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Was die Bundesregierung Ende April (Drucksache 18/4783) auf Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestages dazu gesagt hat, erinnert an den berühmten Satz des Jurastudenten Victor von Hase, der 1855 vor Gericht einen wegen Duellvergehens angeklagten Freund mit der Aussage schützte: »Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.« Die Regierung teilte den Fragestellern mit, sie habe keine Hinweise darauf, daß die Suche deutscher Behörden nach dem geflüchteten früheren SS-Führer Adolf Eichmann sabotiert oder halbherzig betrieben worden sei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) habe dem Auswärtigen Amt erstmals am 11. April 1958 Hinweise auf den Verbleib von Adolf Eichmann übermittelt. Nach Darstellung des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 24. Januar 2015 wurde die deutsche Botschaft in Argentinien vom BfV gebeten, den unter dem Namen »Clement« (tatsächlich: Klement) lebenden Naziverbrecher ausfindig zu machen. Die Suche sei jedoch aus unbekannten Gründen erfolglos geblieben. In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke heißt es, der Bundesnachrichtendienst (BND) habe dem rheinland-pfälzischen Landesamt für Verfassungsschutz am 8. September 1959 mitgeteilt, den Wohnsitz Eichmanns nicht zu kennen. »Karteinotierungen« aus dem Jahr 1952 besagten, daß sich Eichmann zu jener Zeit in Ägypten und später in Argentinien aufgehalten habe. Die Information stammte offensichtlich vom Vorläufer des BND, der Organisation Gehlen, benannt nach dem ehemaligen Wehrmachtsoffizier Reinhard Gehlen, den die USA im Juni 1946 beauftragt hatten, seine während der NS-Zeit ausgeübte Spionagetätigkeit gemeinsam mit seinem Mitarbeiterstab auf amerikanische Rechnung fortzusetzen. Der Historiker Timothy Naftali von der University of Virginia konnte 2006 erstmals die Eichmann-Akten des US-Geheimdienstes CIA einsehen. Aus ihnen ging nach Schilderung der Wochenzeitung Die Zeit vom 14. Juni 2006 hervor, daß die Regierungen der USA und der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren wußten, wo Eichmann untergetaucht war. Die Geheimdienste hätten sich über Eichmann ausgetauscht, »hielten aber bewußt still, um die Regierung Konrad Adenauers nicht zu blamieren«. Dazu muß man wissen, daß beide Seiten Anfang der 1950er Jahre politisch in einer schwierigen Lage waren. Die hinter dem Rücken der deutschen Öffentlichkeit eingefädelte Wiederbewaffnung der Deutschen stieß auf heftigen Widerstand. Eine Ergreifung Eichmanns wäre in dieser Situation kontraproduktiv gewesen. Sie hätte in aller Welt die Erinnerung an die Naziverbrechen wachgerufen und dem Ansehen Deutschlands als neuer Verbündeter geschadet. Nach Überzeugung der amerikanischen Regierung konnte nur einer wie Konrad Adenauer mit seiner christlich orientierten CDU im Rücken die Bundesrepublik an den Westen binden und in ein Bollwerk gegen den Kommunismus verwandeln. Erschwert wurde das Vorhaben durch den Umstand, daß Konrad Adenauer aus unerfindlichen Gründen den ehemaligen Sachverständigen für Judenfragen im Nazi-Innenministerium, Hans Globke, zu seiner rechten Hand im Kanzleramt gemacht hatte. Er war als Mitverfasser des offiziellen Kommentars zu den Nürnberger Rassengesetzen in den Augen vieler Holocaust-Überlebender in die Verbrechen des Naziregimes verwickelt. In einer ersten Auswertung der im amerikanischen Nationalarchiv lagernden Akten schreibt Timothy Naftali der Zeit zufolge, der BND habe für den Fall einer Festnahme von Eichmann von dessen Aussagen Konsequenzen für Globke befürchtet. Globke sei eine Zeitbombe für die NATO gewesen. Zum Leidwesen der Beteiligten an dem Komplott zum Schutz Adolf Eichmanns gab es in Deutschland einen Generalstaatsanwalt, der im Wissen um die alte Nazi-Kumpanei auf eigene Faust handelte und der israelischen Regierung den entscheidenden Hinweis auf den Aufenthaltsort Eichmanns gab: Fritz Bauer. So kam es 1960 zur Festnahme des ehemaligen SS-Führers und zum Prozeß gegen ihn vor einem Gericht in Jerusalem. Das haben dem Juristen die alt-neuen Kommunistenfresser in den Führungsetagen der Bundesrepublik niemals verziehen. Akten über Eichmann werden immer noch geheimgehalten oder nur geschwärzt zur Einsicht freigegeben. Vergeblich klagte der Historiker Holger Meding als Mitglied der Kommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Freigabe der Akten. Das Bundeskanzleramt lehnte nach Angaben der Deutschen Welle vom 3. September 2013 die Herausgabe von Eichmann-Akten mit der Begründung ab, dies würde »dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten«. Der BND unterstand von seiner Gründung im Jahr 1956 an dem Bundeskanzlersamt und damit den Weisungen des Staatssekretärs Globke. Er und der Chef der Organisation Gehlen beziehungsweise des BND verstanden sich auf Anhieb. Ihre erste offizielle Begegnung im Frühjahr 1950 beschreibt Reinhard Gehlen in seinen Memoiren so: »Ich fand sofort einen guten Kontakt und gewann den Eindruck, daß er die Bedeutung meiner Organisation richtig einschätzte.« Über die nachfolgende Zeit schreibt Gehlen: »Meine Zusammenarbeit mit ihm bis zum Jahr 1963 war so erfreulich und für mich anregend, daß ich sie nicht missen möchte.« (Reinhard Gehlen, Der Dienst, Mainz/Wiesbaden 1971)
Erschienen in Ossietzky 13/2015 |
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