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Nun ja, die Fabel, eine Liebesgeschichte im geteilten Berlin von einst, mag das bestimmen. Doch so begeistert bin ich nicht, solches schon wieder und immer noch aufzuwärmen. Das hat erst wieder bei größerem Abstand Sinn, als Historie oder gar Mythos, als Fabel mit Geschichtssinn. Da aber der Librettist ein Schriftsteller wie Thomas Brussig ist, stört mich nicht einmal die Musik von Udo Lindenberg. Sie seien nicht extra komponiert, sondern man habe die »Hits« hineinarrangiert. Und es sei seine Liebesgeschichte. Nun ja, es war ziemlich buntes Theater, mir aber zu laut. Für ein Amüsement im Stage Theatre hat es gereicht. Das Stück wird sicher in die Musicalgeschichte eingehen. * Vom Platz ist es nicht sehr weit zum Theater des Westens, wo es auch wieder so einen Hit des puren Unterhaltungstheaters gab: »Gefährten« (international auf Tour unter dem Titel »War Horse«) nach einem 1982 erschienenen Roman und von Klaus Fritz ins Deutsche übersetzten Roman des Briten Michael Morpurgo, dramatisiert von Tom Morris, damaliger Chef des Londoner Nationaltheaters. Es ist ein Pferdestück. Als früherer leidenschaftlicher Reiter hab ich mich stets für Pferde und Pferde-Geschichten interessiert, ich denke da auch an die herrliche, von Leo Hornung ins Deutsche übersetzte Geschichte von Aitmatow »Abschied von Gulsary«. Bei Morpurgo und Morris ist der Antikriegstopos von herausgehobenem Interesse, es handelt sich um die Zerstörungen des Ersten Weltkrieges aus britischer Sicht. 2007 uraufgeführt. Das Humanum am Tier hochgehalten, das deutlich über Menschen erhoben wird, nur Vater Ted und Sohn Albert wachsen darüber hinaus. Die Spieler Heinz Hönig und Philipp Lind seien aus dem vielköpfigen Ensemble der in Berlin gezeigten deutschen Fassung genannt. Eine Aufführung mit guter Brillanz, farbenreich ausgestattet, freilich ohne Feinheit des Dialogs, auch zu laut. * Wagner, Richard. Auf diesen Gigantomanen von Oper und Musiktheater ist schon manche Satire angesetzt worden, treffend oft; überstanden hat er sie unbeschadet alle. Nun ist den Spöttern zweifellos die Puste ausgegangen. Und die Jelinek hat sich in ihrem Haß auf Wagner so übernommen, daß die schäbige Parodie auf den »Ring des Nibelungen« und die Oper überhaupt und die Staatsoper im besonderen nur noch zur Parodie von ihr selbst geworden ist. Ein teurer Spaß zudem ohne Spaß! Auch wie das Ganze und Figuren bis Wotan lächerlich gemacht worden sind, lachen kann man kaum! Schade! Wenn Jelinek schon kein Maß gefunden hat, Regisseur Stemann erst recht nicht: Der riesige Apparat knirschte, gebar Mäuschen, die Staatskapelle tat mir leid! Großes gebar Kleines, am Ende war keines! (Staatsoper im Schiller Theater: »Rein Gold«) Doch, es geht weiter – nun in die Schauspielhäuser! * Da führen mich meine Spazierfüße – trotz des Kopfes Gegnerschaft – mal wieder ins Renaissance-Theater, einen Ort, wo meist ein sehr von sich überzeugtes Publikum halbabendkleidlich sicher der Hauptakteur ist. Dieser Akteur hat sich nun ein halbseidenes Stück von David Ives angesehen: »Venus im Pelz«, das aber so original nicht von diesem ist, sondern auf eine gleichnamige Novelle des Leopold von Sacher-Masoch zurückgeht. Ja, es ist der Begriffgeber für Masochismus, doch auf der Bühne geht es eher um Theater auf dem Theater. Ein Regisseur namens Thomas (Michael von Au) will nun eben dieses Stück im Stück inszenieren, dazu fehlt ihm eine Darstellerin für die Wanda. Die aber tritt plötzlich auf in Gestalt von Annika Mauer, aha – und diese ist in Lack und Leder, gestiefelt. Von Geist und Sinn her indes eher eine Emanze, eine kräftige sogar, und findet unsere Sympathie. Doch die beiden recht guten Schauspieler können weder Venus noch Pelz retten und auch das Fleisch guten Spieles nicht, wenn die Vorlage trocken wie Stockfisch ist. Da muß noch ein Regisseur sein, ja, er heißt Torsten Fischer. Ob der meine vielen Philippiken gegen das arrogante Regisseurstheater gelesen hat! So war das nicht gemeint, daß keine Regie mehr stattzufinden hat. Mir geht es nur um deren geistigen Verfall. Den sah ich hier nicht, dafür eine Art brave Unterhaltung.
Erschienen in Ossietzky 2/2015 |
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