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Fotos und Videos beweisen, daß ein israelischer Polizist Tariq mißhandelt hatte: Die Lippe und eine Gesichtshälfte des Jugendlichen waren stark angeschwollen und rot-blau gefärbt, Blutkrusten überzogen sein Gesicht. Nase und Kinn waren gebrochen, die Augen verletzt. Sein gesamter Körper war von Schlägen getroffen worden. Tariq wurde – nachdem ihm die Verletzungen zugefügt worden waren – verhaftet und eingesperrt. Medizinische Versorgung erhielt er erst Stunden später, nachdem das US-Konsulat interveniert hatte. Erst dann wurde der junge Mann ins Hadassah-Krankenhaus verlegt und behandelt. Tariq Abu Khdeir hatte Glück, das US-Konsulat griff ein, er wurde freigelassen. Seit der Besetzung der Westbank und des Gazastreifens 1967 ist der israelische Staat als Besatzungsmacht nach den Bestimmungen der Genfer Konventionen für das Wohlergehen der palästinensischen Bevölkerung verantwortlich. Auch die Internationale Kinderrechtskonvention müßte in den besetzten Gebieten umgesetzt werden. Die israelische Regierung lehnt es aber ab, den Verpflichtungen nachzukommen. Seit 1967 sind die PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten dem israelischen Militärrecht unterstellt – auch Kinder. Tausende wurden verurteilt und dürfen sechs Monate lang ohne Anklage festgehalten werden – mit der Option auf mehrmalige Verlängerung. In den letzten zehn Jahren hat Israel 7.000 palästinensische Kinder und Jugendliche inhaftiert. Im Oktober 2014 saßen laut der palästinensischen Nichtregierungsorganisation Addameer 182 palästinensische Kinder in israelischen Gefängnissen. 19 davon waren unter 16 Jahre alt. Gemäß der israelische Militärorder 1651 können palästinensische Kinder ab einem Alter von zwölf Jahren bis zu sechs Monate inhaftiert werden und ab einem Alter von 16 Jahren die gleichen Strafen wie Erwachsene verbüßen. Allein für das Werfen von Steinen auf israelische SoldatInnen oder PolizistInnen können Richter Kinder mit bis zu 20 Jahren Gefängnis bestrafen. Israelische Behörden und Sicherheitskräfte verweigern inhaftierten palästinensischen Kindern oft elementare Rechte und in 90 Prozent der Fälle lehnen Haftrichter es ab, Minderjährige auf Kaution freizulassen. Ihre Familien dürfen sie häufig nicht besuchen, AnwältInnen sehen sie meist nur zu den Gerichtsterminen. Die Verhöre der Minderjährigen verlaufen in der Regel ohne Beisein eines Rechtsbeistandes oder Erziehungsberechtigten. Ein UNICEF-Bericht aus dem Jahr 2013 kam zu dem Schluß, daß die »Mißhandlung von palästinensischen Kindern in israelischer Militärhaft … weit verbreitet, systematisch und institutionalisiert zu sein« scheint. Die verhafteten Kinder werden nicht ausreichend über ihre Rechte aufgeklärt und mit Einschüchterung und Gewalt dazu gezwungen, Geständnisse zu unterschreiben. Diese »Geständnisse«, die laut einem Bericht des UN-Menschenrechtsrats aus Angst vor Mißhandlungen von 90 Prozent der inhaftierten Kinder unterzeichnet werden, sind auf hebräisch abgefaßt, einer Sprache, die die Mehrzahl dieser Kinder nicht beherrscht. Viele geben nicht begangene Taten zu, um die Haftzeit zu verkürzen. Kinder werden vor allem in der ersten Haftphase verbal attackiert und gedemütigt, die sie Verhörenden drohen ihnen und Familienangehörigen mit Gewalt oder gar mit Mord oder sexuellem Mißbrauch. Sie werden gefesselt, in Isolationshaft genommen, müssen Häftlingskleidung tragen, leiden unter Wasser- und Nahrungsentzug, ihnen wird eine angemessene medizinische Versorgung vorenthalten, teilweise werden sie über Stunden daran gehindert, die Toilette aufzusuchen. Laut Studien zu den Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen wurden Kinder gezwungen, Urin zu trinken. Im letzten Winter, während im Nahen Osten ein Wintersturm wütete, wurden palästinensische Häftlinge monatelang in Eisenkäfige im Freien eingesperrt – darunter auch Minderjährige. Kinder und Jugendliche, die inhaftiert waren, werden nicht nur während ihrer Haftzeit daran gehindert, ihre Schulausbildung fortzuführen, sondern brechen nach ihrer Freilassung überproportional häufig ihre Schulausbildung ab. Von fairen Prozessen kann unter diesen Bedingungen keine Rede sein, das bestätigen auch international anerkannte Organisationen, unter ihnen UNICEF und Defence for Children. Das Recht eines jeden, nicht gefoltert oder mißhandelt zu werden, ist eines der Menschenrechte, die als absolut gelten und weder ausgesetzt noch eingeschränkt werden dürfen. Die israelische Regierung und die israelischen Sicherheitsbehörden verstoßen regelmäßig dagegen. Auch Tariq Abu Khdeir hätte wahrscheinlich dieses menschen- und vor allem kinderunwürdige System durchlaufen, nachdem er vor laufender Kamera zusammengeschlagen worden war. Es war einzig seine amerikanische Staatsbürgerschaft, die ihn davor bewahrte. Andere Kinder haben dieses Glück nicht.
Erschienen in Ossietzky 25/2014 |
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