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AbendprogrammSendungen, intelligent, Günter Krone Geld gegen LebenSeit dem 27. Januar wurde in verschiedenen ehemaligen Konzentrationslagern des faschistischen Deutschland der jeweiligen Befreiung gedacht. Höhepunkt war der 8. Mai, der historisch als der Tag gilt, an dem der faschistische Staat kapitulierte und der deshalb als Tag der Befreiung und Sieg über den Hitlerfaschismus in die Geschichte eingegangen ist. In der früheren Bundesrepublik hat man sich in den ersten Jahrzehnten nach Zerschlagung des Nazismus mit diesem Datum und seiner Bezeichnung schwer getan. Diese Haltung folgte ganz offensichtlich der allgemeinen Schweigsamkeit über die in den Jahren 1933 bis 1945 begangenen Verbrechen einschließlich des von Hitler angezettelten Weltkrieges. Rückwirkend kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, daß vor allem erst durch die Rede Richard von Weizsäckers 1985 der Tag auch in das kollektive Gedächtnis der (Bundes)Deutschen Eingang fand. In der DDR wurde dem Ereignis als Endpunkt der Befreiung vom Faschismus regelmäßig gedacht. Bücher und Filme widmeten sich dem Thema. Mancher Film, der in der DDR mit großer Resonanz gezeigt wurde, verschwand aber nach 1990 im Deutschen Rundfunkarchiv. Erst allmählich wird in jüngster Zeit die eine oder andere Verfilmung »neu entdeckt« und wieder einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Hierzu zählt auch der 1966 von der DEFA gedrehte Kinofilm »Lebende Ware«. Das Drehbuch dazu wurde von Friedrich Karl Kaul und Walter Jupé verfaßt, die auch gemeinsam die Vorlagen für zahlreiche Fernseh-Pitavale schufen. Als dritter Drehbuchautor wirkte der Regisseur Wolfgang Luderer mit. Der Film führt zurück in das von den Nazis besetzte Budapest im Jahr 1944. Der SS-Obersturmbannführer Kurt Becher wird dorthin versetzt und in der Villa des Juden Franz Chorin einquartiert, Vertreter eines Konzerns, den der Jude Manfréd Weiss gegründet hatte. Chorin und zahlreichen anderen ungarischen Juden drohte die unmittelbare Deportation nach Auschwitz. Diese Bedrohungslage machte sich Becher zunutze und erreichte, daß die Mehrheitsanteile der Familie Weiss auf die SS übertragen wurden. Im Gegenzug sollten Chorin und seine Familie von der Deportation verschont werden und ins sichere Ausland reisen können. Es war der Beginn von »Freikauf«-Geschäften der Nazis mit ungarischen Juden. Die für die Juden lebensbedrohliche Situation nutzten die SS-Leute gnadenlos zur Bereicherung aus. Gleichzeitig erhofften sie sich angesichts des nahen Kriegsendes Vorteile bei den Alliierten wegen der damit verbundenen »Verschonung« jüdischer Mitbürger. Der 1909 geborene und 1995 verstorbene Becher wurde hierfür nie zur Verantwortung gezogen. Bald nach Ende des Krieges gelang es ihm durch Gründung verschiedener Firmen, seinen Reichtum stark zu vermehren; er galt zeitweilig als eine der reichsten Personen der Bundesrepublik. Der Film »Lebende Ware« schildert die Entstehung und Abwicklung der von Becher eingefädelten »Freikaufgeschäfte« und macht zugleich am Ende anklagend darauf aufmerksam, daß dieser völlig unbehelligt in Bremen lebte. Diese Tatsache ist ein Beleg für die in jener Zeit in der BRD herrschende allgemeine Unlust, nazistische Täter strafrechtlich zu verfolgen. Ralph Dobrawa »Lebende Ware« – ein Film von Wolfgang Luderer, DDR 1966, DVD, AbsolutMedien, 14,90 € Überzogener RealismusOliver Hirschbiegel, Regisseur des »Untergangs«, einer mitfühlenden Gefühlsschnulze über unsere obersten staatlichen Menschenverachter in ihren letzten Zügen, hat sein Interesse nun an einer Widerstandsfigur ausgelebt. Hinter Biographie und Motive des Hitlerattentäters Georg Elser zu kommen und diesen aus der Ecke des unpolitischen Eigenbrötlers rauszuholen war Hierschbiegels selbstgesetztes Ziel. Das hat er erreicht. Ausführlich wird im Begleitheft beschrieben, wie er sich seiner Hauptfigur näherte, seine Familiengeschichte rekonstruierte und die Schauplätze aufsuchte. Herausgekommen ist ein schönes Porträt eines stolzen, denkenden Menschen, der der Lebensfreude nicht abgeneigt war, der auch nicht eigenbrötlerisch, sondern durchaus kommunikativ war, der Glück bei Mädchen und eine geheime Freundin hatte und dessen Weg als unabhängiger Mensch, der sich gegen den Irrsinn auflehnt, nachvollziehbar und überzeugend dargestellt wird. In diesem Bereich hat der Film seine größte Stärke. Die Charaktere sind mehrschichtig aufgebaut und differenziert dargestellt, meisterhaft wird dies in der Person des Arthur Nebe realisiert, den Burghart Klaußner gibt. Nur durch seine Blicke, sein vorgeblich starres Gesicht, daß er aber doch gekonnt minimal zu beleben versteht, werden seine Gedanken sichtbar. Lange Zeit wird die Standhaftigkeit der Hauptperson gezeigt; gegen Folter und Isolation, gegen ununterbrochene Anwürfe und Erpressungen behält Georg Elser seine Würde und wird damit zum lebenden Beispiel dafür, daß es eine verdammte Ausrede von Duckmäusern ist, daß man nichts hätte gegen den Nazistaat tun können. Ausdrucksstark ist der Gegensatz zwischen Elsers Leben vor der Tat und nach den Qualen in den Gestapo-Folterkellern filmisch-technisch umgesetzt: Auf die mit beweglicher Handkamera gedrehten Abschnitte folgt starre Kameraführung. Rückblenden sind hell, sonnig, bunt, später ist alles grau, dämmrig bis der Film zum Schluß fast ins völlige Schwarz abkippt. Leider hat der Film auch Schwächen. Er ist in einer besonderen Form von Realismus gedreht, der die Folter wie in Echtzeit zeigt und auch bei den Schmerzreaktionen Elsers die ganze Zeit ungeniert draufhält. Einmal erbricht er sich durch das Metallgitter eines Bettgestells, während er von oben gefoltert wird. Sicher trieb hier das Bedürfnis nach Schonungslosigkeit an, aber ich finde das unkünstlerisch. Meines Erachtens verfehlt diese Form ihre Wirkung. Wer beispielsweise den DDR-Film »Hans Beimler, Kamerad« (TV 1969, Regie: Rudi Kurz) kennt, in dem ein ähnlicher Gestapokeller und in ihrer Art verwandte Folterszenen gezeigt werden, der weiß, daß die Wirkung zum Beispiel der nur zu hörenden Foltervorgänge stärker, intensiver sein kann. Auch würdevoller den Opfern gegenüber. Hirschbiegel nutzt hingegen den besonderen Realismus schon in der ersten Szene, die Elser beim Einbau der Bombe zeigt, sein starkes Stöhnen, Ächzen und angstvoll überlautes Atmen prägen das Geschehen. Das hätte nicht sein müssen, sonst aber ist der Film durchaus zu empfehlen. Leider wird er in seinem Verlauf immer düsterer, dumpfer und trauriger. Man geht nicht gestärkt, sondern deprimiert aus dem Kino. Das mag auch an der letzten Einstellung liegen, die Elser als gebrochenen Menschen zeigt, der widerrufen hat. Anja Röhl »Elser – Er hätte die Welt verändert«, Regie: Oliver Hirschbiegel, Deutschland, 2015, Verleih: NFP Film, 114 Minuten Unerkannt durch Freundesland… (UdF) nennen die Veranstalter eine Fotoausstellung über »illegale Reisen durch das Sowjetreich« im Berliner August-Bebel-Institut in der Müllerstraße 163. Die Schau widmet sich jenen, die in der DDR »bleiben wollten und dennoch die Ferne suchten, die die verordnete Deutsch-Sowjetische Freundschaft beim Wort nahmen und sich dafür in die Illegalität begeben mußten«, so die Kuratorin Cornelia Klauß. Besonders in den 70er und 80er Jahren nutzten abenteuerlustige DDR-Bürger ein Schlupfloch in den Visabestimmungen der UdSSR. Mit einem Zwei-Tage-Transitvisum reisten sie oft wochenlang bis an den Baikal, in den Kaukasus oder die exotischen südlichen Sowjetrepubliken an der chinesischen Grenze. Wiewohl am Mittelpfeiler des 40 Quadratmeter großen Ausstellungsraums auf zwei Tafeln über die politischen Motive der jungen Welterkunder informiert wird, ist mir nichts von einer damaligen »Untergrundbewegung« der UdF-Reisenden bekannt. Daß die Illegalen von der Sowjetmacht nicht gern im Land gesehen wurden, liegt auf der Hand; abgesehen vom Gesetzesverstoß entsprachen zu viele Foto-Realitäten nicht dem gemeinhin vermittelten Bild vom »großen Bruder«. Zehn UdFler zeugen mit ihren Momentaufnahmen vom Leben der sowjetischen Bevölkerung, Bauwerken und Landschaften. An einer Wand informieren Biographien über ihre Reisemotivation von damals und den Werdegang bis heute. Auf Monitoren werden Interviews eingespielt. Die durchaus expressiven Fotos dokumentieren vielfach bescheidenste Lebensverhältnisse, besonders der Menschen in den »Randgebieten«, womit fast alles außer die großen Städte gemeint ist. Sie halten die Widersprüchlichkeit im »fortschrittlichsten Land der Welt« fest, zum Beispiel die leuchtende Darstellung des 100jährigen Bestehens des Dnjeprodserschinsker Metallurgischen Kombinats auf einem überdimensionalen Plakat in unmittelbarer Nachbarschaft eines heruntergekommenen Milchgeschäfts. Die Fotos zeigen die von den Verhältnissen gezeichneten, doch ungebrochenen, seelisch reichen und lebendigen Gesichter der Einwohner, denen man ihre Menschlichkeit gern abnimmt. Immer wieder wird es deren Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sein, die den »ungebetenen Gästen« aus der DDR lebendige Eindrücke und ein gutes Überstehen des »Abenteuers Sowjetunion« beschert. Die Menschen in der Sowjetunion mußten sich im System arrangieren; zu mächtig und willkürlich war der Staatsapparat, dem das persönliche Wohlbefinden Einzelner nie allzusehr am Herzen lag. Individuelle Auswüchse, gar gegen den herrschenden Geist gerichtete Tendenzen kamen – im Gegensatz zu einem der Leitsprüche der Ausstellung, der von bewegten 70/80ern spricht, – erst in den 1980ern auf, als das Machtvakuum nach Leonid Breschnews Tod die Probleme des Systems zutage treten ließ. Das dokumentieren einige Fotos, die Einheimische bei der Ausübung der Religionsfreiheit in Sekten oder bei einer Woodstock-Festival-Imitation zeigen. Uwe Meißner Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Mai zu sehen. Buch: Cornelia Klauß/Frank Böttcher: »Unerkannt durch Freundesland«, Lukas Verlag, 500 S., 26,90 €; gleichnamige DVD 45 Minuten, Regie Cornelia Klauß Indiens Teil und GegenteilDie Indologin Hiltrud Rüstau, die früher an der Berliner Humboldt-Universität gelehrt hat, und ihre Mitautorin Imke Jörns verstehen es, uns an Gegenwart und Vergangenheit des einstmals selbständigen Himalaja-Staates Sikkim teilhaben zu lassen, der erst im Jahre 1975 nach einer Volksabstimmung ein Bundesstaat der Indischen Union wurde. 40 Jahre lang ist Sikkim nun also ein Teil Indiens, aber er ist ganz anders als das, was man von Indien weiß oder gehört hat oder vielleicht selbst erfahren konnte. Während unsere Vorstellungen von Indien mit Überbevölkerung, Hast und religiösen Konflikten verbunden sind, lernen wir Sikkim hier als das Gegenteil kennen. Die Autorinnen berichten vom friedlichen Zusammenleben vieler ethnischer Gruppen und von der Gastfreundschaft. Sie lassen uns die Ruhe und Eintracht in diesem außergewöhnlichen Lande genießen, die Menschen und die großartige Natur, die riesigen schneebedeckten Gipfel, die tiefen Täler, die farbenprächtige Flora und Fauna, die 400 Orchideen-Arten und die hohen Rhododendronbüsche. Das besondere Fluidum dieses Landes ist auch dann zu spüren, wenn die rückständige Infrastruktur, die schlechten Straßen, die Regengüsse und Bergrutsche die Autorinnen und Autoren aufhalten und an der Weiterfahrt hindern. Sikkim hat keinen Flugplatz. Eisenbahnstrecken sind seit längerer Zeit in der Planung. Die Kosten sind horrend, die Begeisterung für dieses Vorhaben ist gering. Rüstau/Jörns, mit Mietwagen oder Sammeltaxis unterwegs, zeigen uns die Einwohner im täglichen Leben und bei der Arbeit. Sie besuchen Familien in ihren Wohnungen, führen Gespräche mit ihnen und verstehen es, uns einzubeziehen. Wir lernen Bauernhöfe und Schulen kennen, typische buddhistische Tempel, sogenannte Gompas, und Klöster, führende Kleriker und Novizen. Viele Illustrationen, Worterklärungen, ein Index und eine Einführung in den dort vorherrschenden Buddhismus erhöhen den Wert des Buches. Manfred Uesseler Hiltrud Rüstau und Imke Jörns: »Wo Windpferde die Götter grüßen. Sikkim – Das verborgene Juwel«, Trafo-Wissenschaftsverlag, 352 Seiten, 29,80 € Zuschrift an die LokalpresseSeit Tagen berichten alle nur möglichen Medien über neue »Warmsanierungen« von Heimen, die von Flüchtlingen bewohnt werden oder für sie vorgesehen sind. Und dabei ist immer gleich von Ausländerfeindlichkeit die Rede, auch dann, wenn noch gar nichts nachgewiesen ist. Das reicht mir langsam. Aber bevor ich weiterschreibe, will ich erst mal sagen, daß ich persönlich überhaupt nichts gegen Ausländer habe, im Gegenteil. Es sei denn, sie nehmen uns die Arbeitsplätze und die Frauen weg, leben auf unsere Kosten, hauen auf dem Fußballfeld Tore in uns rein, sprechen ein abgehacktes Deutsch oder sind ungepflegt. Ja, ich weiß schon, daß wir ohne die Franzosen noch heute Fleischbrühe schlürfen würden statt Bouillon. Ohne die Afrikaner oder die Brasilianer hätten wir keinen Kaffee und keine Schokolade. Und auf Shakespeares lustige Stücke möchte ich ebensowenig verzichten wie auf den preiswerten vietnamesischen Blumenladen im U-Bahnhof oder den pakistanischen Zeitungsausträger, der mir noch vor meinem Aufstehen die Zeitung in den Briefschlitz schiebt. Am 17. April hat die Märkische Allgemeine Zeitung das Problem endlich mal von einer anderen Seite beleuchtet. In der Sonderveröffentlichung zum Thema »Bauen und Wohnen« stellt die Zeitung fest, daß »die Anschaffung einer modernen Feuerstätte ein zentraler Wohntrend« ist. Schon jetzt flackert in jedem vierten deutschen Haushalt ein fröhliches Kaminfeuer. Das hat eine aktuelle Marktstudie der Rheinbau Brennstoff GmbH ermittelt. Besonders stark soll das Interesse der 35- bis 45jährigen daran sein; die würden »neben der angenehmen Wärme vor allem die besondere Atmosphäre« suchen. Ich finde es gut, daß eine Tageszeitung sich auch mal dazu äußert. Man soll eben nicht alles gleich so schwarz sehen! – Heinrich Stubenrauch (78), Rentner, 14772 Brandenburg Wolfgang Helfritsch
Erschienen in Ossietzky 10/2015 |
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