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Beispielhaft dafür sind Veröffentlichungen wie die des Zeit-Redakteurs Bernd Ulrich, der dem Publikum erklärte, »wofür Deutschland Krieg führen darf und muß«; oder neuerdings das historische »Grundlagenwerk« von Ian Morris: »Krieg – Wozu er gut ist«, ein Renner aus dem Campus Verlag. Freilich bleibt, weil sich die Militärbegeisterung der deutschen Bevölkerung bisher nicht so recht entwickelt hat, noch viel zu tun. Da hat sich nun die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ans Werk gemacht. »Neue Macht – neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch« – so der Titel eines in akademischem Slang gehaltenen Memorandums, das jetzt die in Berliner Regierungskreisen hochangesehene SWP vorgelegt hat, zusammen mit dem »German Marshall Fund« (www.swp-berlin.de). Hervorgegangen ist es aus einjährigen Diskussionen einer Expertengruppe, an der unter anderem Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für Verteidigung, der politischen Parteien, der Bertelsmann-Stiftung, des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sowie Redaktionsmitglieder der Zeit und der F.A.Z. beteiligt waren. Eine breite Bereitwilligkeit, den Vorschlägen zur »Neuvermessung der deutschen Weltpolitik« mediale Sympathie zuzuwenden, dürfte damit gesichert sein (siehe www.german-foreign-policy.com). Der Gedankengang der Vorlage für die Außen- und Militärpolitik der Bundesrepublik ist bei gehobener Sprache durchaus volkstümlich; er läßt sich so zusammenfassen: Die wirtschaftliche Stärke des »Standorts« Deutschland verschaffe die Chance und erzeuge auch die Notwendigkeit, eigene geoökonomische Interessen stärker zur Geltung zu bringen, den weltpolitischen »Wartestand« hinter sich zu lassen und im globalen Machtspiel in der ersten Reihe mitzumischen, selbstverständlich im Verbund der NATO und der EU. Die Situation sei dafür günstig, weil die USA als unbestrittene Führungsmacht derzeit etwas schwächele und auf dem europäischen Kontinent nur die Bundesrepublik für eine regionale Anführerrolle in Betracht komme. Weltweites »Risikomanagement« müsse marktorientiert gedacht werden, solle die eigene Position in der globalen Konkurrenz stärken, gerichtet auf wirtschaftliche »Zugangs-, Nutzungs- und Ausbeutungsrechte«. Unter geopolitischer »Sicherheitsvorsorge« sei zu verstehen, »notfalls bereit zu sein, militärische Gewalt anzudrohen oder anzuwenden«. Gesichert werden müsse auch »die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Rüstungsindustrie«. Die Staatenwelt könne man sortieren nach »Mitstreitern, Herausforderern und Störern«. Der außen- und militärpolitische Blick der Bundesrepublik solle vordringlich »Nordafrika, dem Mittleren Osten und Zentralasien« gelten. Die »neue Verantwortung« der Bundesrepublik in der Weltpolitik, daran läßt das Memorandum keinen Zweifel, erfordere Konzentration der innergesellschaftlichen Ressourcen auf diese Aufgabe, von der Forschung bis zur medialen Meinungspflege – »neue Macht« hat eben ihren Preis. Soweit die Vordenker der Stiftung Wissenschaft und Politik. »To the Front« läßt sich ihr Appell resümieren, empfohlen wird ein gewaltbereites Vorrücken der Bundesrepublik im Terrain weltpolitischer Machtkämpfe. An Alternativkonzepte, an Möglichkeiten der Abrüstung und Friedenssicherung verschwenden diese »wissenschaftlichen« Geostrategen ihre intellektuellen Anstrengungen nicht. Auch nicht an die Folgen, die das von ihnen empfohlene »Risikomanagement« in den Konfliktfällen zu haben pflegt. Menschliches Schicksal kommt in diesem Diskurs nicht vor. Früher hätte man die Denkweise, mit der wir es hier zu tun haben, »imperialistisch« genannt. Aber das wäre altmodisch, eine solche Selbstermunterung »Germans to the Front« geschieht ja nicht im Zeitalter der Boxeraufstände. Staatliche Gewaltbereitschaft im internationalen Kampf wirtschaftlicher Interessen – kein Problem für die postmoderne Politikelite, die globale Machtarchitektur gilt es eben immer wieder »neu zu vermessen«. Auf Frontbewährung verpflichtet zu werden, muß ein Kriegstheoretiker hierzulande und heutzutage nicht mehr fürchten. Zudem sind in Zeiten des Drohnenkrieges die Opfer auf der eigenen Seite gering, was das Geschäft der Militärpropaganda erleichtert.
Erschienen in Ossietzky 23/2013 |
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