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In zwölf der 16 Landeshauptstädte Deutschlands trägt keine Straße, kein Platz und kein Park den Namen Ernst Thälmanns, eines der Blutzeugen des deutschen Widerstandes. Nur in Berlin, Erfurt, Hamburg und Potsdam stößt man noch auf den Namen Thälmann. Von den 15 größten Städten Deutschlands ist nur in vieren der Name zu finden: in Berlin, Dortmund, Hamburg und Leipzig. In den östlichen Städten Dresden, Magdeburg und Schwerin wurde der Name nach der Wende ausgemerzt. Sowohl Hamburg als auch Bremen benannten nach dem Zweiten Weltkrieg jeweils eine Straße nach Ernst Thälmann: Thälmanns Geburtsstadt, Hamburg, ehrte ihren Sohn 1946 durch Umbenennung der Eimsbütteler Straße in Ernst-Thälmann-Straße. Unter dem Eindruck des sogenannten ungarischen Volksaufstandes erhielt die Straße am 16. Januar 1956 den Namen Budapester Straße. Ganz gleich, wie dieser Aufstand historisch heute zu sehen ist, was hatte der zwölf Jahre zuvor erschossene Ernst Thälmann damit zu tun? In Bremen wurde bereits im Dezember 1945 eine von mehreren Moltkestraßen (nicht die, die im zentralen Bremen liegt) in Thälmannstraße umbenannt. Den Beschluß dazu faßte der Präsident des Bremer Senats, Bürgermeister Wilhelm Kaisen (SPD). Keine fünf Jahre später entschied auf Antrag von Bewohnern der Thälmannstraße der Ortsamtsbeirat die Umbenennung. Als Legitimation wurde laut Protokoll vorgebracht, daß der »überwiegende Teil der Anwohner« das wünsche. Untermauert wurde der Wunsch durch den Hinweis darauf, daß Unbekannte das Straßenschild zerschlagen hatten. Eine offensichtlich vorgeschobene Argumentation. Letztlich war die Umbenennung politisch motiviert, wie es auch der damalige KPD-Abgeordnete Johann Stürmann äußerte. Bis auf diesen stimmten alle Abgeordneten für die Umbenennung. Da dem Beschluß von der Bremischen Bürgerschaft und vom Senat entsprochen werden mußte, zog sich der Weg bis zur letzten Instanz länger hin. Die Geschäftsführung des Parlaments hielt es offensichtlich nicht für notwendig, die Umbenennung der Straße im Plenum zu behandeln. Man ließ sie in einem Paket von 42 Straßenbenennungen beziehungsweise -umbenennungen vom Bürgerschaftlichen Ausschuß durchwinken. Bei den Umbenennungen ging es hauptsächlich darum, Bremen von doppelten Straßennamen zu befreien. Die Thälmannstraße war dabei übrigens die einzige Straße, die nach einer Person benannt war. Das war am 11. April 1951. Einen Tag darauf fand eine Bürgerschaftssitzung statt, auf deren Tagesordnung die Umbenennung einer anderen Straße stand. Die Nordstraße sollte den Namen Hans-Böckler-Straße erhalten. Hans Böckler, Sozialdemokrat, war der erste Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes und Anfang 1951 verstorben. Der von der SPD-Fraktion eingebrachte Antrag wurde unter anderem auch von der KPD-Fraktion abgelehnt. Der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD in der Bremischen Bürgerschaft, Richard Boljahn, reagierte darauf unwillig mit den Worten: »Den Herren von der kommunistischen Fraktion möchte ich sagen, daß wir in Bremen ja auch eine Straße nach Ernst Thälmann benannt haben, um auch das Andenken dieses Mannes zu ehren, während wir anderseits wohl annehmen dürfen, daß der überwiegende Teil der bremischen Bevölkerung eine entgegengesetzte Auffassung vertritt als Sie, meine Damen und Herren von der kommunistischen Partei.« Ob Boljahn nicht wußte, daß die Umbenennung der Thälmannstraße schon zwei Instanzen durchlaufen hatte, ist unklar. Auf jeden Fall wurde das Verfahren im Juli 1951 mit dem Beschluß des Senats ratifiziert. Als Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre das Bremer Wohngebiet Vahr entstand, erhielten die Straßen Namen nach Personen der deutschen Arbeiterbewegung und des antifaschistischen Widerstands. 18 der insgesamt 29 Straßen wurden nach Sozialdemokraten, elf nach Personen aus dem bürgerlichen Spektrum, darunter fünf Offiziere des 20. Juli, benannt. Hier war die Möglichkeit gegeben, einer der Straßen den Namen Ernst Thälmann zu geben. Aber weder er noch ein/e andere/r aus der KPD wurden berücksichtigt. Würdigungen durch Straßenbenennungen in diesem neuen Stadtteil erfuhren die sozialdemokratischen Widerstandskämpfer Julius Leber und Adolf Reichwein, nicht aber beispielsweise die Kommunisten Franz Jacob und Anton Saefkow, die mit den Erstgenannten zusammen im Untergrund zur Beendigung des Krieges konspiriert hatten. Der kommunistische Widerstand wurde tabuisiert. Erst 1985 hat ihn Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag der Befreiung von Faschismus ausdrücklich erwähnt und gewürdigt. Im selben Jahr benannte Hamburg den Platz, an dem im Jahre 1969 Weggefährten Ernst Thälmanns eine Gedenkstätte eingerichtet hatten, nach ihm. Im Bremen dagegen wartet bis heute eine Straße oder ein Platz darauf, den Namen des unbeugsamen kommunistischen Reichstagsabgeordneten und Vorsitzenden der KPD wieder zu tragen.
Erschienen in Ossietzky 17/2014 |
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