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Ich habe keine Ahnung, woher das kommt, und mit dieser Bemerkung handle ich mir wahrscheinlich schon wieder viel Post ein. Aber ich denke, wenn die Berichterstattung von jemandem im ›journal‹ bestimmt wird, dann hätte der oder die ja irgendwann mal zum Beispiel mit mir sprechen müssen. Das ist nie passiert, nie! Okay, wir schätzen nicht immer alles richtig ein, wir machen auch mal Fehler. Aber wir recherchieren, prüfen, wägen ab und berichten, wie wir es in unserer Redaktion für richtig halten.« Weiß Gott, diese Worte sitzen, sie treffen voll ins Schwarze! Die »Mächtigen in Berlin« unterhalten keine Agitationskommission, wie es sie in der DDR gab. Die Redaktion des »heute-journals« berichtet völlig unabhängig, eben so, wie es die Grundsätze des ZDF verlangen – sachlich, objektiv, ausgewogen, fair (s. Ossietzky 25/2015). Allerdings wissen die Redakteure, Korrespondenten und Claus Kleber, was den Mächtigen in den USA und in der Bundesrepublik, dem neoliberalen Interessennetzwerk in den Kram passt und was nicht. Nicht zufällig ist Claus Kleber Mitglied der Atlantik-Brücke e. V., mehr noch, er gehört gemeinsam mit verdienstvollen Lobbyisten wie Arend Oetker, geschäftsführender Gesellschafter der Oetker Holding GmbH, Roland Berger, Gründer und Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants, Volker Rühe, Bundesverteidigungsminister a. D. dem Kuratorium der zugehörigen Stiftung an. Dieser harm- und einflusslose logenähnliche Zusammenschluss charakterisiert sich selbst folgendermaßen: »Die Atlantik-Brücke ist ein gemeinnütziger, privater und überparteilicher Verein, der das Ziel hat, eine Brücke zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu schlagen. Im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten steht das Bemühen um ein besseres gegenseitiges Verständnis. Zielgruppe sind deutsche und amerikanische Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik, den Streitkräften, der Wissenschaft, den Medien und der Kultur, die bei der Atlantik-Brücke einen Rahmen für vertrauliche Gespräche finden ...« (www.atlantik-bruecke.org) Gerade auch aus diesen »vertraulichen Gesprächen« saugt Kleber das Wissen und die Kraft, um unabhängig und grundsolide über das nationale und internationale Geschehen zu berichten. Allerdings platzt ihm manchmal der Kragen, und er verwandelt sich in einen telegenen Scharfrichter. Das geschah zum Beispiel 2014, als er nach der Wiedereingliederung der Krim in den russischen Staatsverband den Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG, Joe Kaeser, der es gewagt hatte, Moskau einen lang geplanten Besuch abzustatten und sich gar von Präsident Putin empfangen zu lassen, in seinem »heute-journal« verhörte. Ihn interessierte nicht, was in diesem Gespräch besprochen worden war, sondern: »Was haben Sie sich bei diesem Freundschaftsbesuch gedacht?« und »wie lange mussten Sie [im Vorzimmer des Staatspräsidenten] warten?« Empört zeigte er sich darüber, dass der Siemens-Chef aus geschäftlichen Interessen auch mit dem mit Einreiseverbot belegten Natschalnik der russischen Eisenbahnen zusammengetroffen war: »Und Sie haben mit dem geredet … als Repräsentant eines Unternehmens, das auch für Deutschland steht!« Auch hier interessierte der Gesprächsinhalt den journalistischen Inquisitor nicht; er wusste, dass der Russlandbesuch in der Atlantik-Brücke und mehr noch im sanktionsgeilen Washington mit Empörung aufgenommen worden war. Kleber ist ein hochdotierter Journalist mit rund 500.000 Euro Jahresgehalt und sympathischem Äußeren, der allerdings von seiner schweren Russophobie nicht genesen kann. Einen neuen Schub erhielt sie, als Russland, abgestimmt mit der Führung in Damaskus, begann, Luftangriffe gegen die Truppen des Islamischen Staates und andere terroristische Verbände zu fliegen. Friedensfreund Kleber geriet aus dem Häuschen und pfiff erneut auf sein Motto, »zu recherchieren, zu prüfen und abzuwägen«. Wenige Stunden nach dem Mehrheitsbeschluss des Bundestages über den Kriegseintritt der Bundesrepublik in Syrien ließ er die taz-Autorin Kristin Helberg im »heute-journal« zu Wort kommen, nicht ohne anzupreisen, dass sie Syrien so gut kenne, »wie kaum ein anderer deutschsprachiger Journalist«. Den Umstand, dass sie seit Jahren nicht mehr in das Land einreisen darf, da sie sich den Sturz Assads aufs Panier geschrieben hat und Unterstützerin der Regime-Change-Initiative »Adopt a Revolution« ist, verschwieg er sicherheitshalber, hätte das doch an der Unparteilichkeit ihrer Aussagen zweifeln lassen. Immer wieder durch Zwischenfragen ermuntert, behauptete die exzellente Syrienexpertin, dass das von Russland unterstützte Assad-Regime »gezielt Raketen … auf Krankenhäuser, Marktplätze mit sehr vielen toten Zivilisten« abfeure. Die Hoffnungslosigkeit der Syrer habe sich verstärkt, seit »die russische Luftwaffe diesen Überlebenskampf Assads mitführt«. Russland habe in den zwei Monaten »mehr als 500 Zivilisten getötet«, während den amerikanischen und französischen Angriffen nur »14 Zivilisten« zum Opfer gefallen seien. Die exakten Angaben erfreuten Kleber sichtlich, und so stellte er fest: »Die Russen bombardieren alles außer den IS.« Wunderbar hat er das auf den Punkt gebracht! Der unter anderem mit dem »Herbert Quandt«-Medienpreis der Johann-Quandt-Stiftung und der Goldenen Kamera Ausgezeichnete legt eben größten Wert auf eine wahrheitsgemäße Information. Das bewies er auch, als Putin Mitte Dezember 2015 seine Jahrespressekonferenz gab, an der der Moskauer ZDF-Korrespondent Bernhard Lichte teilnahm. Kleber leitete dessen Beitrag mit dem Satz »Putin inszenierte heute seine Mammut-Pressekonferenz« ein, worauf der Korrespondent sich dem sachlichem Ton anschloss und seinen Bericht mit den Worten »Der Kreml-Chef hält Hof« begann, um sodann als Spitzenmeldung mitzuteilen, dass »die Vertreterin eines Regionalkanals in Richtung Putin flötete: ›Wladimir Wladimirowitsch, als Frau muss ich Ihnen sagen, wie gut und wie sportlich Sie aussehen.‹« Obwohl die Journalistin diesen Satz erst nach einer Stunde und 55 Minuten im Zusammenhang mit der sportlichen Ertüchtigung der Jugend gesagt hatte, war es doch ein gelungener Einstieg wie für ein Boulevard-Blatt! Für eine seriöse Nachrichtensendung wäre es vielleicht besser gewesen, mitzuteilen, dass an der Pressekonferenz immerhin 1392 in- und ausländische Journalisten teilnahmen. Doch Lichte verzichtete auf diese uninteressante Angabe, wie auch darauf, auf solch nebensächliche Antworten Putins auf Fragen zu den russischen Stützpunkten in Syrien, zu Assad, den Wirtschaftsbeziehungen zur Ukraine und zu den Präsidentschaftswahlen in den USA einzugehen. Zum Ausgleich servierte er eine Falschübersetzung – man könnte das auch Lüge nennen – im Zusammenhang mit dem Abschuss eines russischen Kampfjets habe der Präsident erklärt, »jemand von türkischer Seite [hätte] möglicherweise versucht, den USA in den Arsch zu kriechen«. In Wirklichkeit hatte Putin dieses Wort nicht in den Mund genommen. Richtig in Fahrt gekommen, fragte Lichte am Schluss seines Berichtes: »War da noch was? Ach ja, Putin nominiert einen Friedensnobelpreisträger: Sepp Blatter. Ein Schelm, wer da an das Prinzip, eine Hand wäscht die andere, oder gar an Korruption denkt! Schließlich ist Russland Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2018.« Ein gelungener Abschluss eines überzeugenden Korrespondenten-Berichtes. Tatsächlich: Ein Schelm, wer da an objektive, sachliche Berichterstattung denkt. Selbstverständlich ist der Nobelpreisvorschlag abwegig, aber wenn mit diesem Preis auch US-Präsident Obama und die EU ausgezeichnet wurden, dann kann fast jedermann, auch ein der Korruption verdächtigter Fußballkönig, mit ihm dekoriert werden. Aber Scherz beiseite, das von Kleber moderierte »heute-journal« setzte auch mit diesem Beitrag seine wohl recherchierte, sorgfältig geprüfte und ausgewogene Russland-Berichterstattung fort. Teilweise hat der Moderator schon Recht, wenn er in seiner Ehrenerklärung feststellt, dass es »schon erschreckend ist, wie viele vernünftige Menschen« – und hier hätte er fortfahren können – von mir, dem ZDF-»heute-journal« und unseresgleichen mit Halbwahrheiten, Lügenmärchen und tendenziösen Berichten manipuliert werden. Seit langem lautet ein böser Vorwurf gegen Bücher und Zeitungen: Sie lügen wie gedruckt. Heutzutage kann es auch heißen: Sie manipulieren wie gesendet.
Erschienen in Ossietzky 2/2016 |
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