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Bundeszentrale – Sklaverei ohne SarrazinOtto Köhler Die Bundeszentrale für politische Bildung teilte zum Weihnachtsfest mit: »Spätestens seit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 ist das Verbot von Sklaverei eine international akzeptierte Norm, faktisch aber werden Menschen noch immer versklavt und unter schlimmsten Bedingungen ausgebeutet.« In ihrer Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschehen (Nr. 51/52, Thema »Sklaverei«), erläutert die Bundeszentrale: »Da heute nicht mehr Eigentum, sondern die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Person als die entscheidende Kategorie gilt, werden Fälle von Menschenhandel, Zwangsarbeit, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft oft auch als ›moderne Sklaverei‹ bezeichnet. Je nach Definition und Erhebungsmethode sind die Zahlen über das Ausmaß moderner Sklaverei sehr unterschiedlich. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass weltweit derzeit knapp 21 Millionen Menschen Zwangsarbeit leisten müssen.« Das bedarf für dieses Land der Erläuterung: Theodor Waigel, erfahrener Manager der Deutschen Vermögensberatung AG, langjähriger Berater der Risikokapitalgesellschaft Texas Pacific Group, Aufsichtsratsvorsitzender des Glücksspielautomatenherstellers Löwen Entertainment, Korruptionsberater des insbesondere auch gegen Griechenland hervorgetretenen Bestechungskonzerns Siemens – dieser energische Mann, hinter dessen buschigen Augenbrauen sich viel versteckt, ist immer noch Ehrenvorsitzender der Filz-Partei CSU – völlig zu Recht. In jener Zeit, als wieder zusammenwuchs, was schon immer zusammenzugehören hatte, war Waigel vom Erlösungsjahr 1989 an bis zum Vorkriegsjahr 1998 Bundesminister der Finanzen. Ob er etwas von seinem Amt verstand, ist unklar. Doch hatte er im entscheidenden Moment der neueren deutschen Geschichte den einzig richtigen Berater. Das plauderte er 2011 auf einer Festveranstaltung zum 20. Gedenktag der Ermordung des zweiten Treuhand-Präsidenten Detlev Rohwedder aus. Waigel: »Übrigens ein erfolgreicher Mann im damaligen Bundesfinanzministerium war Thilo Sarrazin. Ich vergesse ihm das nicht, dass er damals eine hervorragende Arbeit gemacht hat.« Der Ex-Minister fügte zum Beweis seiner eigenen Kompetenz hinzu: »Eines war köstlich: Wenn ich im Ausschuss Deutsche Einheit Rede und Antwort stehen musste, saß er hinter mir und hat mir die richtigen Dinge zugeflüstert.« Denn die richtigen Dinge zur Vorbereitung des Anschlusses der DDR hatte Thilo Sarrazin zusammen mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten Finanz-Staatssekretär Horst Köhler, dem späteren (IWF- und Bundes-)Präsidenten, gleich nach Schabowskis November-Unglück 1989 ausgeheckt. »Sarrazins Papier spielte eine Schlüsselrolle in der Geschichte der Wirtschafts- und Währungsunion«, stellte Andreas Wirsching fest, der gegenwärtige Chef des Instituts für Zeitgeschichte. Tatsächlich akzeptierte Waigel Sarrazins Grundsatzpapier vom 29. Januar 1990 »zur unverzüglichen Einführung der D-Mark in der DDR im Austausch gegen Reformen« – Sarrazin berechnete dazu das »Freisetzungspotential«, das durch den Anschluss bei den DDR-Bürgern generiert werden muss. Sarrazin war der richtige Mann am richtigen Platz: Die korrekte Berechnung von Lebensverhältnissen für bestimmte Ethnien – darauf versteht sich Sarrazin, seit er 1974 seine Dissertation »Logik der Sozialwissenschaften an den Grenzen der Nationalökonomie und Geschichte: Die New Economic History« schrieb. Diese Arbeit beschäftigt sich – das war zukunftsfähig – mit der sehr befriedigenden Rentabilität der Sklaverei in den Südstaaten der USA. Sorgsam differenzierte er, dass »männliche und weibliche Sklaven unterschiedliche Produktionsfunktionen besaßen«: Bei den Männern lag »die Produktivität um ein Drittel bis um die Hälfte höher; dafür bekamen die Frauen Kinder, welche auch wieder Einnahmen brachten«. Dabei sind 1974 schon, sechzehn Jahre vor der deutschen Einheit, zahlreiche Produktionsfaktoren zu berechnen: »Folgende Größen gehen in die Ermittlung der Nettoeinnahmen für männliche Sklaven ein: Die Nettoverkaufspreise für Baumwolle ab Farm, also die Handelspreise minus Abschlag für Transport, Versicherung etc. Weiterhin die jährliche Produktion eines Sklaven und seine laufenden Unterhaltskosten. Auf dieser Grundlage werden unter wechselnden Annahmen bzgl. Kapitalkosten pro Kopf und Jahr, durchschnittlichen Nettoverkaufspreisen etc. fast durchweg positive Kapitalwerte ermittelt. Die ebenfalls ermittelnden internen Zinsfüße schwanken zwischen 4,5 % und 13 %.« Von solchem Wertzuwachs kann man in der heutigen Krise des Kapitalismus nur träumen, Sarrazin berechnete den Wert des schwarzen Humankapitals exakt: »a) Jede Negerfrau produzierte während ihres Lebens 5-10 Kinder, welche in der Produktion verwendet oder verkauft werden konnten. Die erfolgreichen Schwangerschaften lagen jeweils zwei Jahre auseinander. b) Die Negersklavin besaß die Hälfte bis zwei Drittel der Produktivität eines männlichen Sklaven. Dieses Verhältnis wurde ermittelt anhand der Relationen der Mietpreise bei Sklavenvermietung. Jede Schwangerschaft kostete drei Monate Arbeitszeit. c) Die Kinder begannen mit 6 Jahren zu arbeiten. Die Jungen konnten sich ab dem 9. Lebensjahr selbst erhalten, die Mädchen vom 13. Lebensjahr an.« Aufgrund dieser und anderer Forschungsergebnisse bilanziert Sarrazin, dass »sich für weibliche Sklaven höhere Kapitalwerte und interne Zinsfüße als bei den Männern« ergeben. Sarrazins Fazit, aus dem 1974 im Rahmen der westlichen Werteordnung sein Doktor-Titel an der Bonner Universität resultierte: »Insgesamt lässt sich der Schluss ziehen, dass die Sklavenhaltung mindestens ebenso profitabel war wie alternative Verwendungen des eingesetzten Kapitals.« Mit diesem exzellenten Sklavenhalter-Fachwissen besaß Sarrazin die richtige Expertise für die korrekte Behandlung der ostdeutschen Eingeborenen. Er hat somit in seiner Doktorarbeit von 1974 die wissenschaftlichen Grundlagen für den Anschluss der DDR gelegt. Sarrazin konnte bei den Ossis anwenden, was er an den »Negersklaven« gelernt hatte. Das geht so: »… wird und muss es erhebliche Freisetzungen geben. Bei Freisetzungen im Umfang von ca. 35 bis 40 v. H. der Industriebeschäftigten wäre der in der Bundesrepublik übliche Anteil der Industriebeschäftigten an der Wohnbevölkerung erreicht.« So konnten aus den »Industriebeschäftigten« in der DDR ganz schnell Produktionsfaktoren im Anschlussgebiet und schließlich am Ende ihrer Entwicklung gefügige Hartzviermenschen werden. Das rechtzeitig zum Weihnachtsfest erschienene »Sklaverei«-Heft der Bundeszentrale für unsere politische Bildung konstatiert: »Viel zu lange war Sklaverei mit einer Vorstellung von Eigentum verknüpft, die den Kern des ›Arbeitsverhältnisses‹ verdeckt: Tatsächlich geht es nicht um Eigentum, sondern darum, umfassende Kontrolle über jemand anderen auszuüben.« Das gelingt heute – idealiter in Großschlachtereien oder bei Amazon – durch umfassende Überwachung. Und bei Freigesetzten durch amtliche Kontrolle ihres arbeitslosen Alltags. Neun Lehrkräfte verschiedener Universitäten haben die unterschiedlichen Aspekte der Sklaverei in der Vergangenheit untersucht, doch auf Thilo Sarrazin, den bewährten Pionier der neudeutschen Sklavenforschung sowohl wie des Anschlusses der DDR, gibt es im ganzen Sklaverei-Heft der Bundeszentrale keinen einzigen Hinweis. Zufall?
Erschienen in Ossietzky 1/2016 |
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