Daniel Bahr, privatversichert. – Einige Medien fanden es peinlich, daß Sie, als ehemaliger Bundesgesundheitsminister mit einer Vorliebe für private Krankenversicherungen, nun Generalbevollmächtigter beim Krankenversicherungszweig des Allianz-Konzerns werden, dort auch in den Vorstand aufrücken sollen. »Wieder ein FDPler«, wurde der Umstieg von der Politik in eine Chefetage der privaten Wirtschaft bekrittelt, »wie in den Fällen Niebel und Rösler«. Das ist ungerecht, denn diese Drehtür wurde und wird ja nicht nur von Prominenten Ihrer (etwas kränklichen) Partei genutzt, Spitzenkräfte der SPD, CDU/CSU und auch der Grünen sind da vorbildhaft vorangegangen. Beklagt wird auch, Sie hätten sich nicht an eine »Karenzzeit« gehalten, die Pause zwischen staatlicher und privatwirtschaftlicher Führungstätigkeit sei zu kurz. »Abkühlphase« nennt man das seltsamerweise. Karenz bedeutet assekuranzjuristisch: Eine Versicherung besteht schon, der Versicherte hat also Sicherheit, die Leistungen des Versicherers werden aber noch nicht erbracht. Diese Regelung auf Ihren Fall hin gedacht: Wer könnte Ihnen übelnehmen, daß Sie diese Frist möglichst kurz halten wollen. Als Minister haben Sie es doch an Leistung nicht fehlen lassen.

David Cameron, »Verstandeseuropäer«. – Als britischer Premier müssen Sie, um an der Macht zu bleiben, europapolitisch allerlei Gefühle bedienen, recht unterschiedliche. Beim Tory-Parteitag haben Sie gezeigt, wohin Sie das weitverbreitete Unbehagen an der europäischen »Gemeinschaft« lenken wollen: Zuwanderern den Weg versperren, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aushebeln, den »Human Rights Act« annullieren – dann ist es o. k. mit der Zugehörigkeit zur EU. Sie sind zuversichtlich: »Großbritannien wird bekommen was es will.« »Herzenseuropäer« seien Sie nicht, wird über Sie gesagt, aber Ihr Verstand betätige sich europäisch. Das heißt in Ihrem Falle: Sie rechnen mit einer EU, die alle noch existierenden sozialen Sentimentalitäten abschüttelt – Menschenrechte sind geschäftsschädigend. Von »Großbritannien« sprechen Sie; das von Ihnen regierte Land setzen Sie gleich mit den Interessen der Finanzindustrie.

Erschienen in Ossietzky 21/2014