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Im selben Beitrag triumphiert die zur Parlamentswahl extra nach Caracas gereiste bekennende Antikommunistin Rosa María Payá: »Die Veränderungen, die … in Venezuela begonnen haben, sind auch in anderen Regionen Lateinamerikas, wie zum Beispiel in Kuba, notwendig.« Auch »Bloggerin« Yoani Sánchez, die hoch bezahlte »Repräsentantin« des Verbands der privaten Medienunternehmer (Interamerikanische Pressegesellschaft) auf Kuba twittert frenetisch: »Ich fühle mich euphorisch, bin voller Ungeduld und ganz begeistert.« Wenige Stunden später meldet sich dann in Florida in der Tageszeitung The Tampa Tribune ein Unbekannter namens Gary Rapoport zu Wort. Der 60jährige ist ein Enkel des 1983 in Miami verstorbenen Mafia-Bosses Meyer Lansky und fordert von Kuba die Rückgabe des Hotels »Habana Riviera«. Das Haus in bester Lage am Malecón war in den 1950er Jahren unter dem Schutz des korrupten Diktators Fulgencio Batista für acht Millionen Dollar von der Mafia gebaut worden. »Dieses Hotel ist meinem Großvater gewaltsam weggenommen worden. Kuba schuldet meiner Familie Geld«, reklamiert der Enkel des Mafioso. (Quelle: www.tbo.com) Meyer Lansky war damals in Kuba und den USA auch als »Bankier des organisierten Verbrechens« und als »Boss aller Bosse« bezeichnet worden. Doch jetzt wächst zusammen, was zusammengehört. (Übersetzung vorstehender Zitate: V. H.) Dies alles geschieht gut eine Woche vor dem ersten Jahrestag der zeitgleich ausgestrahlten Fernsehansprachen, in denen die Präsidenten Barack Obama und Raúl Castro eine »Annäherung« zwischen den USA und Kuba ankündigten. Das klang zunächst gut. Doch der Träger des Friedensnobelpreises, der mit den von ihm befehligten Drohnen mehr unschuldige Menschen ums Leben gebracht hat als jeder seiner Vorgänger, sagte an jenem 17. Dezember 2014 auch: »Heute erneuern wir unsere Führungsrolle auf dem gesamtamerikanischen Kontinent.« (www.zeit.de) Was damit in Bezug auf die sozialistische Karibikinsel gemeint war, führte das Presseamt des Weißen Hauses in einer am selben Tag veröffentlichten Erklärung so aus: »Heute kündigte der Präsident mehrere Maßnahmen an, die darauf abzielen, … in Kuba effektiver einen Wandel zu fördern, der … mit den amerikanischen Sicherheitsinteressen im Einklang steht.« (blogs.usembassy.gov/amerikadienst/2014/12/17/kuba/) Als »gescheitert« hatte Obama die bisherige Politik seines Landes gegenüber dem südlichen Nachbarn nur deshalb bezeichnet, weil sie das Ziel der Isolierung Kubas und der Zerstörung seines sozialistischen Gesellschaftssystems in den letzten 56 Jahren nicht erreicht hatte. Die von ihm anvisierte – und von westlichen Kommentatoren mit vielen Vorschusslorbeeren versehene – neue Kuba-Politik der USA besteht nach eigenen Aussagen lediglich in einer Änderung der Methoden zur Erreichung der alten Ziele. Und es geht – wie Obama selbst zu verstehen gab – um viel mehr, nämlich um die Rückeroberung der US-Führungsrolle »auf dem gesamtamerikanischen Kontinent«. Für dieses Ziel rüstet Washington seit Jahren systematisch in der Region auf. Lateinamerika und die Karibik sind heute zum Beispiel mit 70 US-Militärbasen, der größten Zahl in der Geschichte des Kontinents, gespickt. Obamas Vorgänger, George W. Bush, stellte schon 2008 die 60 Jahre zuvor aufgelöste 4. Flotte der US-Navy wieder in Dienst. Einsatzgebiet dieses Flottenverbandes sind die Karibik sowie die Mittel- und Südamerika umgebenden Teile des Atlantiks und Pazifiks. Anfang Mai 2015 stationierte dann das Südkommando der US-Streitkräfte (U.S. Southern Command), dem die 4. Flotte untersteht, 280 Marines in Honduras, Guatemala, El Salvador und Belize. Über ihren Auftrag hieß es, die Sondereinheiten würden sich in der Region auf maritime Operationen und Einsätze auf Flüssen und Binnengewässern vorbereiten. Das Marine Corps war bisher die Speerspitze bei allen Invasionen, inszenierten Putschen und von den USA angezettelten Kriegen. Nur wenige Beispiele, die aber reichen, dem Frieden in Lateinamerika eine schlechte Prognose auszustellen. Die Beseitigung des kubanischen Modells ist nicht nur das Hauptanliegen der Mafia-Nachkommenschaft und der einheimischer Systemgegner, sondern auch erklärtes Endziel ihrer Finanziers in Washington. Ein Jahr nach Beginn des Normalisierungsprozesses scheint die Bilanz auf den ersten Blick zugunsten Kubas auszufallen. Alle fünf Mitglieder der Kundschaftergruppe »Cuban Five« sind frei und wieder zu Hause, Kuba wurde von der Liste der den Terrorismus fördernden Staaten gestrichen, und die von Washington 1961 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern sind wieder aufgenommen. Als Sahnehäubchen obendrauf strich Obama einige Sanktionen und erlaubte mehr US-Bürgern, nach Kuba zu reisen. Auf der anderen Seite ist die von der UNO-Vollversammlung einhellig verurteilte Blockade (gegen deren von der Weltgemeinschaft geforderte Beendigung sich nur die USA und Israel stellen) nicht nur weiterhin in Kraft, sondern wird ständig verschärft. Auch die subversiven Programme für einen Regime Change werden nicht friedens- und vertrauensstiftend ab-, sondern ausgebaut und die Summen zur Finanzierung von Systemgegnern erhöht. Das von den USA seit 1903 besetzte Gebiet in der Bucht von Guantánamo wird weiterhin illegal als Lager für Gefangene, die dort ohne Anklage, Gerichtsverfahren und Urteil inhaftiert sind und gefoltert werden, genutzt. Die von Havanna geforderte Rückgabe des Relikts aus der Kolonialzeit steht für Washington derzeit nicht zur Debatte. Das nährt den Verdacht, die Marinebasis werde noch gebraucht. Die Gegenoffensive der USA und der lateinamerikanischen Rechten feiert in Argentinien und Venezuela ihre ersten großen Erfolge. Und die fortschrittlichen Regierungen Brasiliens, Ecuadors, Nicaraguas und Boliviens stehen als nächste Ziele längst im Fadenkreuz der Reaktion. Die lateinamerikanische – wie die europäische – Linke hat dem Vormarsch außer Appellen offenbar nicht viel entgegenzusetzen. Die Wahlniederlage, erklärte etwa Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hilflos, müsse jetzt dazu dienen, »aufzuwachen … und die Einheit zu verstärken«. Revolutionäre Konzepte und Strategien, wie Fidel Castro sie entwickelte, sehen anders aus. Trotzdem hat Maduro auch Recht, wenn er sagt: »Es ist nicht Zeit, um zu weinen. Es ist Zeit, um zu kämpfen!« (https://amerika21.de)
Erschienen in Ossietzky 25/2015 |
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