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So ein Kohlenkessel aus Bronze – gestaltet mit Tierfüßen, kleinen Masken, einem Faunskopf – ist jetzt im Hamburger Bucerius Kunst Forum zu sehen. Die Ausstellung: »Pompeji. Götter, Mythen, Menschen« (bis 11. Januar, Katalog, 200 Seiten, 24,90 €) führt in einen der größten Paläste der zerstörten Stadt, die Casa del Citarista. Das Archäologische Nationalmuseum Neapel stellte 80 Exponate zur Verfügung, die den Wohnluxus einer der angesehensten Familien Pompejis präsentieren. Wir können die einzelnen mit antiken Fresken geschmückten Räume durchstreifen, die Atrien und Säulenhöfe (peristylia). In der Casa del Citarista waren es fast 60 Räume auf 2700 Quadratmetern in zwei Stockwerken. Die Ausstellung versucht, uns ganz real diesen Palast der Oberschicht nahezubringen. Die Fresken, riesige Mythenbilder mit schwebenden Göttern in lieblichen Landschaften, erhalten im Museum. Jene Wandbilder, die in Pompeji vor Ort belassen wurden – ohne Dach – sind heute verwittert. Fotos in Originalgröße und Gipsabdrücke sollen sie ersetzen. In Hamburg kann der Besucher die aufwendig abgenommenen Originalfresken bewundern. Die Themen der Bilder? Politik war verpönt, Gewalt auch, selbst das Arbeitsleben – nicht in den Palästen. Die Casa del Citarista lag an einem exponierten Ort in der Stadt, viele Geschäfte, Gastwirtschaften, Handwerker – alles ganz nah. Aber die beiden Eingänge waren versteckt, abgeschirmt. Die angesehene Familie stellte die Bürgermeister. In der Nähe des Hauses konzentrierten sich Graffiti, Wahlaufrufe, erfuhren wir in der Pressekonferenz. Leider nicht zu sehen in Hamburg. Eine Ausstellung 1993: »Pompeji wiederentdeckt«, gestaltet vom Museum für Kunst und Gewerbe im Börsensaal der Handelskammer, zeigte auch diese Nebensächlichkeiten. Genau das blieb mir im Gedächtnis: unflätige Beschimpfungen, beschmierte Wahlplakate. Wie heute? Tacitus berichtet von wilden Auseinandersetzungen bei Gladiatoren. Antike Hooligans? Die Spiele wurden verboten. Neben den opulenten Wandbildern sind es vor allem die Bronzeskulpturen, die heute begeistern: Wildschwein, Hirsch, ein Löwe, Hunde und als Wasserspeier am Brunnen eine Schlange. Und Porträtbüsten. Eine lebensgroße Bronzestatue des Apollon gab dem Haus wohl den Namen. Sie hält ein Plektron in der Hand, die linke Hand ist leer. Das Instrument, die Kithara, fehlt. Sicher ist diese Interpretation nicht. Auch Schmuckstücke wurden gefunden. Das Kästchen dazu zerfiel beim Ausgraben, das Geschmeide blieb. Schmuck als Prestigeobjekt. »Fette Beute – Reichtum zeigen«, so heißt die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe (noch bis zum 11. Januar) mit Fotos, Dokumentarfilmen, Videos. In 150 Werken wird das bis jetzt wenig beachtete Thema zum Gegenstand – nicht immer – der Kritik. Der Fotograf Juergen Teller aus dem fränkischen Bubenreuth benutzt seine eigene Familie als Modell, um kostbare Juwelen für den Katalog eines Londoner Auktionshauses zu präsentieren. Auch das Baby wird eingesetzt. Es liegt da im Windelhöschen, bedeckt mit Ketten, Armreifen, Glitzersteinen. Ein halbwüchsiger Junge mit nacktem Oberkörper und Edelsteincollier – wen soll er verführen? Dieses Foto, in der Ausstellung auffällig gehängt – es fehlt im Katalog. Warum wohl? (Katalog, 239 Seiten, 29 €) Die Ausstellung ist gegliedert in drei Themenbereiche: das Vorzeigen, die Orte und die Einflüsse der Globalisierung auf den Reichtum. Das Herzeigen geschieht an besonderen Orten, dem Rennplatz (früher), auf Mode- und »Millionärsmessen«, Partys. Die Orte, im Museum auch auf den Boden projiziert: weitläufige Anwesen, oft aus der Vogelperspektive gesehen, mit kurzgeschorenem Rasen, Sportplätzen. Ein Swimmingpool ist immer dabei. Alles protzig und einfallslos. Das andere Extrem: Penthouse-Besitzer. In einem Film unterhalten sie sich über ihr Gefühl, wie auf einer Insel zu leben oder wie in einem Safe. Und dennoch fühlen sie sich bedroht. Fotos der Gegensätze, oft in Schwarz-Weiß aufgenommen, wie die Serien »Rich and Poor« von Jim Goldberg – eine ganz andere Kategorie. Er widmet sich den sozialen Unterschichten in den USA. Menschen in ärmlichen Absteigen, einsam zwischen Blümchentapeten wartend auf einen Menschen und »money«. Auf dem Foto daneben sitzt Ron in einem großzügigen hellen Kaminzimmer – nicht allein. Er läßt sich den Rücken massieren. Er hat alles erreicht. Oder? Er notiert: »Ich bin in diesem aufreibenden Spiel gefangen, bei dem ich nichts haben darf, das durchschnittlich ist.« Im Katalog wird übersetzt: »Ich habe ein super Auto, eine super Frau, ein super Haus.« Doch wer die handschriftlichen Notizen von Ron richtig liest, findet einen Unterschied, da steht: »Ich habe zu haben« ein super Auto und so weiter. Der Reiche unter Zwang, selbstgewählt. Haiti, die Insel der Armen. Was sehen wir in leuchtenden Farben? Swimmingpool, Skulpturen, Blumen, Palmen. Am Wasser steht in blütenweißem Anzug, den Hut in der Hand, der in Boston geborene Lawrence Carleton Peabody II, sein Sohn Thomas im Pool daneben. Sie präsentieren sich und ihre Familienvilla (im Hintergrund). Aufgenommen in den 50er Jahren von Slim Aarons. Ein anderes Foto von ihm, aus dem Jahr 1977: »Seine Durchlaucht Heinrich von und zu Fürstenberg mit seiner neuen Frau, Ihrer Durchlaucht Maximiliana (Windisch-Graetz) von und zu Fürstenberg«. Sie, im sportlichen Dreß, sind gerade aus dem Hubschrauber gestiegen – dabei ihr edler Hirtenhund. Dahinter das Schloß mit Springbrunnen. Die Fahne flattert auf dem Dach. Die Serie »Chinafrica« von 2007 von Paolo Woods zeigt die neuen Herren, nein, diese Herren, die Investoren, zeigen sich. Die schwarzen Untergebenen nur als Schirmhalter. Auch auf den Baustellen machen die chinesischen Vorarbeiter deutlich, wer hier das Sagen hat. Absurd und sehr gestellt erscheinend, die Fotos aus Moskau von 2009. Ein kleiner Junge in Jeans, die MP in der Hand (ein Spielzeug?) inmitten von Barockmöbeln. An der Wand ein Fernsehschirm mit einer Ballettaufführung. Das Sofa, bepackt mit Plüschtieren. Ein anderes Bild von Anna Skladmann: Lisa, fast ein Kind noch, angezogen ganz in schwarz, mit Perlenkette und Hut mit Schleier. Einsam und traurig sitzt sie auf einer Lederbank. Nichts stimmt mehr. Die Eingangsbereiche zum Reichtum: verschlossen. Die Türen, vergittert, mit Kameras und akustischen Türstehern versehen, bleiben zu.
Erschienen in Ossietzky 24/2014 |
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