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Zur Erinnerung: Es ist alter deutscher Brauch, Männer, Frauen und Kinder, die sich als Zivilisten verdächtig gemacht haben, in Gebäude, früher vorzugsweise Kirchen, einzusperren, und dann alles in Brand geraten zu lassen – wer sich seiner Verbrennung entziehen will, wird abgeschossen. Das machten die Wehrmacht und ihre SS routiniert in der Sowjetunion ebenso wie auch, wenn nötig, in Europa, in Oradour oder in Marzabotto. Damals verfügte der Volksaufklärungsminister noch nicht über eine ARD und ein ZDF. Er war darum nicht in der Lage, über solche Vorkommnisse berichten zu lassen. Heute weiß man, wie man mit solchen Ereignissen zweckmäßig umgeht, heute meldet – einen Tag danach – am 3. Mai die ARD-Tagesschau um 20 Uhr, was am Abend zuvor in Odessa geschah: »[...] geriet ein Gebäude der Gewerkschaft in Brand«. Für Kai Gniffke, den Chef des »journalistischen Stahlmantelgeschosses«, wie er gern seine »Tagesschau« nennt, war es ein großes Glück: Er konnte rechtzeitig vor diesem unwichtigen Ereignis ein neues Tagesschau-Studio für 24 Millionen Euro in Betrieb nehmen – von dessen 17 Meter langen Panoramawand läßt es sich großzügiger und weiträumiger desinformieren. Jedenfalls wußte man über nähere Umstände nichts, vielleicht hätten Unbekannte »ein Feuer« gelegt. Es war wie damals, in dem kleinen Ort Dory in der Region Woloshin. Die Frauen und Kinder des Dorfes wurden in die alte Holzkirche getrieben und diese dann angezündet. Mit der Kirche verbrannten 257 Menschen. Ganz so viele waren es am 2. Mai in Odessa nicht. Als »Fußballfans« getarnte Faschisten waren mit Bussen vom Maidan angereist, jagten Teilnehmer eines Anti-Maidan-Camps für regionale Autonomie. Die flohen in das Gewerkschaftshaus, das deshalb mit Molotow-Cocktails angezündet werden mußte, um – versteht sich – die pro-russische Bande zu vernichten. Trotzdem gelang es einigen Terroristen, ihrer Verbrennung zu entkommen. Sie wurden zusammengeschlagen und dann von der Polizei festgenommen. Und so meldete die Tagesschau dann auch am Sonntag nach bestmöglichem Wissen, in Odessa sei am Freitagabend »die Gewalt eskaliert«. Mit Angriffen auf ukrainische Fußballfans hätten das pro-russische Kräfte provoziert. Genaues über die »Unruhen in Odessa« verriet dann tagesschau.de: »Bei einem Besuch in Odessa machte der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk Rußland für die tödlichen Unruhen vom Freitag verantwortlich und bezeichnete sie als Teil eines russischen ›Plans zur Zerstörung der Ukraine‹.« Rußland habe Leute hierher geschickt, um für Chaos zu sorgen, sagte Jazenjuk und rief seine Landsleute dazu auf, sich zu vereinen und zu versöhnen, um »die von Moskau unterstützten Terroristen« an der Spaltung der Ukraine zu hindern. Und dann konnte die ARD mit Hilfe fremder Reporter – von den 24 Millionen fürs neue Studio war für eigene nichts übriggeblieben – so berichten, wie es ihrer Berufung auf westliche Werte entsprach: »In der südukrainischen Hafenstadt Odessa haben pro-russische Kräfte die Zentrale der Polizei attackiert. Die rund 3000 Demonstranten riefen ›Faschisten, Faschisten‹, als sie das Gebäude stürmten, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die mit Knüppeln bewaffnete Menge habe ein Tor durchbrochen und die Freilassung von Gesinnungsgenossen gefordert, hieß es nach Angaben von dpa. Spezialeinheiten hätten die Menschen zunächst zurückdrängen können. Anschließend ließ die Polizei einen Teil der inhaftierten Separatisten frei. In der Hafenmetropole hatten sich bereits am Freitag Anhänger und Gegner der Übergangsregierung in Kiew schwere Straßenschlachten geliefert. Dabei wurde das zentrale Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt, wo insgesamt 46 Menschen starben und 214 verletzt wurden.« So berichtet man objektiv, warum Menschen verbrannt wurden. Und der CDU-Rußlandexperte und stellvertretende CDU-Fraktionschef Andreas Schockenhoff vermochte auf die Frage des Deutschlandfunks nach Odessa endlich einmal zu erklären: »Es ist eine innerukrainische Angelegenheit«. Und festzustellen, daß die »Menschen auf dem Maidan für europäische Werte auf die Straße gegangen sind«. ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf fand in ihrem »Ukrainischen Tagebuch« auf heute.de am Tag der Menschenverbrennung von Odessa unter der Überschrift »Sternstunde der Wutbürger und Kriminellen« heraus, was uns alle vor den Ostukrainern hervorhebt: »Es ist für uns Europäer manchmal schwierig, in dieser unsicheren Lage, die ja auch uns bedrohlich wird, mit dieser Wut, die sich auch auf uns richtet, umzugehen.« Ja, es sind keine Europäer. Und wie brutal diese asiatischen Banden wüten, hatte sie zwei Tage vorher in ihrem ZDF-Tagebuch enthüllt: »Einer der Separatisten kommt auf uns zu und erklärt uns auf Nachfrage, daß sie dafür sorgen wollen, daß die russischen Fernsehkanäle wieder freigeschaltet werden, die von der ukrainischen Regierung abgeschaltet wurden. Ganz so, als handele es sich dabei um eine ganz normale technische Prozedur. Es herrscht Terror in Teilen der Ostukraine, und niemand scheint da, das zu stoppen.« Hier in Europa dagegen ist es wirklich eine ganz normale technische Prozedur, ARD und ZDF hören und sehen zu müssen.
Erschienen in Ossietzky 11/2014 |
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