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Sie möchte ungern in die Nähe von DDR-Regierenden gerückt werden. Offenbar möchte sie gerade überhaupt nicht in die Nähe von Regierungen gerückt werden, denn die, der sie angehört, beschuldigt sie ja gerade der Unrechtmäßigkeit. So wie Julia Timoschenko die ukrainische Regierung – allerdings erst nach ihrem Austritt. Die Regierung, der einst Frau Timoschenko angehörte, sei von vorneherein durch undurchsichtige Kungeleien geprägt gewesen (vgl. Reinhard Lauterbachs Beitrag in der junge Welt vom 20./21.2.16). Und jetzt weiß keiner, wer die Ukraine eigentlich regiert. Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk ist zwar einem Misstrauensvotum entkommen, weil wundersamer Weise zu wenig Abgeordnete für seinen Abtritt votierten. Frau Timoschenko weiß allerdings auch, wie dieses Wunder zustande kam: Nach ihrer Meinung wurden für jede Stimme zugunsten Jazenjuks mindestens eine Million US-Dollar geboten. Von wem wohl? Nicht vom IWF. Der hält seit Monaten eine fällige Kreditrate zurück, und IWF-Direktorin Christine Lagarde bezeichnet die Ukraine als »schwierigen Partner«. Die Schwierigkeiten bleiben, denn Jazenjuk ist nicht mehr handlungsfähig. Frau Timoschenkos Partei ist aus der Regierungskoalition ausgetreten, die Partei »Selbstverteidigung« tritt zwar nicht aus, will aber die Parlamentssitzungen boykottieren. Die Regierung hat also keine Mehrheit im Parlament – es sei denn, sie kauft sie zusammen. Und wer gibt das Geld? Nach Rechtsstaatlichkeit hört sich das alles nicht an. Wie in der Türkei, dem neuen Hätschelkind von Frau Merkel. Dort werden Journalisten verfolgt und verhaftet, kurdische Städte bombardiert und Flüchtlinge aus Syrien nicht über die Grenze gelassen. Und nach dem Attentat in Ankara wusste die Regierung auch ganz genau, wer der Schuldige war. »Tut nichts, der Türke wird bezahlt«, damit die Flüchtlingsströme endlich nicht mehr an Europas Ufer branden. Denn: »Die Zahlen, die nach Europa gekommen sind und auch in unser Land, nach Deutschland, gekommen sind, sind dauerhaft nicht tragbar, sie sind nicht nachhaltig und deswegen müssen sie deutlich reduziert werden«, so Manfred Weber (CSU), Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, im Deutschlandfunk am 7.2. Mit den »Zahlen« meint Herr Weber selbstverständlich nicht irgendwelche Zahlen, sondern Menschen. Zahlenströme auf Banknoten sind dagegen willkommen – aber auch nicht unkontrolliert. Immer lauter wird der Ruf nach Abschaffung der Barzahlung. Damit könnten angeblich der Terrorismus und das Verbrechen ausgetrocknet werden. Weil Bargeldströme weniger leicht zu kontrollieren sind als Kontenbewegungen. Das geht manchen – durchaus nicht des Terrors Verdächtigen – aber zu weit: »Bargeld ist gelebte Freiheit, die wir nicht preisgeben sollten«, sagte FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing auf liberale.de zu den Plänen, das Bargeld abzuschaffen. Ist unsere Bundesrepublik noch ein Rechtsstaat? Ein Rechts-Staat sicherlich. In Sachsen ist die Polizei auf dem rechten Auge so blind, dass es inzwischen sogar der Presse auffällt. Da werden Flüchtlinge beschuldigt, sie hätten den rechten Mob »mit Gesten provoziert«, anstatt den Mob strafrechtlich zu verfolgen, der da, trotz polizeilichem Platzverweis, vor dem Bus in Clausnitz gewütet hat. Da können die Brandstifter unbehelligt auch noch ihren Brand beklatschen in Bautzen. Und das sind ja keine Einzelfälle: Das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichte Zahlen: 2015 kam es zu insgesamt 1005 Attacken auf Flüchtlingsheime, fünfmal mehr als 2014. Aber organisatorische Zusammenhänge gebe es da nicht, sagt das BKA: alles Einzeltäter. Was dem Rechtsstaat gelegen kommt. Und im Hintergrund grüßt der tiefe Staat, die Kungelei zwischen Rechten und Geheimdiensten. Da geschieht der vierte plötzliche Todesfall im Umfeld des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn: Erst Florian Heilig, Neonazi-Aussteiger, der kurz vor einer geplanten Aussage in seinem Auto verbrannte und sich aus Liebeskummer umgebracht haben soll. Dann der seltsam plötzliche Tod der Frau, wegen der er angeblich Liebeskummer hatte. Und jetzt deren Verlobter, der ebenfalls Selbstmord begangen haben soll. Es gibt im Zusammenhang mit dem Mord an der Polizistin noch einen weiteren Zeugen, der unter ungeklärten Umständen zu Tode kam, berichtete der Journalist Thomas Moser auf Telepolis. Die verbrannte Leiche wurde neben einem Auto auf einem Waldparkplatz gefunden. Ein Muster, das verdächtig nach Unrechtsstaat schreit. Aber das meinte Herr Seehofer wohl nicht.
Erschienen in Ossietzky 6/2016 |
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