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Der Europäische Gerichtshof entschied, dass damit unser Grundgesetz gegen das Recht auf Gleichstellung verstoße. Statt nun auch die Männer vom Kriegsdienst auszuschließen, wurde unsere Verfassung noch weiter reformiert: Jeder und jede kann – und soll – nun in den Krieg ziehen. Immer wieder reformiert wird auch das Programm des Westdeutschen Rundfunks, bis er jetzt endlich zu Jahresbeginn mit der neuesten Reform des Wortprogramms WDR 5 ganz auf der Höhe der Zeit angekommen ist. Thema der einst so kritischen Sendung »Zeitzeichen«: »2. Januar 2001. Erstmals treten Frauen ihren Dienst in Bundeswehr-Kampfeinheiten an.« Kampf – nicht Verteidigung. Diese Sendung, von einer Frau, Claudia Friedrich, kann die Bundeswehr als hochwillkommenes Werbemittel einsetzen. Sie hat immer mehr Probleme, Freiwillige zu finden. 19.000 Frauen »repräsentieren«, so informiert der WDR, heute in den Kampfeinheiten »das Gewaltmonopol des Staates«. Gemeinsam mit 160.000 männlichen »Kameraden«. Der Info-Text der Redaktion: »Im Januar 2001 geriet der bundesdeutsche Heereskörper in schwere Turbulenzen. Die ersten Rekrutinnen griffen zur Waffe, und nicht, wie gewohnt, zu den Instrumenten der Musikkapelle oder Medizin.« Was wuchs da heran? »Eine neue Front« – ein emanzipatorischer Akt? Weil: »Den Männern begegneten Frauen auf Augenhöhe.« Gleiches Recht auf Arbeit – gut. Auf gleiche Arbeit? Und – sehr nützlich: So konnten Personalengpässe behoben werden. Besonders erfreulich: Durch den Einsatz im Kosovo wurde aus der »Verteidigungsarmee«, wie es hieß, »ganz vorsichtig« eine »Einsatzarmee«, die »an verschiedenen Orten der Welt operiert« – aber nun mit Toten und Verletzten rechnen musste. Wir befinden uns beim Taktischen Luftwaffengeschwader 31 »Boelcke« in Nörvenich am Eifelrand. Benannt nach dem Kampfflieger Oswald Boelcke, der als erster Pilot weltweit sich auf die Jagd nach feindlichen Flugzeugen machte. Freund von Max Immelmann, von dem so manches mörderische Luftgeschwader kündete. Boelcke stürzte am 28. Oktober 1916 ab (– das wäre zum Hundertsten ein Helden-Zeitzeichen). Seine Bronze ziert den Standort. Daran vorbei dürfen die beiden Soldatinnen: Oberfeldwebel Anke Waschke, 33, Fluggerätemechanikermeisterin und Hauptmann Nicola Baumann, 30, Eurofighter-Pilotin. Sie sind begeistert von ihrem Beruf. »Der Eurofighter ist ein absolut geiles Flugzeug.« Allein schon die Silhouette, alles »sehr innovativ, sehr technikbeladen«, diese grau lackierten Riesenvögel in Fiberglas-Titan. Blick zum Himmel, die WDR-Autorin freut sich: »Wildgänse ziehen gen Süden.« Gerhard Kümmel, Leiter des Zentrums für Militärgeschichte in Potsdam soll einordnen. Frauen schlichten Streit: »Peace keeping« in »Deeskalationseinsätzen« – mit dem Eurofighter? Nein, hinterher. Sie können mit vergewaltigten Frauen sprechen – in den »Balkankriegen«. Sie, die Frauen (und die Bundeswehr an sich) sind ja so offen für jeden: Homos, Heteros, Christen, Juden, Moslems – gibt es alles in den Streitkräften, erfährt der Hörer. Eine Gender-Expertin wird herangezogen, die Soziologin Maja Apelt. Das, was unter Männlichkeit oder Weiblichkeit verstanden wird, sei ein Konstrukt. Und der Gedanke, dass Frauen Urängste bei den Soldaten schüren. Dass der »gestählte Heereskörper verweiblicht« werde. Sie spricht einmal kurz von den Zivildienstleistenden, da wuchs eine neue Generation heran. Jetzt gibt es andere Probleme, die Familie. »Rekrutinnen bauen Karrieren auf.« Familienfreundlich. Frau Hauptmann gelangt zum Cockpit. Zeigt ihren Joystick mit vielen Knöpfen. »Klavierspielen« nennen sie es. Damit ortet sie »Feind und Ziel«. Und mit dieser Klaviatur »löst sie Raketen« aus. Wo? »An verschiedenen Orten der Welt«, wie es beim Wechsel zur Einsatzarmee hieß? Sie lässt die Triebwerke warmlaufen. Frage der Journalistin: Wenn dieses Flugzeug ein Mensch wäre, wie würde sie ihn einschätzen? Lachen: »Es wäre eine Frau. Auf jeden Fall wäre sie sehr sexy, sehr elegant, mit viel Power.« Wieder Lachen. Dann hebt der Eurofighter mit viel Getöse ab. Während ich das schreibe, fliegt die Bundeswehr erstmals mit Tornado-»Aufklärungs«-Flugzeugen von der Türkei aus über Syrien.
Erschienen in Ossietzky 2/2016 |
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