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Ein paar Internetblogger echauffieren sich auch gerade wieder und zitieren fit4russland: »Alles in der ›westlichen Staatengemeinschaft‹ resultiert aus solchen ›freien sozialen Marktwirtschaften‹ und Beziehungskisten. Demokratie in Vollendung … für die eigene Tasche und den Machterhalt.« Diese Erkenntnis ist allerdings ebenso angejahrt wie der Anlass, sie hervorzukramen. Den hatte der Springer-Konzern nämlich selbst schon im Februar 2011 per Pressemitteilung bekannt gemacht. Es blieben seither nur zwei Fragen offen. Die erste an die Redaktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Warum habt ihr diesen meilenweit nach Korruption stinkenden Vorgang nie gemeldet? Doch nicht weil die Kanzlerin darauf hätte spötteln können: »Soll ich meines Mannes Hüter sein?« Als der Sozialdemokrat Gerhard Schröder dem Ruf seines Politfreundes Wladimir Putin folgte und für ein Millionensalär als Zählerableser zur russischen Gazprom ging, habt ihr, ARD-aktuell, ZDF-heute und Deutschlandradio, das doch auch genüsslich breitgetreten? Ist es weniger anrüchig, wenn der Ehemann einer amtierenden Kanzlerin bei deren Busenfreundin und Multimilliardärin Friede Springer privat absahnt? Wird die Geschichte dadurch appetitlicher, dass auch der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler im Springer-Stiftungskuratorium sitzt und die Hand aufhält? Die zweite Frage geht an die CDU: Wer in euren finsteren Kreisen hat ein Interesse daran gehabt, die Story gerade jetzt an die FAZ durchzustechen, zu einer Zeit, da die Kanzlerin eh schon unter politischem Druck steht? Gemach! Ich gehe erst mal spazieren. Hier im »Naturpark Lauenburgische Seen« weiß ich an einem schönen Aussichtspunkt eine Bank mit der Aufschrift »Gestiftet von ...« Auf dem Schildchen steht nur ein Name. Der Spender hat für Material, Fertigung, Anliefern und Verankern der Bank garantiert einen Tausender abgedrückt. Ein Geschenk, der Gemeinschaft gespendet. Wenn die Multimilliardärin Friede Springer mit 80 Millionen Euro aus ihrem Privatvermögen eine Stiftung einrichtet, spendet sie gar nichts. Über dem Strich ihrer Rechnung stehen zwar hehre Ziele: »... die Förderung wissenschaftlicher, künstlerischer und kultureller Projekte, ... Gewährung von Stiftungsprofessuren und Stipendien, Förderung wissenschaftlicher Publikationen und Forschungsvorhaben, Unterstützung von Konzeptentwicklungen, Modellversuchen, Lehr- und Beratungsinstituten ...«. Unterm Strich, nach Abzug der gewaltigen Steuerersparnis, die mit einer Stiftung erzielt wird, steht für Staat und Gesellschaft ein Minus. Die 80 Millionen Euro bleiben unangetastetes Eigentum der Stifterin. Eine Stiftung darf nur mit den Erträgen ihres Kapitals arbeiten, nicht mit dem Kapital selbst. Und wie arbeitet eine Stiftung? Jedenfalls außerhalb öffentlicher Kontrolle oder gar Mitsprache, allein nach dem Gusto des Eigentümers. »Der Staat kann nicht alles«, soll Friede Springer einmal geäußert und damit begründet haben, weshalb sie sich als »Mäzenin« erweise. Damit traf die Milliardärin – sie verfügt mit ihrem Nachwuchs über 57 Prozent der Anteile des Verlagskonzerns Axel Springer SE und ist Vorsitzende zweier weiterer millionenschwerer Stiftungen – direkt ins Schwarze. Der Staat kann nicht »alles«, weil er der Macht seiner Geldelite unterworfen ist und ihren Interessen dient. Er bestimmt nicht allein und mittels gerechter Steuerpolitik darüber, wie viel er von den Einkünften der Vermögenden nimmt (die Vermögen selbst besteuert er ohnehin seit zwei Jahrzehnten nicht mehr), für welche gesellschaftlichen Zwecke er es ausgibt und an welche Empfänger. Die 125 Multimilliardäre der Republik verfügen zusammen über dreimal so viel Privatvermögen wie der Bundeshaushalt. Geld ist Macht – und Garant für das Ausbleiben von Demokratie rundum. Kanzlerin Merkel macht erfolgreich auf Sauberfrau. Mit Schmiergeschäften wird sie nicht in Verbindung gebracht. Dass sie dem Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, eine Geburtstagsfeier im Kanzleramt ausrichten ließ, regelmäßig mit den milliardenschweren Verlegerinnen Liz Mohn (Bertelsmann) und Friede Springer zusammengluckt, und dass solche Events das gesetzliche Umfeld für ein gedeihliches Arbeiten von Bankern und Verlegern düngen: Verflucht sei, wer Böses dabei denkt. Vorsitzende der Stiftung und des Kuratoriums ist Friede Springer selbst. Dem Kuratorium gehören weiter an: Eric Schweitzer, Präsident des Industrie- und Handelskammertages, Marianne Birthler, vormals Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen der DDR, Medizin-Professor Manfred Gahr, Bundespräsident a. D. Horst Köhler, Christoph Markschies, Professor für Ältere Kirchengeschichte und der Merkel-Ehemann und Chemie-Professor Joachim Sauer. Gleichgültig, welche unternehmerischen Kenntnis- und Erfahrungsdefizite dieses Kuratorium repräsentiert: Wichtiger Zweck jeder Stiftung ist neben der Steuerersparnis der Machterhalt der Unternehmenseigentümer. Auch im Erbschaftsfall soll damit der entscheidende Einfluss der Eigentümerfamilie gesichert werden. Wie das funktioniert? Friede Springer bei Gründung im Jahr 2011: »Die letzte Entscheidungsmacht behalte ich mir vor, das Kuratorium hat eine beratende Funktion.« In dieser Gruppe hoch bezahlter Kopfnicker ist Merkel-Ehemann Sauer zuständig für die »Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika«. Der Chemieprofessor und Kanzlerinnen-Gespons, von 1990-92 in den USA tätig, hat heute eine Brückenfunktion zwischen Massenmedien und Politik. Zu Zeiten der »Atlantikbrücke« und der TTIP-Geheimverhandlungen gerade für die US-amerikanischen und die deutschen Pharma-Konzernriesen von allergrößtem Interesse. Noch Fragen? Noch eine Anmerkung. Die Sauer-Vita belegt das hohe Niveau der DDR-Wissenschaften. Der Mann wurde gleich nach der Wende in die USA geholt. Einst auf Kosten des DDR-Volkes bestens ausgebildet, machte er damit im Kapitalismus Kasse. Dank seiner Frau, der Kanzlerin, darf er jetzt die intellektuelle Leuchte Friede Springer beraten, wie man gesellschaftliche Verhältnisse verhindert, denen er seine Karriere verdankt.
Erschienen in Ossietzky 7/2016 |
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