer für finanzielle Transparenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat sicher nichts einzuwenden, wenn wir seine weiteren 11.928 Euro jährliche »Aufwandsentschädigung« als Rundfunkrats-Vorsitzender erwähnen. Der Fairness halber verbuchen wir aktuell aber nur 9560 Euro, denn derzeit ist er lediglich Stellvertreter. Für welchen »Aufwand« der NDR seine Räte eigentlich »entschädigt« – Aktenstudium zuhause? –, ist zwar nicht so recht erkennbar. Zu sehen ist aber: Grund kassiert als Arbeiterführer i. R. zusätzliche 18.860 Euro. Nun müssen wir, zugegeben, über den Daumen peilen. Der NDR bietet seinen vielseitigen Räten nämlich Sitzungsgeld extra und Reisekostenerstattung obendrein. Das macht die schon genannte monatliche »Aufwandsentschädigung« noch fragwürdiger. Als Rundfunkrats-Vorsitzender bekam Uwe Grund pro Sitzung 124,90 Euro, für die jährlich circa sieben Sitzungen des NDR-Rates plus die sechs bis sieben Sitzungen der Landesrundfunkräte also nochmals 1750 Euro. Grunds gesamte Renten-Zulage also: locker 21.000 Euro. Die Hälfte davon für »ehrenamtliche« Sitztätigkeit als Rundfunkrat. Rundfunkräte haben eine Reihe von Ausschüssen. Deren Vorsitzende bekommen ebenfalls 124,90 Euro Sitzungsgeld, die einfachen Mitglieder allerdings nur 63,68 Euro. Schwer zu sagen, wie viele Sitzungen Uwe Grund per anno absitzt, schätzungsweise schafft er mindestens 1400 Euro Sitzungsgeld; sein Zugewinn läge aktuell bei 22.000 Euro. Wenn man die 107 Euro Sitzungsgeld nicht vergisst, die Uwe Grund als Vorsitzender der Vorsitzenden-Konferenz der ARD bezog, und ferner, dass die Räte zum Dank für ihre Sitzbeschäftigung freie Kost und gegebenenfalls Logis bekommen, dann darf man von einer Gesamtaufstockung seiner Rente um 22.000 Euro ausgehen. Als Gegenleistung für ein paar Sitzungsstunden Wichtigtuerei. Denn Rundfunkräte sind von den »bedeutsamen« Organisationen und Verbänden entsandte Vertreter der Öffentlichkeit. Sie sollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter anderem auf Einhaltung des Programmauftrags prüfen. Das machen sie im NDR nur in geschlossener Sitzung. Und haben bei Spitzentee und Keksen bisher noch keiner einzigen Publikumsbeschwerde über das miese Informationsangebot stattgegeben. Hunderte aber abgeschmettert, meistens begründungslos. Neuerdings wird über Beschwerden sogar nur noch paketweise abgestimmt. Es drängt sich auf, was der Sinn der »Aufwandsentschädigung« ist, die der NDR da seinen »Kontrolleuren« zahlt. Nach diesem Blick auf »Kleckerkram« ein anderer auf wesentlichere Fragen: Der NDR ist nicht nur eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter Kontrolle der Rechnungshöfe. Sondern auch ein privatwirtschaftlicher Konzern mit einem dichten Geflecht kommerzieller Tochtergesellschaften, von der Studio Hamburg GmbH bis zur Norddeutsche Kasinogesellschaft mbH. Vergleichbare privatwirtschaftliche Umfelder haben die anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten ebenfalls. Zwar wird darüber in den Programmen der Sender kaum berichtet, aber dass dieses System korruptionsanfällig ist, versteht sich; einige Schmiergeld- und Bestechungsskandale sind bekannt. Höchst problematisch auch dies: Unser Uwe Grund muss 90 Prozent seiner Aufsichtsratsbezüge an die DGB-eigene Böckler-Stiftung weiterreichen. Der DGB lässt also seine Funktionäre von den Arbeitgebern saftig bezahlen – was sollen sie denn da machen? – und sahnt davon das meiste ab; man könnte die Funktionäre als Leiharbeiter betrachten, den Arbeitgebern zu Diensten gestellt. Das Perverse an dieser Interessenverflechtung scheint niemanden zu stören.
Erschienen in Ossietzky 9/2016 |
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