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An unzähligen außerparlamentarischen Aktivitäten war er mit Rat, nicht selten auch mit Tat beteiligt – von »Kampf dem Atomtod« Ende der 1950er Jahre bis hin zu der Initiative, das wiedererstehende Hohenzollernschloß in der Mitte Berlins als Haus der Aufklärung über die Nazi-Vergangenheit zu nutzen; er gab seine Unterschrift dafür wenige Tage vor seinem Tod. Mir lag immer daran, ihn an meiner Seite zu wissen. Warum? Weil er die gemeinsame Sache im Blick hatte und immer umsichtig zu Werke ging. Weil ihm Geltungsdrang, Wichtigtuerei, elitäres Gehabe, Pathos jeder Art fremd waren. Weil er keinen Gefallen an Kleinkriegen fand. Und weil er frei von Illusionen war. Niemals versprach er sich von unseren Aktivitäten unmittelbare Wirkungen; er konnte also auch nicht enttäuscht werden. Er wollte Denkanstöße geben und dazu ermutigen, über den Kapitalismus hinauszudenken. Gründliches Studium des deutschen Faschismus hatte ihn gelehrt, daß die Herrschaften, wenn reiche Beute lockt, zu jedem noch so grauenhaften Verbrechen fähig sind (fähig, es begehen zu lassen). Er wußte: Es gäbe keine Kriege, wenn da nicht mächtige Interessen wären, an Rüstung zu verdienen, Rohstoff- und Absatzmärkte zu erobern. Und er wußte auch, was Propaganda in den Köpfen anrichten, wie sie Mitläufer und Mittäter zurichten kann. Gerade dieser nüchterne Realismus machte ihn zu einem guten Ratgeber. 1989 feierten wir den 200. Jahrestag der Französischen Revolution und gründeten eine Bürgerinitiative für Sozialismus – während andere mit dem Abbau des sogenannten realexistierenden Sozialismus beschäftigt waren. Die BI veranstaltete in den folgenden Jahren viele Tagungen, aus denen dann fast ebenso viele Bücher entstanden. Von alledem ist, wenn ich es richtig überschaue, nichts Wesentliches veraltet – im Gegensatz zu den großen Illusionen von 1989/90. 1997 war Arno Klönne gemeinsam mit Rolf Gössner, Reinhard Kühnl, Otto Köhler und mir an der Gründung der Zweiwochenschrift Ossietzky beteiligt. Bei allen Schwierigkeiten der Anfangszeit bestärkte er mich. Und er wurde zum fleißigsten, verläßlichsten Autor des Blattes. Mit ihm zusammenzuarbeiten, war eine Freude. Unvergeßlich. Eckart Spoo * Ein Weggefährte von Arno Klönne, Elmar Altvater, nannte ihn einen »linken Marathonläufer, der niemals aufgegeben hat und entschlossen auf Linie blieb«. Bezogen auf den Ostermarsch und dessen Geschichte stimmt das sogar beinah wörtlich. Ich habe Arno Klönne 1961 beim Ostermarsch-West kennengelernt, und das letzte Mal getroffen habe ich ihn beim Ostermarsch 2015 in Bielefeld, wo er, schon vom Tode gezeichnet, seine letzte öffentliche Ansprache gehalten hat. Ein zentraler Teil seiner diesjährigen Rede betraf den Konflikt in der Ukraine. Bei aller Kritik an Putins Rußland sah er die Verantwortung für die Kriegsgefahr doch überwiegend bei den Staaten der NATO: »Für das gegenwärtige politische System in Rußland habe ich keine Sympathie. Und Putin ist kein Verfechter von Gewaltfreiheit. Aber was ist mit der Politik des Westens? (…) Seit Jahren schon ist die westliche Rußlandpolitik in ihren Zielen aggressiv, sie will geopolitisch ihr Machtterrain im osteuropäischen und eurasischen Raum ausdehnen, die NATO vorrücken lassen, russische Staatlichkeit zur Erosion bringen. Das Kommando dieses Feldzuges liegt bei den politischen Eliten der USA. Gefolgschaft leisten – einige nicht ohne Murren und Vorbehalte – Staaten der Europäischen Union.« Manches in dieser Rede klang wie ein Vermächtnis. So hoffte er, die Einigung mit dem Iran in der Atomfrage »kann ein Schritt der Entspannung sein«. Aber mahnend fügte er hinzu: »Die schon bestehenden Atomwaffensysteme anderer Staaten bleiben und werden modernisiert. Das heißt für uns: Ein Verbot aller atomaren Rüstung ist unser Ziel – genau das, wofür sich seit Beginn die Ostermärsche der Atomwaffengegner eingesetzt haben – vergeßt das nicht!« Die Geschichte dieser Friedensbewegung war weithin auch Teil der Lebensgeschichte von Arno Klönne. In seinem Ostermarsch-Engagement blieb er in all den Jahren nicht nur entschlossen und »auf Linie« – er gab der Ostermarsch-Entwicklung sogar ganz maßgeblich »die Linie« vor. Verbunden damit war die Anwendung von neuen Aktionsformen, die auch den Gag nicht verschmähten und auf die Eroberung von Aufmerksamkeit gerichtet waren (Aktion »Volkssarg«, »BALD-Zeitung«, »Seid nett zu Springer, enteignet ihn jetzt« und ähnliche). Die nachhaltigste Innovation war allerdings, daß sich mit den Ostermärschen eine basisdemokratische Form des selbstorganisierten Widerstands etabliert hat, die später in Bürgerinitiativen überging und im System des Parteienstaats so nicht vorgesehen war. In diesem Prozeß wurde die Ostermarsch-Bewegung nicht nur eigentlicher Beginn und frühe Organisationsform der Außerparlamentarischen Opposition im Sinne von »APO«, sondern neben dem SDS auch deren wichtigstes politisch-organisatorisches Zentrum. Karl A. Otto * Die erste große unabhängige neue soziale Bewegung in Westdeutschland war der Ostermarsch gegen Atomwaffen in Ost und West, der sich in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in »Kampagne für Demokratie und Abrüstung« umbenannte. Das heterogene Bündnis, in dem Arno Klönne im Arbeitsausschuß maßgeblich mitgewirkt hatte, löste sich aus vielfältigen Gründen 1969/70 auf. Arno Klönne machte damals zusammen mit Christel Beilmann, Redakteurin unserer Ostermarsch-Zeitschrift Außerparlamentarische Opposition, Klaus Vack und mir den Vorschlag, ein eigenes Büro und eine eigene Publikation aufzubauen. Angesprochen war damit die undogmatische Kerngruppe der Kampagne, die keine eigene organisatorische Basis hatte. Ein Teil des Arbeitsausschusses gründete daraufhin Ende 1969 das Sozialistische Büro (SB), das eine undogmatische und auf deutsche Verhältnisse bezogene sozialistische Politik vertreten sollte. Weder Moskau noch Peking oder sonstwer sollten das Leitbild sein! Unsere Publikation sollte links, Sozialistische Zeitung heißen. In ihrer ersten Ausgabe im April 1969 schrieb Arno Klönne: »Ein Instrument der besseren Kommunikation will links sein – ohne Monopolansprüche. links wird nicht jenen linken Journalismus pflegen, der dem Konsum revolutionär anmutender Euphorien dient. links will aber auch keine Konkurrenz zu wissenschaftlichen Publikationsorganen der Linken darstellen. Unsere Zeitung sieht ihre Funktion dort, wo über Theorie der Praxis und Praxis der Theorie informiert und diskutiert wird, illusionslos, undogmatisch, verständlich für jeden, der linke Politik machen will.« Die Monatszeitung links war über Jahre eine wichtige Quelle der Orientierung auch für die Jusos (Jungsozialisten) und für die Linke innerhalb der SPD. In besonderen Situationen erreichte sie eine Auflage über 20.000. Das SB, wie es später nur noch genannt wurde, hatte sich ebenfalls die Aufgabe gesetzt, zu vermitteln und den so notwendigen linken Diskurs mit zu organisieren. Arno Klönne: »Die Linke in der Bundesrepublik, scheint uns, schwankt zur Zeit außer zwischen unfaßbar vielen politisch-ideologischen zwischen zwei politisch-organisatorischen Einstellungen. Die einen machen Spontaneität zum Mythos. Die anderen flüchten aus der Enttäuschung über die Schwierigkeiten der ›Selbstorganisation‹ in die nur scheinbar rettenden Arme traditioneller Organisationsvorstellungen – etwa der DKP. Wir meinen: Der Rückzug in überkommene Organisationsmuster und deren politische Fesseln hilft nicht weiter.« Das SB mit seiner vielfältigen und höchst erfolgreichen Arbeit in den 70er Jahren hat Arno Klönne mit seinem liebenswürdig-verschmitzten Lächeln, wenn er herbe Kritik vorbrachte, viel zu verdanken. Andreas Buro * Arno Klönne war mehr als ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler. Mir war er Wegbereiter, ein Mensch, der die Hoffnung auf eine andere bessere Welt nie aufgegeben und nie sein Fähnchen nach dem gerade wehenden Wind gehängt hat. Bis zuletzt ist er gegen den Strom geschwommen, und er hat gezeigt, daß das zwar schwer, aber nicht unmöglich ist. Er hat nicht nur über widerständiges Leben geforscht und geschrieben, sondern es auch selbst gelebt. Ich kenne ihn schon sehr lange. Vielleicht seit den Ostermärschen, aber da war er an der Spitze und ich unauffällig irgendwo. Zunächst habe ich – ich war noch Studentin – bei der Vorbereitung auf meine ÖTV-Seminare zur Geschichte der Arbeiterbewegung aus seinen Büchern gelernt. Dann durfte ich ihn kennenlernen, in Paderborn, dieser merkwürdigen Stadt zwischen Nixdorf, Dom und Universität. Und ich war stolz, als er mich mit meiner Kommune-Forschung zu einem seiner Wochenendseminare einlud, irgendwo, in einer Wandervogel-Hütte auf dem platten Land. Da waren lauter Gleichgesinnte, und es tat gut, mit Arno und ihnen bis tief in die Nacht zu diskutieren. Für mich wird es schwer sein, mich damit abzufinden, daß ich nicht mehr hören und lesen kann, was Arno zu den jeweiligen Problemen sagt, daß wir nicht mehr in den selben Büchern, Zeitschriften und Zeitungen – auch nicht in Ossietzky – schreiben werden. Und vor allem, daß wir uns nicht mehr sehen und sprechen werden. Wenn ich mir in den letzten Jahren nicht schon oft hätte klar machen müssen, daß der Tod Teil des Lebens ist, könnte ich es nicht begreifen. Gisela Notz * Im Herbst 1971 folgte ich Arno Klönne von Göttingen nach Bielefeld, um dort die Leitung der Volkshochschule zu übernehmen. Von Anfang an war Arno nicht nur ein entschiedener Förderer der an gesellschaftspolitischen Konflikten orientierten Bildungsarbeit. Er war auch einer der wichtigsten Dozenten. So beschlossen wir, unter anderem eine offene Seminarreihe anzubieten, die einmal im Monat über Jahre hinaus als »Dämmerstunde über Vergessenes, Verdrängtes oder gar Unterdrücktes aus dem Raum Bielefeld« angekündigt wurde und die Themen der »anderen Arbeiterbewegung« (K. H. Roth) in den Mittelpunkt stellte. Wir machten dabei nur einen Fehler: Wir luden dazu als Moderatorin eine uns bekannte PH-Professorin ein, die unermüdlich redete und uns anschließend auch noch zu einer Auswertung der Ergebnisse im kleinen Kreis aufforderte. Das aber strapazierte die Nerven des ansonsten extrem Geduldigen und Höflichen, jetzt aber zum Zuhören Verurteilten, wenn er einem weiteren Wortschwall entgehen wollte. Arno verlor nach der dritten Sitzung und der Auswertung von über drei Stunden in meinem Büro die Nerven und polterte los: »Genug, jetzt reicht es, Frau H. G.« Nicht zur Entschuldigung fähig, verließ er ohne Abschied den Raum. Der geduldigste aller Geduldigen, in tausend Sitzungen sich durch Zurückhaltung auszeichnende und auf Konsens orientierte Arno K., wer hat ihn je so erlebt? Jörg Wollenberg * Statt eine meiner Begegnungen mit Arno will ich eine Begebenheit schildern, die sich zwei Tage vor seinem Tod zugetragen hat – was mir da aber noch nicht klar war –, und daran eine Überlegung zu der zentralen Bedeutung knüpfen, die er keineswegs nur für mich hatte. Anfang Juni fand ich beim längst überfälligen Aufräumen meines Büros die Kopie eines von Arno verfaßten, 17 Jahre alten Sammelband-Beitrages, den ich im Unterschied zu den zahlreichen übrigen Papieren, die ich entsorgte, bewußt aufhob. Denn er hatte mich seinerzeit geradezu elektrisiert und motiviert, meine Konzentration auf das Forschungsfeld »Rechtsextremismus« zu beenden und mich stärker der Armuts- beziehungsweise Ungleichheitsforschung zuzuwenden. »Die Rückkehr der sozialen Frage. Die Konfliktorientierung wird in der sozialen und politischen Bildung wieder aktuell« hieß Arnos Text mit einer äußerst hellsichtigen Prognose. »Die Ausbreitung von Strukturen krasser sozialer Ungleichheit in – gesamtwirtschaftlich betrachtet – nach wie vor reichen Gesellschaften zeichnet sich als Perspektive ab, auf eine Formel gebracht: Die ›Dritte Welt‹ dringt in Sektoren der ›Ersten Welt‹ ein. Dies alles findet auch seinen ideologischen und ›alltagsphilosophischen‹ Niederschlag – Sozialdarwinismus in mancherlei Ausformung erlebt eine Wiederkehr.« Thilo Sarrazin, Pegida und AfD lassen grüßen. Sie genauso energisch zu bekämpfen wie die Risse im sozialen Fundament ist Arnos politisches Vermächtnis. Christoph Butterwegge * Am 9. August 2014 haben wir uns zum letzten Mal getroffen: Arno Klönne, Dmitrij Werschbizkij und ich. Es ging zunächst um die Behandlung gesellschaftlicher Fragen; darum, daß Theoretiker manchmal dazu neigen, alles und jedes auf ökonomische Ursachen zurückzuführen. Wir pflegten auch Erinnerungen. Unser erstes Treffen, im Sommer 1956 in oder bei Frankfurt, lag weit zurück. Frankfurt war ein linkes Nest: kritische Leute aus der Arbeiterbewegung, fortschrittliche Presse, Redaktion der Zeitschrift Funken, Institut für Sozialforschung, linksgewirkte Studentenheime, lokaler SDS (bundesweit war das damals ein konservativer Verein) – das waren Elemente dieses progressiven Milieus. Arno Klönne brachte eine Kombination von politischem Sozialismus und jugendbewegtem Antifaschismus mit, gestützt auf Wolfgang Abendroth und im Gedenken an die Geschwister Scholl. Ich konnte daran erfreulicherweise partizipieren. So kam es, daß ab Ende 1956 in unserer Bad Homburger WG publizistische Aktivitäten initiiert wurden, die dann von Flugblättern gegen eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr bis zur Broschüre zur Geschichte der »Jungenschaft« (auch: dj.1.11) reichten, eines »fortschrittlichen« Jugendvereins, der uns selber mit geprägt hatte. Hervorzuheben ist die Zeitschrift Pläne, die wir ab Anfang 1957 herausbrachten und die Arno zunächst als jugendpolitische Mitarbeiter-Zeitschrift begriff. Ebenso das Schrift- und Bildwerk »Signale – kalender der jungen« (Band 1, 1958), das einen Vorspruch von Arno mit einem noch heute aktuellen Satz enthält: »Wollen wir aber mit allen Ländern der Welt zu Frieden kommen, dann müssen wir gerade mit denen sprechen, die – verfemt im Osten wie im Westen – sich den Blick für Menschen und Verhältnisse ›im anderen Block‹ noch offen halten konnten.« Karl Hermann Tjaden * Es gibt ein Pressefoto mit Arno aus dem Jahre 2006. Die in Ostwestfalen-Lippe erscheinende Neue Westfälische hatte es zu seinem 75. Geburtstag, zusammen mit einer Hintergrundstory, veröffentlicht. Der Bericht begann mit den Worten: »In eine Wolke blauen Tabakrauch gehüllt, die schwarze Labradorhündin Marscha zu Füßen, sitzt Arno Klönne an seinem Schreibtisch.« Die Qualmwolke war im Gegenlicht der alten Schreibtischlampe deutlich zu erkennen, doch die Anwesenheit Marschas (schon hoch betagt, ihre Nachfolgerin hieß bald Lotta) konnte man in dem abgedunkelten Raum nur erahnen. Was tat Arno? Er schrieb. Auf seiner Schreibmaschine, Marke »Olympia«. Weitere baugleiche Exemplare hatte er im Keller verwahrt. Ein Papierstapel lag in Griffweite, daneben das Telefon, das während des Interviews sicher einige Male geläutet haben wird. Neu hinzugekommen war vor kurzem ein Macintosh-Computer; die Tastatur und der wuchtige Monitor füllten den unteren rechten Bildrand aus. – Die digitale Technik als Publikations- und Kommunikationsinstrument machte sich Arno damals erst seit kurzer Zeit zunutze, sein Sohn Florian half ihm anfänglich dabei. Es dauerte nicht allzu lange, da kam die »Olympia« ganz außer Gebrauch, stand zur Not (zum Beispiel bei Stromausfall) jedoch weiterhin zur Verfügung. Arno, dessen Veröffentlichungen bis dahin schon längst eine Bibliothek füllten, wurde bald fleißiger Online-Redakteur und Blogger, regelmäßig schrieb er jetzt Kommentare etwa für das Internetmagazin telepolis, unzählige Glossen, Bemerkungen, auch längere Aufsätze wurden via E-Mail an alle möglichen Zeitungen oder an politische Internetforen geschickt, sein Verteilernetz wuchs schnell an. Auf Mail-Anfragen aller Art antwortete Arno zumeist umgehend, der Briefverkehr auf postalischem Weg blieb aber weiterhin beträchtlich. Der »linke Marathonläufer«, wie Elmar Altvater Arno treffend genannt hat, hatte das Onlinezeitalter in kurzer Zeit für sich erschlossen. Noch im Sterbebett liegend schrieb er weiter Texte – am Laptop mit WLAN-Verbindung. Eine der letzten E-Mails an mich ist datiert vom 14. Mai 2015, ein Hinweis auf einen lesenswerten und auszugsweise auf der Website des Linken Forums Paderborn zu veröffentlichenden Artikel mit dem Titel: »Papst attackiert verkommene Politik: Regierungen leben vom Krieg.« Carsten Schmitt * In Arno Klönnes Kopf befand sich ein riesiges Archiv der Außerparlamentarischen Opposition und der sozialistischen Bewegung der Bundesrepublik. Wer ihn fragte, bekam Antwort. Aber Arno drängte sein Wissen nicht auf. Aufforderungen, eine Autobiographie zu schreiben, wich er aus. Er sagte nicht nein, aber er förderte nichts, was er offenbar nicht wollte. Kurz nach seinem 80. Geburtstag war er überraschend zu einem lebensgeschichtlichen Interview, aus dem ein Buch werden sollte, bereit. Fragen wurden vorbereitet, ein Hightech-Aufnahmegerät angeschafft, und zwar eines, das gesprochene Worte in geschriebenen Text umsetzte. Das Gespräch begann. Als die Aufzeichnung überprüft wurde, fand sich dort nichts. Unsere Stimmen waren zu leise. Der Schaden ließ sich nicht reparieren. Arno blieb völlig gelassen. Man könne das später ja wiederholen. Dazu kam es nie. Irgendwann stimmte er dem Vorschlag zu, sich in eine abgelegene Hütte zurückzuziehen und sein Leben aufzuschreiben. Die gab es nie, sie wäre auch nicht nötig gewesen. In seinem Haus war Platz. In zeitgeschichtlichen Aufsätzen der letzten Jahre – zum Beispiel über die APO vor 1968 – behandelte er Ereignisse, an denen er selber mitgewirkt hatte. Aber seine eigene Person kam dabei allenfalls in Aufzählungen neben anderen Akteuren vor. Als seine Frau im Sterben lag, sagte er, er wisse, daß er sie wiedersehen werde. Über alle seine politischen Abenteuer hin – so nannte er das – sei er bei seinem Katholizismus geblieben. Unter den wenigen, die darüber miteinander sprachen, waren einige, die ihn um die tiefe Ruhe beneideten, die von ihm ausging, welche Quellen auch immer diese gehabt haben mag. Georg Fülberth Am 5. September, 18 Uhr, findet unter dem Titel »›Jetzt seid ihr dran.‹ In Erinnerung an Arno Klönne.« eine Gedenkveranstaltung statt. Weitere Infos zu Veranstaltungsort und Programm sind zu gegebener Zeit unter www.linkesforum-paderborn.de zu finden.
Erschienen in Ossietzky 13/2015 |
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