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Den Palastverschwörern schloß sich eine Mehrheit des Großrates des Faschismus an, die ihren »Duce« am 26. Juli 1943 stürzte. Der König setzte eine Militärregierung unter Marschall Pietro Badoglio ein. Die Palastrevolte spiegelte den Realitätssinn der herrschenden Kreise des Landes wider, die über 20 Jahre Träger der faschistischen Diktatur waren, aber sich nicht in die sich abzeichnende Niederlage der faschistischen Achse hineinziehen lassen wollten. Ein fast noch wichtigeres Motiv ihres Handelns war die Furcht vor einem Volksaufstand, der das faschistische Regime stürzen und eine antifaschistische Volksregierung hätte an die Macht bringen können. In die Befürchtungen floß ein, daß im 20jährigen Widerstand sich eine breite antifaschistische Bewegung gebildete hatte. Kommunisten und Sozialisten handelten in Aktionseinheit. Als nach dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten am 8. September 1943 die Wehrmacht Nord- und Mittelitalien besetzte, schlossen sich auf Initiative der Italienischen Kommunistischen Partei (IKP) alle Oppositionsparteien zum Nationalen Befreiungskomitee (CLN) zusammen. Die IKP bildete als erste Partei Partisanen-Einheiten und begann einen nationalen Befreiungskrieg, dem sich dann alle Parteien des CLN anschlossen. Es entstand eine Partisanenarmee, die auf 256.000 Kämpfer anwuchs, von denen die IKP mit ihren Garibaldi-Brigaden 155.000 Mann stellte. Hinzu kamen über 200.000 Mitglieder örtlicher Gruppen der Patriotischen Aktion, überwiegend Kommunisten. Anfang 1944 mußte die Wehrmacht gegen die Partisanen bereits 15 Divisionen einsetzen. Der von einem SS-Kommando aus seiner Haft auf dem Gran Sasso befreite Mussolini bildete im November 1943 ein Marionettenregime mit Sitz in Salò am Gardasee. Auf Vorschlag von IKP-Generalsekretär Palmiro Togliatti traten die Parteien des CLN (mit Ausnahme der Republikaner, die den Eintritt in ein vom König eingesetztes Kabinett ablehnten) am 24. April 1944 in Salerno in die Badoglio-Regierung ein (»Wende von Salerno«). Mit ihrem Bekenntnis zum nationalen Befreiungskrieg nahm das Kabinett den Charakter einer antifaschistischen Einheitsregierung an. Am 25. April 1945 rief das CLN zum bewaffneten Aufstand auf. Die Partisanen befreiten vor dem Eintreffen der US-amerikanischen Truppen über 200 Städte Norditaliens. Die Partisanenarmee eröffnete zwischen Piemont und Venetien auf einer Breite von 400 Kilometern ihre letzte Offensive. Am 27. April kapitulierte das X. deutsche Panzerkorps, am 30. April ergaben sich 33.000 deutsche Soldaten am Monte Grappa, insgesamt im Veneto 140.000. Während in Mailand erbitterte Kämpfe stattfanden, tagte in der Stadt das Nationale Befreiungskomitee für Norditalien (CLNAI), das als Organ der Nationalen Einheitsregierung von der anglo-amerikanischen Militärregierung anerkannt war. Es rief den Ausnahmezustand aus, forderte die Faschisten zur bedingungslosen Kapitulation auf und erließ Justizdekrete, die festlegten, daß gegen führende Faschisten Todesurteile oder in weniger schweren Fällen Zuchthausstrafen zu verhängen waren. Mussolini weigerte sich zu kapitulieren und floh mit mehreren faschistischen Größen mit einer deutschen SS-Einheit in Richtung Schweizer Grenze, wo ihn am 27. April bei Dongo Partisanen gefangennahmen. Am nächsten Tag vollstreckte ein aus Mailand entsandtes Exekutionskommando des CLNAI das gegen ihn verhängte Todesurteil. Insgesamt wurden auf der Grundlage rechtskräftiger Urteile des CLNAI 1732 Faschisten hingerichtet, die der Aufforderung, die Waffen niederzulegen und sich zu ergeben, nicht nachgekommen waren. Nach der Niederlage des Faschismus ging es um die Einleitung einer antifaschistischen, antiimperialistischen, revolutionär-demokratischen Umgestaltung, um die politischen und sozialökonomischen Grundlagen des Faschismus zu beseitigen. In dieser Etappe hätten die Grundlagen für eine spätere sozialistische Entwicklung entstehen können. Für diese Orientierung traten die Basis der IKP, der ISP und der Aktionspartei ein. Dafür hätte auch die linke Basis der Democrazia Cristiana (DC) gewonnen werden können. Palmiro Togliatti wollte das Bündnis mit den großbürgerlichen Kräften auch auf Regierungsebene fortsetzen und antifaschistisch-demokratische Veränderungen ausschließlich auf parlamentarischem Weg verwirklichen. Diese Linie setzte er in der Parteiführung gegen den Widerstand einer starken, auf revolutionären Massenkampf setzenden Strömung durch. Die sozialistische Perspektive wurde nicht benannt, und es unterblieben auch revolutionär-demokratische Massenaktionen zur Untersetzung des eingeschlagenen Weges. Togliatti orientierte sich an der Weisung Stalins, der nach dem faschistischen Überfall auf die UdSSR die Parteien der Komintern mit Blick auf die Schaffung einer Antihitlerkoalition aufgefordert hatte, die »Frage der sozialistischen Revolution nicht aufzuwerfen«. Togliatti machte der DC schwerwiegende Zugeständnisse: Auflösung der Partisanenverbände, Amtsenthebung der örtlichen Befreiungskomitees, Auflösung des »Hohen Kommissariats zur Verfolgung der Regimeverbrecher« und Verkündung einer Amnestie der »nationalen Versöhnung« (mit den Faschisten), Übertragung der Gesetzesvollmachten an die Regierung statt an die Nationalversammlung. Die IKP unterschätzte die bereits im August 1945 einsetzende Reorganisation des Faschismus in Gestalt einer Jedermann-Bewegung (Uomo Qualunque), aus der im Dezember 1946 die Wiedergründung der Mussolini-Partei in Gestalt des MSI hervorging. In dieser Entwicklung keimte bereits der »Historische Kompromiß«, die Klassenzusammenarbeit mit der DC in den 1970er Jahren, die zur Liquidierung der IKP durch Umwandlung in eine sozialdemokratische Partei und zur heutigen tiefen Krise der Linken führte, in der die Kommunisten um ihre Existenz kämpfen. Von Gerhard Feldbauer erschienen zuletzt im Verlag PapyRossa: »Wie Italien unter die Räuber fiel. Und wie die Linke nur schwer mit ihnen fertig wurde« (218 Seiten, 14,90 €) und »Die Resistenza. Italien im II. Weltkrieg« (126 Seiten, 9,90 €).
Erschienen in Ossietzky 18/2014 |
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