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Die NATO-Kommandozentrale und das amerikanische Militär mussten ins belgische Mons umziehen, die französischen Streitkräfte standen der NATO nicht mehr zur Verfügung. Die späteren Präsidenten knüpften zumindest auf politischer Ebene erneut Kontakte zum Atlantikpakt, aber erst Nicolas Sarkozy, der aus seiner proamerikanischen Haltung keinen Hehl machte, beschloss die Wiedereingliederung in einige militärische Einrichtungen der NATO. Eine vollständige Rückkehr Frankreichs in das Bündnis veranlasste er jedoch nicht, die Kritik der oppositionellen Sozialisten und anderer Parteien war zu heftig. Nun sind es die Sozialisten der PS, die die vollständige Rückkehr in das amerikanisch dominierte Bündnis durchsetzen wollen. Anfang Februar schickte sich diese sozialistische Regierung nun an, den Ausnahmezustand in der Verfassung zu verankern und die Möglichkeit zu schaffen, die französische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Sozialpolitisch versucht man, Regelungen zu finden, welche sich an den deutschen »Hartz IV«-Gesetzen orientieren und die 35-Stunden-Woche abschaffen. So setzen diese »Linken« politisch das durch, was die Rechte sich nie getraut hätte. Wir kennen das von unseren Sozialdemokraten. Überhaupt haben beide Parteien eine lange Tradition, wenn es darum geht, Prinzipien zu verraten. 1914 schlossen sich die Abgeordneten der SFIO (Französische Abteilung der Arbeiterinternationale) mit Begeisterung der »Union sacrée«, dem patriotischen Bündnis der Kriegsbefürworter an, kaum dass der am Vorabend des Kriegsausbruchs ermordete Sozialist und Antimilitarist Jean Jaurès begraben war. 1915 sandte Jules Guesde, sozialistischer Minister im Kriegskabinett, einen Genossen nach Italien, um die zögernden italienischen Sozialisten für den Krieg zu gewinnen. Ein einziger französischer Parlamentarier widersetzte sich der Kriegsbegeisterung seiner Parteifreunde: Jean Longuet, der Enkel von Karl Marx. Letztlich waren es die revolutionären Gewerkschaften, die die Fahne des französischen Antimilitarismus hochhielten. Linke Ideen verwirklichte die SFIO nur 1936 bis 1938, als sie unter Léon Blum mit Duldung der Kommunisten die Volksfront-Regierung gebildet hatte. In dieser Zeit wurden die 40-Stunden-Woche, der bezahlte Urlaub sowie die Bildung von Betriebsräten eingeführt. Die Nationalbank und die Eisenbahn wurden verstaatlicht. Als 1940 nach dem Einmarsch der Wehrmacht im französischen Parlament über die unbeschränkte Macht des Maréchal Pétain abgestimmt wurde, stimmten 569 von 669 Abgeordneten dafür, darunter die große Mehrheit der Sozialisten. Während der deutschen Besatzung engagierten sich nur wenige SFIO-Mitglieder im Widerstand, dieser wurde hauptsächlich von Gaullisten und Kommunisten getragen. Nach dem Krieg war die SFIO an mehreren Regierungen beteiligt. Wieder waren es die Sozialisten, die auf dem Höhepunkt des Algerienkrieges die Unterdrückung des Aufstandes maßgeblich vorantrieben. 1956 bekam Guy Mollet, Parteichef und Ministerpräsident, die absolute Mehrheit seiner Genossen zur Aufrechterhaltung Algeriens als Teil Frankreichs mit allen Mitteln. Der sozialistische Minister und Gouverneur von Algerien, Robert Lacoste, erlaubte ausdrücklich die Anwendung der Folter. Es blieb General de Gaulle vorbehalten, die algerische Tragödie zu beenden. 1962 hatte die SFIO im Vergleich zur ersten Nachkriegswahl 50 Prozent ihrer Wähler verloren, nur noch knapp 13 Prozent stimmten für die Sozialisten. Das lag einerseits an der verfehlten Algerienpolitik, andererseits an der starken KP. 1965 gelang es einem Politiker aus dem linken Zentrum, durch ein Bündnis aller Linksparteien bei den Präsidentschaftswahlen 45 Prozent auf sich zu vereinigen: François Mitterrand. Er unterlag damit nur knapp Charles de Gaulle. Mitterrand war es auch, der 1969 die Parti socialiste gründete, nachdem die getrennt angetretenen Linksparteien bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl eine vernichtende Niederlage erlitten hatten. Die SFIO hatte gerade mal fünf Prozent bekommen und ging in der neuen Partei auf. 1981 wurden die Sozialisten durch den Sieg Mitterrands bei den Präsidentschaftswahlen mit 36 Prozent die stärkste Partei. Zusammen mit den Kommunisten und anderen linken Parteien bildeten sie die »majorité présidentielle«, also Mitterrands Mehrheitsbeschaffer. Ähnlich wie 1936 wurden Banken verstaatlicht, eine Steuer auf große Vermögen beschlossen, eine fünfte bezahlte Urlaubswoche eingeführt sowie die Rente mit 60. Doch die Euphorie hielt nicht lange an. Die Arbeitslosigkeit stieg, ebenso die Staatsverschuldung. Gleichzeitig sahen viele Sozialisten nun die Gelegenheit, durch Ämter und Funktionen zu Macht und Reichtum zu gelangen. Der Begriff »gauche caviar« (Kaviarlinke) machte die Runde. Bis zum Ende der Ära Mitterrand 1995 wurden viele Reformen wieder zurückgenommen, die PS blieb danach bis 2012 in der Opposition. Mit der Wahl von François Hollande wurde kein Sozialist, sondern das kleinere Übel zu dem Egomanen Sarkozy und der rechtsextremen Marine Le Pen gewählt. 1905 hatte sich die SFIO gegründet und sich in Artikel 1 ihrer »déclaration de principes« eindeutig definiert: »Die sozialistische Partei ist eine Klassenpartei, deren Ziel es ist, die Produktions- und Tauschmittel zu vergesellschaften, also die kapitalistische Gesellschaft in eine kollektivistische oder kommunistische Gesellschaft umzuwandeln, mittels der wirtschaftlichen und politischen Organisation des Proletariats. Durch ihr Ziel, ihr Ideal, ihre angewandten Mittel ist die sozialistische Partei, auch wenn sie die Verwirklichung unmittelbarer Forderungen des Proletariats verfolgt, keine Reformpartei, sondern eine Partei des Klassenkampfes und der Revolution.« Seitdem wurden immer neue Versionen verabschiedet. Auch 1946 wurde noch ausdrücklich der revolutionäre und marxistische Charakter der Partei betont. In der 1969 verabschiedeten Erklärung fehlt der Marxismus und neben der Revolution tritt der Reformbegriff in den Vordergrund. 1990 spricht man dann von einer »Gesellschaft gemischter Wirtschaftssysteme, welche ohne Verkennung der Marktgesetze den gesellschaftlichen Gruppen und der öffentlichen Gewalt die Mittel zur Verwirklichung jener Ziele liefern, die im allgemeinen Interesse liegen.« Dagegen heißt es in der 2008 verabschiedeten Version nur noch nebulös: »Sozialist zu sein heißt nicht, sich mit der Welt zufrieden zu geben, wie sie ist, sondern die Welt zu verändern. Das Ziel des sozialistischen Handelns ist die vollkommene Emanzipation des Menschen.« Was immer man darunter verstehen mag ... Quellen: www.lours.org (office universitaire de recherche socialiste), Übersetzungen Ch. Z.
Erschienen in Ossietzky 5/2016 |
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