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Naturliebe und ihr unmittelbarer künstlerischer Zugriff auf die Natur verbanden sie. In wechselseitiger Anerkennung tauschten sie Bilder. Zu einem Mittelpunkt der Ausstellung gerät das Dresdener Haus »An der Elbe 33«. In dem erst Friedrich und seit 1823 beide zusammen wohnten, mit ihren Familien. Als außerordentliche Professoren wurden sie oftmals von jungen Künstlern besucht, die dem »verkunsteten Kopierleben« der Dresdener Kunstakademie, wie Dahl spottete, entflohen und bei beiden im privaten Unterricht aus ihrer verschieden betonten Einheit von Naturentdeckung und Sinngehalt Gewinn zogen. Werkbeispiele von Carl Gustav Carus, Ernst Ferdinand Oehme oder den Norwegern Thomas Fearnley und Knud Baade bezeugen das. Zudem vom frühverstorbenen August Heinrich das kleine herausragende Bild »Vorgebirge des Watzmanns«, 1826, aus Bleistift, Aquarell und Gouache, von welchem die beiden Lehrer so begeistert waren, daß sie ein Gemälde des Watzmanns malten, obwohl sie ihn nicht aus eigener Anschauung kannten. In den Ausstellungsbereichen »Anschauung und Aneignung der Natur«, »Landschaft und Geschichte« oder »Steine, Felsen, Berge« lassen sich im unmittelbaren Vergleich Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den Protagonisten erkennen. Dahl zeichnet kräftiger und weniger differenziert, dagegen Friedrich deutlicher und sensibler. Von Dahl beeindruckt, malte Friedrich wie dieser Ölskizzen von Wolken. Abendbilder mit hohem hellblauen Himmel, Wölkchen wie Hieroglyphen, spielerisch heiter, ganz im Gegensatz zur romantischen Auffassung des Abends als grenzenlose Vernichtung. Dahls Gemälde bereiten Vergnügen, der »Blick vom Lyshornet«, der »Blick auf Dresden bei Vollmondschein« oder »Larvik bei Mondschein«, der Regenbogen über dem »Plauenschen Grund« oder das »Segelboot bei Rügen«. Doch Friedrichs Gemälde setzen fulminante Akzente, der »Abend« aus London, »Frau in der Morgensonne« und »Gebirgslandschaft mit Regenbogen« aus Essen, »Frau am Fenster« aus Berlin, »Ruine im Riesengebirge« aus Greifswald und »Zwei Männer in Betrachtung des Mondes«, worauf die beiden Freunde Dahl und Friedrich zu sehen sind; das begründet Gerd Spitzer im Katalog (Sandstein Verlag, 256 Seiten, Museumsausgabe 24,90 €, Buchhandelsausgabe 39,80 €). Friedrich als der transzendentere und Dahl der naturverbundene Romantiker. Das zeigen Dahls Gemälde, wenn zwei Männer über einer Felsenschlucht mit Wasserfall das Naturereignis betrachten oder wieder zwei Männer »Die Slindebirke« bestaunen, einen gewaltigen Baum, der sich über ein vorzeitliches Hünengrab erhebt. Dahl schafft die Ansicht eines Denkmals oder von Fluß- und Felslandschaften. Dagegen gewinnt Friedrich über die Ansicht hinaus eine sinnbildliche Bedeutung. Hünengräber waren, wie man meinte, Denkmale aus frühester heroisch-nationaler Vorzeit. Das »Hünengrab im Herbst«, um 1820, sollte beitragen, daß der damalige Patriotismus den Stürmen der Geschichte standhält. C. D. Friedrich, im schwedisch-pommerschen Greifswald geboren, bildete mit Philip Otto Runge, eine hier ausgeblendete Freundschaft, die norddeutsche Frühromantik. Die »Uferpredigten« Ludwig Gotthard Kosegartens vertieften Friedrichs pantheistische Weltanschauung, das Göttliche wie die Urschönheit offenbare sich in der Natur selbst. Kunst sei die Mittlerin zwischen Gott und Menschen. Die Romantik verstärkte in fruchtbarer Weise das Naturgefühl und brachte ein neues bildnerisches, doch auch religiöses Denken hervor, weil ein persönlicher Gott nicht mehr denkbar ist. Und gegen Spinoza meinte Friedrich, die Welt ist nicht gleich Gott, sondern geht aus Gott hervor. Auf dem aus Winterthur entliehenen Bild »Kreidefelsen auf Rügen«, 1818/19, sind am Rand über der Großen Stubbenkammer vermutlich der Maler mit seiner Braut Caroline und sein Bruder Christian zu sehen, welche 1818 die Insel Rügen durchwanderten. Ein grandioser Blick über den stufigen Kreidefelsen in parabolischer Form, eine blendend weiße Umfassung des Meeres, Lebenssymbol. Die Struktur kurzer Wellen steigt von graublauer Oberfläche über kräftiges Blau und weißlich lichterfüllt auf, führt ins Unendliche und weckt Sehnsucht. »Den Tag, wo er Luft malt, darf man nicht mit ihm reden«, sagte andächtig die Gattin. Die sich berührenden Baumwipfel schließen die fast kreisrunde Form und deuten als »Baumhochzeit« auf die Hochzeitsreise. Rotbekleidet, deutet Caroline mit der rechten Hand in die Tiefe, in die der am Boden liegende Friedrich, im tiefen Blau, mit untersuchendem Blick hinabsieht. Dort, in den Zacken der Kreidefelswand, Details der Großen und Kleinen Stubbenkammer wie der Wissower Klinken sind vereint, kletterte er auf gefährlichen Bahnen. Dagegen steht der Bruder meditativ mit angewinkelten Armen angelehnt auf sicherem Wurzelgrund. Die Vita contemplativa neben der Vita activa, nicht entgegengesetzt, sondern die sensualistische Erkenntnis vereint mit der rationalistischen. Wie oft bildet Friedrich hier die einprägsame Bildfigur mit klarer, fast geometrischer Ordnung und symmetrischer Komposition und steigert damit die sinnliche Fülle der realistischen Züge zur Sinnbildlichkeit. Friedrichs Zeichenkunst fällt mit Novalis‘ Gedanken zusammen: »Reine Mathematik ist Religion«, dem Gott als Weltenbaumeister verwandt, worauf im Katalog Werner Busch hinweist. Daraus zu schließen, in Friedrichs Werken wären nur »konstruierte Ideen« zu sehen, erkennt nicht Friedrichs »gewissenhaftes Naturstudium in allem, was er darstellte«, worauf Dahl hingewiesen hat und später der norwegische Kunsthistoriker Andreas Aubert, dem die Wiederentdeckung Friedrichs 1906 zu danken ist. »Dahl und Friedrich. Romantische Landschaften« bis 3. Mai, Albertinum Dresden, 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen
Erschienen in Ossietzky 6/2015 |
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